Die schwierige Nachfolgefrage ist geklärt: Die bisherige Parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium Christine Lambrecht wechselt ins BMJV. Sie zählte erst zuletzt zum Favoritenkreis.
Schon vor drei Wochen soll Kanzlerin Angela Merkel das Entlassungsgesuch von Noch-Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) auf dem Tisch gehabt haben. Seitdem kritisierten immer wieder insbesondere Verbraucherschützer, aber auch der Deutsche Anwaltverein (DAV) einen Schwebezustand an der Spitze beim BMJV, man könnte auch sagen, sie ärgerten die SPD. Denn es war offensichtlich, dass die Parteiführung es sich mit der Entscheidung nicht leicht machte.
Nun steht aber fest: Barleys Nachfolgerin im BMJV wird Christine Lambrecht (SPD), sie wechselt vom Posten der parlamentarischen Staatssekretärin aus dem Finanzministerium. Barley wird nach der Europawahl als Abgeordnete ins Europäische Parlament wechseln. Zum 1. Juli soll Lambrecht die Geschäfte übernehmen. Zuerst hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland, das ZDF, sowie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch berichtet. Die Personalie wird damit genau am Geburtstag der 54-Jährigen aus dem baden-württembergischen Mannheim bekannt.
Lambrechts Vorbild: Däubler-Gmelin
Lambrecht studierte Jura in Mannheim und Mainz, und absolvierte nach ihrem 2. Staatsexamen einen Aufbaustudiengang "Verwaltungswissenschaften". "Schon sehr früh stand für mich fest, dass ich Juristin werden wollte. Dabei war mir die ehemalige deutsche Justizministerin Herta Däubler-Gmelin immer ein großes Vorbild.", schreibt sie auf ihrer Homepage. Lambrecht arbeitete als selbstständige Rechtsanwältin und als Dozentin an der Berufsakademie Mannheim.
Sie zählt zum linken Flügel der SPD. Politisch aktiv wurde sie nach eigener Angabe in der Anti-Atomkraft-Bewegung. Seit 1982 engagiert sie sich in der SPD, 1998 holte sie für ihren Wahlkreis an der hessischen Bergstraße das Bundestagsmandat. Im Bundestag wurde sie Mitglied des Rechtsausschusses Von 2013 bis 2017 war sie Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion. Dann übernahm sie das Amt der Stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden für den Bereich Finanzen, Haushalt und Euro. Seit März 2018 ist sie Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium der Finanzen. "Was mich motiviert? Die Vision einer gerechteren und sozialeren Gesellschaft", schreibt sie im Internet weiter.
Wie attraktiv ist der Ministerposten?
Die Nachfolge für Barley war schon vor der Europawahl und vor dem Rückzug der SPD-Parteichefin Andrea Nahles einigermaßen kompliziert und ist dadurch vor allem nicht leichter geworden. Die Nachbesetzung glich ohnehin schon einer Formel mit vielen Unbekannten. Und zuletzt blieb auch die Frage offen, wie attraktiv der Ministerposten derzeit eigentlich ist, ein Posten, der nur so lange sicher ist, wie es noch nicht zum großen Krach in der Großen Koalition kommt. Für die Kandidatinnen im engeren Rennen musste deshalb ausschlaggebend sein, was sie für einen – möglicherweise kurzfristigen – Posten in Berlin aufgeben müssten. Für die aussichtsreiche Kandidatin Nancy Faeser, Generalsekretärin der Hessen-SPD, wohl so einiges.
Auffällig war jedenfalls, dass sich keine Kandidatin bislang wirklich aktiv ins Spiel gebracht hatte – im Gegenteil. Bereits im Februar gab die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig bekannt, dass sie nicht nach Berlin wechseln werde, um Barleys Nachfolgerin zu werden.
Lambrechts Name fiel zuletzt ebenfalls, vielleicht auch weil ihr Posten im Finanzministerium gleichermaßen vom Schicksal der Großen Koalition abhängt. Nach Informationen der dpa trafen die drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden Schäfer-Gümbel, Manuela Schwesig und Malu Dreyer die Personalentscheidung kurzfristig und übernahmen nicht Nahles' Vorschlag. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass Lambrecht als "Notlösung" gelte.
Der Deutsche Richterbund zeigte sich gegenüber der dpa erleichtert, dass die "Hängepartie um die Nachfolge Katarina Barleys" nun beendet sei. Die neue Ministerin müsse jetzt vor allem die lange angekündigte Reform des Strafprozesses vorantreiben. Dabei geht es vor allem um die Beschleunigung von Prozessen und weniger missbräuchliche Befangenheits- und Beweisanträge. "Die Justiz wartet dringend auf straffere Vorschriften für den Strafprozess, die der Koalitionsvertrag versprochen hat", erklärte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn.
Lambrecht soll bereits kommende Woche im Bundestag vereidigt werden.
Mit Material der dpa
Nachfolgerin für Barley steht fest: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36011 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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