Wann sollen Richter eine Verhandlung per Videokonferenz ablehnen dürfen? Ein großes Streitthema zwischen Bund und Ländern. Nun gibt es im Vermittlungsausschuss eine Einigung.
Beim erweiterten Einsatz von Videokonferenztechnik an Zivil- und Fachgerichten zeichnet sich ein Kompromiss zwischen Bundestag und Ländern ab. Das geht aus Unterlagen für die Sitzung des Vermittlungsausschusses an diesem Mittwoch hervor, die der dpa in Berlin vorliegen. Im Kern sollen Richter Anträge zum Einsatz der Technik leichter ablehnen können als ursprünglich vorgesehen. Um Strafverfahren geht es bei dieser Reform nicht, wenngleich auch insoweit ein großer Streit noch ungelöst ist.
Bereits heute können mündliche Verhandlungen bei Zivil- und Fachgerichten (Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichten) per Videokonferenz durchgeführt werden. Künftig soll das schon auf Antrag einer Partei geschehen können.
Der Vermittlungsausschuss war nötig geworden, weil Ländervertreter unter anderem zu kleinteilige Vorschriften für Richter fürchteten, die über den Antrag auf Sitzung per Videokonferenz entscheiden dürfen. Sie kritisierten auch aus ihrer Sicht zu großen Begründungsaufwand im Falle einer Ablehnung und machten Datenschutzbedenken geltend. LTO berichtete unter anderem hier.
Grüne mit Lösung zufrieden
Ob Verhandlungen auch "vollvirtuell" stattfinden können, bleibt den Ländern überlassen, die entsprechende Vorschriften erlassen müssten, befristet zunächst bis 2033. In diesem Fall könnten alle Beteiligten virtuell teilnehmen. Normalerweise muss zumindest der Vorsitzende Richter im Gerichtsgebäude sein.
Der Grünen-Rechtspolitiker Till Steffen zeigte sich zufrieden. "Künftig gilt: Wenn jemand per Video an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen will, so soll ihm das auch gestattet werden. Damit werden Kosten und Aufwand für die Bürgerinnen und Bürger gesenkt und der Zugang zum Recht wesentlich verbessert", sagte er der dpa.
Keine Einigung ist hingegen bei Plänen zur Dokumentation der strafrechtlichen Hauptverhandlung in Sicht. Den Reformplänen zufolge soll der Ton künftig aufgezeichnet und dann verschriftlicht werden. Zusätzlich sollen Länder auch Bildaufzeichnungen machen können. Die Neuerungen sollten in einer Testphase an Oberlandesgerichten erprobt werden. Die Länder zweifeln allerdings am Bedarf, fürchten um den Opferschutz und warnen vor unmäßigem Aufwand.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Zivil- und Fachgerichte: . In: Legal Tribune Online, 11.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54749 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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