Nach Verurteilung und Tod in Deutschland: Anwältin von ver­s­tor­benem Rebel­len­führer erhebt Vor­würfe

23.04.2019

Ein ruandischer mutmaßlicher* Kriegsverbrecher wird in Deutschland verurteilt und verstirbt später in Haft, nun erhebt seine Anwältin Vorwürfe gegen die Justiz: Ihr Mandant sei trotz schwerer Krankheit nicht richtig behandelt worden.

Die Anwältin des in deutscher U-Haft gestorbenen ruandischen Rebellenführers Ignace M. erhebt schwere Vorwürfe. Sie hat nach eigenen Angaben Anzeige etwa wegen des Verdachts der unterlassenen Hilfeleistung oder fahrlässiger Tötung erhoben. Die Staatsanwaltschaft Mannheim bestätigte den Eingang der Anzeige gegen Unbekannt. Es sei ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, sagte ein Sprecher der Behörde am Dienstag. Die Obduktion des Leichnams sei angeordnet. Die Anwältin hat im Namen des 15-jährigen Sohnes des Toten Anzeige erstattet. Zuvor hatte der Spiegel berichtet.

Der in Deutschland als Rädelsführer einer ausländischen Terrorvereinigung im Ostkongo verurteilte Ignace M. war am 16. April mit 55 Jahren in einer Mannheimer Klinik gestorben. Der Gesundheitszustand des Chefs der Vereinigung "Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas" (FDLR) hatte sich nach Angaben des Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart am 11. April in der U-Haft plötzlich verschlechtert. Die Anwältin berichtete hingegen von einer längeren Erkrankung ihres Mandanten, auf die nicht angemessen reagiert worden sei.

Das OLG Stuttgart hatte Ignace M. 2015 wegen Rädelsführerschaft in Tateinheit mit Beihilfe zu vier Kriegsverbrechen zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil jedoch im Dezember 2018 teilweise auf.  Die Anklage in dem Fall war die erste nach dem 2002 eingeführten Völkerstrafgesetzbuch, das deutschen Ermittlern die Verfolgung von Kriegsverbrechen im Ausland ermöglicht.

Die Anwältin schilderte, dass ihr Mandant das Gefängnis in Mannheim Mitte März darüber informiert habe, dass er wegen einer Erkrankung an der Wirbelsäule seit vier Wochen das Bett nicht mehr verlassen könne. Mindestens drei Mal habe er sich mit der Bitte um externe Behandlung an die Anstalt gewandt. Auch das OLG sei informiert gewesen.

Eine vom Orthopäden empfohlene Durchleuchtung sei wegen des Defekts des Röntgengeräts im Gefängnis auf die lange Bank geschoben worden, kritisierte die Anwältin. Der Mann habe neun Jahre und fünf Monate lang bei strikter Isolation in U-Haft gesessen. Es stelle sich die Frage, wie diese - aus ihrer Sicht völlig unnötigen - verschärften Haftbedingungen sich auf seinen allgemeinen Gesundheitszustand ausgewirkt haben könnten.

dpa/mam/LTO-Redaktion

Anm. d. Red.: "mutmaßlich" ergänzt, da der BGH im Jahr 2018 u.a. die Beihilfe zu Kriegsverbrechen als nicht erwiesen ansah; geändert am 24.04., 9:44 Uhr

Zitiervorschlag

Nach Verurteilung und Tod in Deutschland: . In: Legal Tribune Online, 23.04.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35029 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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