BFH zu Angaben über Mandanten in EU-Mitgliedsländern: Alles für die Steuer - sag, wen Du berätst

29.11.2017

Rechtsanwälte müssen Angaben über ihre Mandanten in den EU-Mitgliedländern an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln. Sie können sich nicht auf ihre Schweigepflicht berufen, entschied der BFH.

Berät ein Rechtsanwalt Unternehmer aus anderen EU-Mitgliedstaaten, so muss er dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) sogenannte "Zusammenfassende Meldungen" übermitteln. In denen muss die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr) jedes Mandanten angegeben werden. Auf die anwaltliche Schweigepflicht können sich Rechtsanwälte in diesen Fällen nicht berufen. Das gab der Bundesfinanzhof (BFH) am Mittwoch bekannt (Urt. v. 27.09.2017, Az. XI R 15/15).

Eine deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft beriet Unternehmer, die in anderen EU-Mitgliedsstaaten ansässig waren. Die Anwälte nahmen deshalb an, dass gemäß § 3a Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Ort der Leistung nicht im Inland liege und im Wege der Umkehr der Steuerschuldnerschaft ("reverse charge") die Mandanten dort die Umsatzsteuer schulden, wo sie ansässig sind.

Konkludente Einwilligung der Mandanten

Dementsprechend stellte sie Rechnungen ohne Umsatzsteuer aus und führte auch keine Steuern in Deutschland ab. In solchen Fällen wird dann allerdings die "Zusammenfassende Meldung" mit Angabe der USt-IdNrn ihrer Mandanten erforderlich. Eine solche verweigerte die Kanzlei aber unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 lit. b der Abgabenordnung (AO).

Gegen die Erinnerung des BZSt, die Daten unverzüglich zu übermitteln, klagte die Rechtsanwaltsgesellschaft vor dem Finanzgericht (FG) Köln erfolgslos (Az. 2 K 3593/11). Vor dem BFH rügte sie sowohl die unzutreffende Güterabwägung der ersten Instanz zwischen der anwaltlichen Schweigepflicht und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die zu Unrecht angenommene konkludente Einwilligung der Mandanten in die Weitergabe der Daten.

"Verschwiegenheit darf nicht rein fiskalischen Überlegungen geopfert werden"

Diesen Ausführungen folgte der BFH aber nicht. Die Münchener Richter erkannten zwar an, dass Rechtsanwälten im Besteuerungsverfahren gemäß § 102 der AO ein Auskunftsverweigerungsrecht zustehe, das sowohl die Identität des Mandanten als auch die Tatsache seiner Beratung umfasse.

Allerdings hätten die im EU-Ausland ansässigen Mandanten durch die Mitteilung der USt-IdNr gegenüber der Rechtsanwaltsgesellschaft in deren Offenlegung in Zusammenfassenden Meldungen eingewilligt, urteilte der BFH. Dies ergebe sich aus dem EU-weit harmonisierten System der Besteuerung innergemeinschaftlicher Dienstleistungen, begründen die Richter ihre Entscheidung. Dies sei auch ausländischen Unternehmern bekannt. Ob § 18a des Umsatzsteuergesetzes nicht ohnehin die anwaltliche Schweigepflicht zulässigerweise einschränkt, konnte deshalb offenbleiben.

Für Markus Hartung eine "schwierige Entscheidung". Anwälten und ihren Mandanten könne es nicht gefallen, wenn das Recht auf Vertraulichkeit mehr und mehr aufgeweicht werde, wenn es um Geld geht - sei es bei Geldwäscheverdacht oder, wie hier, bei bloßen Steuerfragen, sagt der Direktor des Center on the Legal Profession an der Bucerius Law School gegenüber LTO. "Wir müssen aufpassen, dass das Recht auf Verschwiegenheit, ein wesentlicher Pfeiler unseres Rechtsstaats, nicht rein fiskalischen Überlegungen oder einem Generalverdacht geopfert wird."

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BFH zu Angaben über Mandanten in EU-Mitgliedsländern: . In: Legal Tribune Online, 29.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25741 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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