Anwälte und Anwältinnen sollen sich künftig in allen Gesellschaftsformen und mit mehr Berufsgruppen zusammenschließen können, ein bisschen mehr Erfolgshonorar soll möglich und "Legal Tech" soll geregelt werden.
Die Bundesregierung hat am Mittwoch die beiden Gesetzentwürfe auf den Weg gebracht, die die rechtlichen Vorgaben für die Arbeit von Rechtsanwältinnen und Anwälten sowie von Legal Tech-Unternehmen verbessern sollen.
Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften, über dessen recht weitgehende Neuerungen im anwaltlichen Berufsrecht LTO bereits im November berichtet hatte, sieht umfassende Neuregelungen in der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) und der Patentanwaltsordnung (PAO) vor. Den Berufsausübungsgesellschaften, die künftig auch mit Architekten oder Ärztinnen gemeinsam stattfinden können sollen, sollen in Zukunft alle Europäischen Gesellschaften, Gesellschaften nach deutschem Recht und nach dem Recht eines anderen EU- und EWR-Mitgliedstaates zur Auswahl stehen. In Zukunft werden die Berufsausübungsgesellschaften zudem selbst Träger von Berufspflichten, bei den Kammern zugelassen und in den elektronischen Verzeichnissen geführt werden.
Bessere Rahmenbedingungen für Legal Tech?
Auch einen weiteren umstrittenen Regierungsentwurf hat das Kabinett am Mittwoch verabschiedet. Das Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt soll laut Bundesjustizministerin Christine Lambrecht "die Entwicklung im Bereich Legal Tech weiter voranbringen", indem es ähnliche Wettbewerbsbedingungen mit Rechtsanwältinnen und Anwälten herstellt. Anders als die sog. Legal-Tech-Anbieter wie flightright oder Wenigermiete.de, die häufig auf der Grundlage einer Inkassolizenz tätig sind, unterliegt die Anwaltschaft strengen berufsrechtlichen Regelungen, die es ihnen unmöglich machen, ähnliche Geschäftsmodelle anzubieten wie die Legal-Tech-Unternehmen. Trotz massiver Kritik von Anwaltsverbänden hält die Bundesregierung aber an ihrem recht weitgehenden Entwurf fest.
Der Bundesgerichtshof hatte das Legal-Tech-Modell von Wenigermiete.de unter Zugrundelegung eines weiten Inkassobegriffs grundlegend gebilligt, in der Folge kam es jedoch in der Instanzrechtsprechung zu unterschiedlichen Urteilen insbesondere bezüglich der Reichweite des Inkassogbegriffs. Nun will die Bundesregierung klarstellen, dass einem Inkassodienstleister auch eine umfassende rechtliche Forderungsprüfung und eine substanzielle Beratung der Kundschaft über den Forderungsbestand gestattet sind. Gleichzeitig will sie angehende Inkassodienstleister zu mehr Informationen über ihr Geschäftsmodell verpflichten, wenn diese eine Inkassolizenz beantragen. Die zuständigen Behörden sollen vorab stärker prüfen, so dass sich Fragen nach der Rechtmäßigkeit von Geschäftsnodellen künftig nicht mehr erst nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit - und damit auch dem Auftreten für Kundinnen und Kunden - stellen. Die Legal-Tech-Unternehmen müssen Verbraucherinnen und Verbraucher zudem künftig wesentlich mehr belehren, der Entwurf stellt aber gleichzeitig klar, dass sie, was bislang zum Teil in der Rechtwissenschaft teilweise angezweifelt wurde, mit Prozessfinanzierern zusammenarbeiten dürfen.
Anwälte und Anwältinnen sollen künftig im außergerichtlichen Bereich auf Erfolgshonorarbasis Forderungen einziehen und Gerichts- sowie andere Kosten übernehmen dürfen. Bei Forderungen von nicht mehr als 2.000 Euro soll die Vereinbarung von Erfolgshonoraren generell möglich werden. So will das BMJV die Anwälte wettbewerbsfähig halten, den Schutz der anwaltlichen Unabhängigkeit, der Mandanten und der prozessualen Waffengleichheit weiterhin im erforderlichen Umfang gewährleisten, aber insbesondere im Hinblick auf die unionsrechtlichen Vorgaben auch verhältnismäßig ausgestalten.
pl/LTO-Redaktion
Bundesregierung beschließt Gesetzentwürfe: . In: Legal Tribune Online, 20.01.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44051 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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