Nach § 128a ZPO können Verhandlungen per Video durchgeführt werden. Wenn es bei einer Partei zu technischen Problemen kommt, die eine Teilnahme unmöglich machen, darf das nicht sofort zu einem Versäumnisurteil führen, sagt das OLG Celle.
In seinem Beschluss über eine sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle eine grundsätzliche Entscheidung über die Säumnis einer Partei in einer Videoverhandlung getroffen (Beschl. v. 15.09.2022, Az. 24 W 3/22).
Im ursprünglichen Klageverfahren verlangte der Kläger vor dem Landgericht (LG) Verden die Erfüllung eines Kaufvertrages über ein gebrauchtes Wohnmobil (Az. 2 O 78/21). Das Landgericht bestimmte daraufhin einen Termin zur Beweisaufnahme und zur mündlichen Verhandlung. Es gestattete den Parteien und Parteivertetern dazu die Anwesenheit an einem anderen Ort und die Teilnahme über eine Videoübertragung.
Im Termin selber konnte eine Bild- und Tonübertragung allerding nur mit dem Kläger sowie dem Klägerverteter hergestellt werden. Eine Verbindung zum Beklagtenvertreter war aus technischen Gründen nicht möglich, weshalb der Klägervertreter ein Versäumnisurteil beantragte. Das Gericht hat dann aber gemäß § 337 Satz 1 ZPO die Verhandlung über den Antrag auf Erlass des Versäumnisurteils vertagt. Offenbar hielt es ein unverschuldetes Nichterscheinen für möglich.
Keine Säumnis im Videotermin
Anschließend berichtete der Anwalt des Beklagten, dass er sich gemeinsam mit seinem Mandanten zum Verhandlungstermin in den Büroräumen seiner Kanzlei befunden habe, in der eine Videokonferenzanlage installiert sei. Aus ungeklärten Gründen, sei eine Verbindung zum Gericht trotz mehrfachen Versuchen nicht möglich gewesen.
Das Landgericht hatte daraufhin per Beschluss den Antrag des Klägers auf Erlass eines Versäumnisurteils zurückgewiesen. Der Beklagte sei im Videotermin nicht schuldhaft säumig gewesen, da er durch Versicherung an Eides statt habe glaubhaft machen können, dass er alle Vorbereitungen für den Videotermin getroffen habe.
Nun wies das OLG Celle auch die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Entscheidung des Landgerichts zurück und schloss sich der Ansicht der vorherigen Instanz an. Der Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes gebiete es, die Sorgfaltsanforderungen an das, was veranlasst werden muss, nicht zu überspannen, so das OLG. Entscheidend sei das, was von einem ordentlichen Rechtsanwalt gefordert werden könne.
Videoverhandlungen sonst zwecklos
Wenn das Gericht die Nutzung technischer Kommunikationsmedien in der ZPO vorsieht und sich ein Verfahrensbeteiligter derselben bedient, so dürften die technischen Risiken nicht auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden.
Bei der Beurteilung, ob technische Störungen mit unklarer Ursache einer Partei als Verschulden zuzurechnen sind, ist nach Ansicht des OLG der Normzweck des § 128a Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen. Die Nutzung der Videoverhandlung dürfe nicht derart erschwert werden, dass sie für die Verfahrensbeteiligten riskanter ist, als das persönliche Erscheinen im Gericht.
ku/LTO-Redaktion
*Artikelversion vom 29.09.22, 14.30 Uhr: Vorinstanz zu Landgericht (LG) Verden geändert.
OLG Celle zu § 128a ZPO: . In: Legal Tribune Online, 29.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49764 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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