Der BGH hat sich zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung von Schriftsätzen per beA Gedanken gemacht. Wie beim Telefax sei es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen - und dabei bestimmte Regeln einzuhalten.
Wie beim guten alten Telefax ist es für Anwältinnen und Anwälte auch bei der Übersendung von Schriftsätzen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem am Donnerstag veröffentlichen Beschluss klargestellt (Beschl. v. 11.05.2021, Az. VIII ZB 9/20).
Hintergrund der Entscheidung ist der Fall einer Anwältin, deren Berufungsbegründung nicht innerhalb der Frist bei Gericht eingegangen war. Sie hatte deshalb Wiedereinsetzung beantragt und dazu ausgeführt, dass ihre Rechtsanwaltsfachangestellte die Berufungsbegründung fristgerecht per beA versandt habe. Die Nachricht sei laut Protokoll auch über beA übermittelt worden. Für das Büropersonal gebe es auch eine Arbeitsanweisung, wonach eine Frist aus dem Fristenkalender "erst nach Überprüfung der Erledigung und Anweisung" durch die Anwältin gestrichen werden dürfe. Beim Versand von Nachrichten über das beA erfolge eine Überprüfung "insbesondere hinsichtlich Versand und Fehlermeldungen". Die Anwältin verwies dabei auf alle diese Voraussetzungen, die sich in der Rechtsprechung etabliert hätten und von ihr im vorliegenden Fall auch erfüllt worden seien. Fehler habe sie damit nicht gemacht, schloss sie ihre Begründung ab.
Der BGH entschied nun aber, dass die Anwältin sehr wohl einen Fehler gemacht habe und diesen auch hätte erkennen können: Bei der Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung müsse nämlich auch kontrolliert werden, ob eine Eingangsbestätigung für das elektronische Dokument bei Gericht gem. § 130a Abs. 5 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) erteilt wurde. Nur bei Erhalt einer solchen Eingangsbestätigung besteht laut BGH Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang auch wirklich erfolgreich war.
BGH: Anwältin hat Protokoll falsch gedeutet
Dass es entscheidend auf diese Überprüfung der Eingangsbestätigung ankommt bzw. wo diese zu finden ist, schien die Anwältin aber nicht zu wissen. Sie hatte nämlich gar keine bekommen und auf eine solche auch nicht geachtet. Vielmehr, so der BGH, habe sie das Übermittlungsprotokoll falsch gedeutet und sei aufgrund des Vermerks im beA-Protokoll "Die Ausgangsnachricht wurde an beA übertragen" sowie des oberhalb des Abschnitts "Zusammenfassung Prüfprotokoll" befindlichen Vermerks "Zugegangen: (Datum und Uhrzeit)" fälschlicherweise davon ausgegangen, eine hinreichende Bestätigung der erfolgreichen Übermittlung an das Berufungsgericht erhalten zu haben. Dabei enthielt das Übermittlungsprotokoll unter dem Abschnitt "Zusammenfassung Prüfprotokoll", Unterpunkt "Meldungstext", die Angabe: "Die Nachricht konnte nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden" und unter dem Unterpunkt "Übermittlungsstatus" außerdem die Angabe: "Fehlerhaft".
"Das Sekretariat muss die erfolgreiche Übermittlung auch beim Versand mittels beA sehr genau kontrollieren", kommentiert Martin W. Huff, Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln, die Entscheidung gegenüber LTO. Er rät Anwältinnen und Anwälten dazu, sich die beA-Empfangsprotokolle zusammen mit dem Sekretariat anzuschauen und die Abläufe bei Fristsachen genau zu besprechen. "Der Fall zeigt, dass es sich angesichts der ab dem 01. Januar 2022 bestehenden beA-Nutzungspflicht lohnen kann, sich noch einmal Gedanken um die Abläufe in der eigenen Kanzlei zu machen", so Huff.
BGH zu berufsrechtlichen Sorgfaltspflichten: . In: Legal Tribune Online, 25.06.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45298 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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