Nach der Auseinandersetzung auf der Oktoberfest-Feier zwischen zwei damaligen Linklaters-Partnern gibt es ein erstes Urteil für den angeblichen Schläger: sieben Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung, 150 Arbeitsstunden und eine Geldauflage.
Fünf Verhandlungstage dauerte der Prozess – nun gab es ein erstes Urteil: Rechtsanwalt S., ehemals Partner bei Linklaters in München, ist wegen vorsätzlicher Körperverletzung seines ehemaligen Kanzlei-Kollegen zu sieben Monaten Freiheitsstrafe, 150 Arbeitsstunden in einer sozialen Einrichtung und einer Geldauflage von monatlich 1.000 Euro für die Dauer der Bewährungszeit verurteilt worden. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, die Geldauflage damit insgesamt 36.000 Euro. So urteilte das Amtsgericht (AG) München bereits am Freitag (AG München, Az. 824 Cs 451 Js 140669/15).
Im Jahr 2014 hatte die Kanzlei, wie es in vielen Münchner Kanzleien Tradition ist, das Oktoberfest besucht. Einige Anwälte und Mitarbeiter waren nach der Feier noch weiter gezogen, zur After-Wiesn-Party in den damaligen Szene-Treff Cavos. Mit von der Partie waren auch die Linklaters Partner S. und E. – und unter anderem studentische Mitarbeiterinnen.
Partner E. soll Champagner bestellt haben, eine Studentin aus dem Team von S. soll sich ein Glas erbeten haben, danach begab man sich gemeinsam in den Wirtsgarten. Dort soll es zu Intimitäten zwischen dem Partner und der Studentin gekommen sein – ob einvernehmlich oder nicht, ist bisher nicht geklärt. Später gab es eine tätliche Auseinandersetzung zwischen E. und S., die Grund für die nun erfolgte Verurteilung durch das AG München war.
Noch keine Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Vergewaltigung
S. erstattete Anfang 2015 Strafanzeige gegen E., wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung. Die Staatsanwaltschaft München I hat Anklage erhoben, seitdem schwelt der Fall im Zwischenverfahren: Die Strafkammer hat über die Zulassung der Anklage und damit die Eröffnung des Hauptverfahrens noch immer nicht entschieden. Allerdings würden in München rund 97 Prozent aller Anklagen zur Hauptverhandlung zugelassen, so ein Kenner der bayerischen Justiz.
Der Streit zwischen den damaligen Partnern soll sich nach Medienberichten damals daran entzündet haben, dass sich E. der Studentin nach den Intimitäten im Garten erneut genähert haben soll. Diese soll geweint haben, es heißt, E. habe das Lokal, in dem die Feier stattfand, trotz angeblicher mehrfacher Aufforderung nicht verlassen wollen. Partner S. schlug daraufhin nach Erkenntnissen des AG München drei Mal mit der Faust zu, E. habe Gesichtsverletzungen erlitten. Beide Partner verließen im Anschluss an die Vorkommnisse die Kanzlei.
2/2: Einspruch hat alles verschlimmert
S. hatte zunächst einen Strafbefehl bekommen, der eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 200 Euro vorgesehen hatte. Im Geschäftsjahr 2014/2015 hatte der Profit pro Equity-Partner bei Linklaters laut Juve-Berichten im Schnitt bei 1,42 Millionen Pfund gelegen. S. legte beschränkten Einspruch gegen den Strafbefehl ein, ging also nicht gegen die Wertung als Körperverletzung nach § 223 Strafgesetzbuch (StGB) vor, sondern nur gegen das Strafmaß. Dieses ist nun erheblich höher ausgefallen. Sein früherer Partner E. trat in dem Verfahren als Nebenkläger auf.
Auf S. könnte noch weiteres zukommen: Bleibt es bei einer Verurteilung, wird sich das Anwaltsgericht mit dem Fall zu befassen haben. Dem steht nach § 114 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ein breites Spektrum von Maßnahmen zur Verfügung. Es reicht von einer bloßen Verwarnung über eine Geldbuße (bis zu 25.000 Euro) bis hin zu einem Berufsverbot auf bestimmten Rechtsgebieten zwischen einem und fünf Jahren oder sogar zur Ausschließung aus der Anwaltschaft. Das allein dürfte für S. ein Grund sein, in Berufung zu gehen.
Dass er dies tun wird, steht bereits fest. Die Körperverletzung nach § 223 StGB an sich wird dabei nicht in Frage gestellt, ihre Rechtfertigung aber durchaus. Die entscheidende Frage sei die nach der Erforderlichkeit einer Nothilfehandlung, heißt es von am Verfahren Beteiligten.
Fortsetzung folgt
S. hatte für seine Verteidigung den Münchner Anwalt Klaus Schickler von der Kanzlei Hieronimi & Schickler mandatiert, sein ehemaliger Partner E. vertraut auf die Anwälte Dr. Alexander Betz, Stephan Lucas und Dr. Alexander Stevens von der auf Sexualstrafrecht spezialisierten Münchner Kanzlei Lucas Stevens.
Neben den strafrechtlichen Verfahren geht der ehemalige Partner E. auch gegen die Berichterstattung in der Bild am Sonntag sowie in deren Online-Ausgabe vor. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Gericht die Unterlassungsansprüche gegen die Medien bestätigt, nun streiten die Parteien in der Hauptsache zusätzlich über Schadensersatz, nach Insiderberichten liegt der Streitwert bei 1,4 Millionen Euro. In dem Verfahren vertritt ihn die Rechtsanwältin Jana Jangl aus der Kanzlei SKMM Schulze Küster Müller Mueller Jangl.
Tanja Podolski, Erstes Urteil nach Oktoberfest-Schlägerei: Sieben Monate Freiheitsstrafe für Ex-Linklaters Partner . In: Legal Tribune Online, 12.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19961/ (abgerufen am: 18.07.2024 )
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