2/2: Ein "Geldverbrennungsprozess"?
Schon jetzt stehen viele Düsseldorfer Anwälte dem öffentlich ausgetragenen Rechtsstreit sehr kritisch gegenüber. In sozialen Netzwerken löste die am Donnerstag bekannt gewordene Entscheidung des LAG Düsseldorf geradezu Empörung aus, von Geldverschwendung durch die "Hüter der BRAO" und einem "Geldverbrennungsprozess" ist dort die Rede, ein Anwalt twitterte gar "Dieser Vorgang darf Skandal genannt werden. Ich verstehe jeden, der sich in diesem Zusammenhang Gedanken zu § 266 StGB machen möchte".
Der Streitwert liegt laut Schons bei rund 180.000 Euro, bestehend aus drei Monatsgehältern zuzüglich des beantragten und nun zweitinstanzlich ohne Abzug ausgeurteilten Annahmeverzugslohns von rund 127.000 Euro brutto für die Zeit von November 2015 bis Juli 2016 sowie der Bewertung des Weiterbeschäftigungsanspruchs. Dabei handelt es sich laut Schons um Sowieso-Kosten: Einen anderen Mitarbeiter, der die Aufgaben von Offermann-Burckhart wahrgenommen habe, habe man nicht eingestellt.
Die Anwaltskosten, die in erster Instanz im Arbeitsrecht jeder selbst trägt, lagen nach Angaben der Düsseldorfer Schatzmeisterin Leonora Holling bei 7.821 Euro, abgerechnet wurde nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).
Danach wechselte die Kammer - laut Holling auch wegen des für die RAK negativen Ausgangs - allerdings den Rechtsberater, der Anstieg von Verfahrenskosten wurde ausdrücklich in Kauf genommen. Beauftragt wurde nun der renommierte Arbeitsrechtler Dr. Alexander Bissels von der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle, der nicht nach RVG und dem Streitgegenstand, sondern auf Stundenbasis, nach LTO-Informationen mit einem Satz von 340 Euro, abrechnet. Bereits bis März dieses Jahres hat die Kammer an ihn rund 70.000 Euro gezahlt, seitdem hat er zwei weitere Schriftsätze erstellt und am Termin am gestrigen Mittwoch teilgenommen. Die insgesamt für das Tätigwerden von Bissels angefallenen Kosten stehen laut Herbert Schon noch nicht fest.
Zudem muss die RAK als Verliererin des Rechtsstreits in der zweiten Instanz auch die Kosten der Gegenseite sowie die Gerichtskosten aus dem nicht unerheblichen Streitwert tragen, diese dürften sich auf weitere rund 12.000 Euro belaufen.
RAK-Präsident: Es gibt keine Verpflichtung, nach RVG abzurechnen
Zuletzt bei der diesjährigen Kammerversammlung musste Herbert P. Schons auf Antrag einiger Mitglieder auch aus dem Vorstand der RAK ausführlich erklären, wieso der Prozess gegen die erste Kündigung so lang, vor allem aber so teuer ist. Für 2016 hat die Kammer laut Jahresbericht für den Rechtsstreit 195.000 Euro zurück gestellt, für 2017 ist noch einmal derselbe Betrag geplant. Man darf bezweifeln, dass das reichen wird.
Die hohe Anzahl der Stunden, die Bissels schon bis zu dem Zeitpunkt in Rechnung gestellt hatte, erklärte Schons Ende April vor fast 1.000 Anwälten in Düsseldorf auch damit, dass dieser nicht nur für das Berufungsverfahren, sondern auch in anderen, von Offermann-Burckhart veranlassten Nebenkriegsschauplätzen tätig geworden sei.
Die Empörung der Kollegen kann Schons nachvollziehen, für gerechtfertigt hält der Anwalt aus Duisburg, der Wert auf die Feststellung legt, dass er selbst in einer kleinen Sozietät tätig ist, sie aber nicht. Dass mit den Mitgliedsbeiträgen nicht nur viele Stunden, sondern vor allem der hohe Stundensatz eines Großkanzlei-Anwalts abgerechnet wird, hält er für rechtlich nicht problematisch und sachlich erforderlich.
Gründe für die zweite Kündigung unter Verschluss gehalten
"Spätestens nach dem erstinstanzlichen Urteil war es angebracht, die Erfolgsaussicht der Berufung noch von einem anderen Anwalt begutachten zu lassen, der einen hervorragenden Ruf genießt. Wir wollten uns dabei auch an das bewährte Vier-Augen-Prinzip halten". Auch große Firmen beauftragten schließlich 'die beste Kanzlei am Ort' – und dürften das auch. "Der BGH hat schon mehrfach festgestellt, dass gewisse Mandate gewisse Maßnahmen erfordern. Es gibt keine Verpflichtung, nach RVG abzurechnen".
Schons hält die Beauftragung von Bissels auch für angemessen: "Laut dem BGH ist der Rahmen nicht zwingend das RVG, wenn die Vergütung danach in bestimmten Fällen nicht ausreicht". Dass das Kündigungsschutzverfahren gegen seine Hauptgeschäftsführerin ein solch anspruchsvolles Mandat sei, ergibt sich für ihn aus deren hohem Gehalt, dem großen auch öffentlichen Interesse an dem Verfahren und nicht zuletzt den Gründen der Kündigung, die er für bedeutsam erachtet.
In diesem Sinne anspruchsvoll könnte das nun anstehende Verfahren werden. Die allein vom Präsidium und ohne Beteiligung des Vorstands ausgesprochene und beschlossene Kündigung könnte bereits aus formellen Gründen unwirksam sein. Ihre Gründe sind nicht bekannt – das Präsidium hält sie nicht nur gegenüber der Öffentlichkeit, sondern nach LTO-Informationen auch gegenüber dem eigenen Vorstand geheim. Eingeweihte bezeichnen sie hinter vorgehaltener Hand aber als "unappetitlich". Mandatiert hat die Kammer CMS-Anwalt Bissels jedenfalls schon mal.
Pia Lorenz, Kündigung der Hauptgeschäftsführerin unwirksam: . In: Legal Tribune Online, 23.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23258 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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