In Polen geht der Streit um Justizreformen in die nächste Runde. Polnische Nichtregierungsorganisationen kritisieren die Pläne scharf. Noch ist unklar, bis wann sich PiS-Regierung und Präsident einigen werden.
Polnische Nichtregierungsorganisationen haben die von der Warschauer Regierung vorangetriebene Justizreform kritisiert.
Polen werde definitiv kein demokratischer Rechtsstaat mehr sein, sollten die Änderungen im Gerichtswesen eingeführt werden, hieß es in einer von 28 Nichtregierungsorganisationen unterzeichneten Mitteilung, darunter Amnesty International und die Helsinki-Stiftung für Menschenrechte in Polen.
Sie warnten: Wenn es keine unabhängigen Gerichte mehr geben würde, wären künftig in der Verfassung verankerte Bürgerrechte in Gefahr.
Das Warschauer Parlament kam am Mittwoch zu einer Sitzung zusammen, bei der erneut über die umstrittenen Justizreformen diskutiert werden sollte.
Präsident Duda will seine eigene Position stärken
Die regierende PiS-Partei hatte im Juli versucht, drei Justizreformen auf den Weg zu bringen. Ziel ist es, zahlreiche Richter am Obersten Gericht und in den unteren Instanzen auszutauschen. Dazu soll das von der PiS dominierte Parlament insbesondere den Landesjustizrat unter seine Kontrolle bringen – denn der ist maßgeblich an der Neubesetzung von Richterstellen beteiligt.
Präsident Andrzej Duda hatte im Juli zwei der Gesetzentwürfe per Veto gestoppt. Er versuchte mit seinen Vorschlägen allerdings vor allem seine eigene Position gegenüber der PiS-Regierung und Justizminister Zbigniew Ziobro zu stärken.
Die Rechtsanwältin und Abgeordnete der liberalen Fraktion Nowoczesna Kamila Gasiuk-Pihowicz hatte gegenüber LTO beide Entwürfe als verfassungswidrig kritisiert.
Ob Dudas Reformen noch vor Jahresende verabschiedet werden, war unklar. Nach Angaben von PiS und Präsidentenkanzlei sollten sie nach der Lesung in einem Parlamentsausschuss überarbeitet werden. Opposition und NGOs kritisierten, dass Duda die Reformen zuvor mit der PiS besprochen, aber Juristen und Öffentlichkeit ausgeschlossen habe.
Wegen der Einflussnahmen auf die Justiz droht Brüssel Warschau seit einigen Monaten mit der Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 7 des EU-Vertrags, wodurch Polen sein Stimmrecht bei Abstimmungen im EU-Ministerrat verlieren kann.
aka/dpa/LTO-Redaktion
NGOs kritisieren polnische Justizreform: . In: Legal Tribune Online, 22.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25657 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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