Zwei Anteilseigner der Warburg Bank wenden sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen Urteile des LG Bonn sowie des BGH. Die Beschwerde ist jedoch bereits unzulässig, so das BVerfG.
Mit einstimmigem Beschluss vom 22. November 2021 hat der die 2. Kammer des Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die Verfassungsbeschwerde zweier Anteilseigner der Privatbank Warburg nicht zur Entscheidung angenommen (Az. 2 BvR 1872/21). Nach Einschätzung des Gerichts sind die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Die Beschwerdeführer sehen ihre Persönlichkeitsrechte dadurch verletzt, dass seitens des Landgerichts (LG) Bonn und des Bundesgerichtshofs (BGH) Urteile zu ihren Aktiengeschäften veröffentlicht wurden. Darüber hinaus sind sie der Ansicht, beide Gerichte hätten die Unschuldsvermutung missachtet.
BVerfG: Verfassungsbeschwerde ist unzulässig
Die Beschwerde sei nicht zulässig, teilte das Gericht am Freitag in Karlsruhe mit und stellt klar, dass einer der beiden Hauptgesellschafter des Hamburger Bankhauses gar nicht selbst von den anonymisierten Urteilen betroffen und somit nicht befugt sei, Verfassungsbeschwerde einzulegen. "Eine eigene Betroffenheit lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass sein Name mit der Privatbank untrennbar verbunden sei, denn dies ändert nichts daran, dass die angegriffenen Urteile keine Feststellungen zu seiner Person enthalten", so das Gericht in einer Pressemitteilung.
Über den zweiten Bankeigentümer heiße es in den Urteilsgründen zwar, dass er in mehreren Fällen vorsätzlich und rechtswidrig Steuerhinterziehung begangen habe. Für eine Verfassungsbeschwerde müsse sich ein Kläger aber mit der bisherigen Rechtsprechung des obersten deutschen Gerichts auseinandersetzen. Das sei hier nicht geschehen, denn das Gericht habe in einem vergleichbaren Fall aus dem Jahr 2009 eine Verletzung der Unschuldsvermutung verneint (Beschl. v. 03.09.2009; Az. 2 BvR 2540/08). Zudem hätten sich die Kläger nicht direkt an das BVerfG wenden dürfen, sondern zunächst vor Fachgerichte ziehen müssen.
BGH: Cum-Ex-Geschäfte sind strafbare Steuerhinterziehung
Hintergrund ist ein Urteil des BGH aus dem Juli, mit dem erstmals höchstrichterlich klargestellt wurde, dass Aktienhändler, Investoren und Banken den deutschen Fiskus jahrelang mit undurchsichtigen "Cum-Ex"-Geschäften um Milliarden geprellt und sich damit strafbar gemacht haben (Urt. v. 28.07.2021; Az. 1 StR 519/20). Der Fall gilt als einer der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte und wird noch immer politisch aufgearbeitet.
Die Beteiligten hatten sich dabei mit einem ausgeklügelten Verwirrspiel von Finanzbehörden Kapitalertragsteuer erstatten lassen, die nie gezahlt wurde. Dafür wurden Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch in großen Paketen rund um den Stichtag für die Ausschüttung in rascher Folge hin- und hergeschoben, bis keiner mehr einen Überblick hatte. Die Gewinne wurden zwischen den Transaktionspartnern aufgeteilt.
Die Richter bestätigten damit weitgehend eine Entscheidung des LG Bonn, das im März 2020 zwei ehemalige Londoner Börsenhändler wegen "Cum-Ex"-Aktiengeschäften verurteilt hatte (Urt. v. 18.03.2020; Az. 62 KLs 1/19). Die beiden Beschwerdeführer vor dem BVerfG waren in diesem Verfahren aber nicht angeklagt.
Das Hamburger Bankhaus hatte immer gesagt, die Angeklagten hätten auf eigene Rechnung gehandelt. Es wies nach dem BGH-Urteil darauf hin, dass dieses "ohne wirtschaftliche Auswirkungen" bleibe. Man habe alle Steuerforderungen schon 2020 beglichen. Die Privatbank M.M. Warburg musste mehr als 176 Millionen Euro zurückzahlen.
dpa/sts/LTO-Redaktion
BVerfG-Beschluss zu Cum-Ex-Urteilen: . In: Legal Tribune Online, 03.12.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46830 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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