BaWü-Landtag wählt Kandidaten im 3. Wahlgang: Der neue AfD-Mann für den Ver­fas­sungs­ge­richtshof

von Dr. Markus Sehl und Alexander Cremer

22.07.2021

Die Wahl eines AfD-Kandidaten zum stellvertretenden Mitglied des VerfGH gelingt erst nach mehreren Anläufen - und hat Kritik hervorgerufen. Bert Matthias Gärtner ist nicht der erste gewählte Verfassungsrichter der AfD in Stuttgart. 

Nach Niederlagen in den ersten beiden Wahlgängen hat der Landtag den Kandidaten der AfD-Landtagsfraktion für den baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof (VerfGH) doch noch ins Amt gewählt. Der Bewerber Bert Matthias Gärtner erhielt am Mittwoch im dritten Wahlgang 37 Ja-Stimmen. 32 Abgeordnete stimmten mit Nein, 77 enthielten sich. Eine Stimme entfiel auf einen anderen Namen, ein Stimmzettel war ungültig. Damit sei Gärtner zum stellvertretenden Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt gewählt, verkündete Landtagsvizepräsident Wolfgang Reinhart (CDU). Gärtner nahm die Wahl an und wurde vereidigt.

Er wird am Gericht einen Stellvertreterposten einnehmen. Wenn seine Vorderfrau über die Amtszeit nicht verhindert ist, könnte es passieren, dass er kein einziges Mal zum Einsatz kommt. Insgesamt mussten sechs Posten des Verfassungsgerichtshofs neu besetzt werden. Vier Kandidatinnen und Kandidaten der Grünen und der CDU-Bewerber für das baden-württembergische Verfassungsgericht waren bereits in einem ersten Wahlgang bestätigt worden. 

Posten werden nach Kräfteverhältnis im Parlament vergeben

Der Gerichtshof besteht aus neun Richterinnen und Richtern - davon drei Berufsrichtern, drei Richtern mit Befähigung zum Richteramt und drei Personen, die diese Befähigung nicht haben. Darüber hinaus wird für jeden der neun Richterposten ein Stellvertreter bzw. eine Stellvertreterin gewählt. Der Landtag wählt die Mitglieder und ihre jeweiligen Stellvertreter für neun Jahre. Die Vergabe der Plätze beruht auf dem Kräfteverhältnis im Parlament und wird nach Proporz vergeben.  

Für die Wahl der Landesverfassungsrichter genügt in Baden-Württemberg bereits eine einfache Stimmenmehrheit. Dennoch war Gärtner Anfang Juli in zwei Wahlgängen klar durchgefallen. AfD-Fraktionschef Bernd Gögel sagte nach den ersten beiden Wahlgängen, er verstehe die Ablehnung nicht, schließlich habe die AfD in dieser Wahlperiode "keinen Anlass für Spielchen oder Retourkutschen geboten". Der Fraktionsmitarbeiter Gärtner sei ein "unbescholtener Bürger". 

Bereits 2016 und 2018 wurden AfD-Kandidatinnen gewählt

Gärtner ist nicht der erste AfD-Richter am VerfGH. Bereits 2018 wählte der Landtag die von der AfD vorgeschlagene Unternehmensberaterin Sabine Reger zur Laienrichterin an den Stuttgarter Gerichtshof. Sie ist noch bis 2027 im Amt. Zuvor war 2016 bereits die AfD-Kandidatin Rosa Maria Reiter, eine Betriebswirtin, ans Landesverfassungsgericht gewählt worden, sie war 2018 aber ausgeschieden. Nun erhält die AfD neben dem Richterposten von Reger mit Gärtner noch einen Stellvertreterposten.

Die Wahl des AfD-Kandidaten Gärtner löste am Donnerstag bei einigen Politikern Empörung aus. "Verfassungsfeinde wählt man nicht in den Verfassungsgerichtshof", schrieb die baden-württembergische SPD auf Twitter. "Bei Kandidat*innen der #NoAfD sagt man "Nein". Immer", betonte der Grünen-Politiker Cem Özdemir. "Wenn Nazis Spiele spielen, dann erwarte ich von jedem, dass er den Rücken gerade macht", schrieb der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke. SPD-Generalsekretär Sascha Binder betonte, die SPD habe in allen drei Wahlgängen gegen den AfD-Mann gestimmt. Die AfD-Fraktion besteht allerdings nur aus 17 Abgeordneten - Gärtner muss daher mit zahlreichen Stimmen aus anderen Parteien gewählt worden sein.

Der VerfGH entscheidet unter anderem über die Auslegung der Landesverfassung, über Anfechtungen von Wahlprüfungsentscheidungen und Volksabstimmungen und über Streitigkeiten bei Volksbegehren.

Mit Material der dpa

Zitiervorschlag

Markus Sehl und Alexander Cremer, BaWü-Landtag wählt Kandidaten im 3. Wahlgang: . In: Legal Tribune Online, 22.07.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45543 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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