Twittern in der Arbeitswelt

Wem gehören die Fol­lower?

Gastbeitrag von Isabel HexelLesedauer: 4 Minuten

Nicht nur Likes: Wenn der Betriebsrat plötzlich auf Twitter auftaucht. Was für Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf der Social Media-Plattform erlaubt ist, erklärt Isabel Hexel

Soziale Netzwerke wie Twitter sind in der modernen Arbeitswelt allgegenwärtig. Viele Unternehmen verfügen über Twitter-Accounts und nutzen diese für ihr Online-Marketing oder als Recruiting-Tool. Vermehrt betreiben auch Betriebsräte Öffentlichkeitsarbeit über diese Social-Media-Plattform und kommunizieren darüber nicht nur mit der Belegschaft, sondern auch mit Unternehmensexternen. Aber dürfen sie das auch? 

Sowohl die inner- als auch die außerbetriebliche Kommunikation verlagern sich zunehmend auf die digitale Ebene. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich gerade arbeitsrechtlich zahlreiche Fragen im Umgang mit Social Media stellen. Und das nicht nur im Verhältnis Arbeitgeber – Arbeitnehmer, sondern auch im Verhältnis des Arbeitgebers zum Betriebsrat. 

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Der Betriebsrat darf bei Nutzung von Twitter mitbestimmen

Möchte der Arbeitgeber zur Kommunikation mit seinen Kunden ein software- und webbasiertes Social Media-Tool nutzen, welches Nutzern über eine Antwortfunktion eine Rückmeldung zum Verhalten einzelner Arbeitnehmer gestattet, hat er vorab den Betriebsrat zu beteiligen und mit diesem eine entsprechende Betriebsvereinbarung zu verhandeln. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits im Dezember 2016 entschieden, dass eine vom Arbeitgeber betriebene Facebookseite, die es den Nutzern ermöglicht, über die Funktion "Besucher-Beiträge" Postings zum Verhalten und zur Leistung der mit der Pflege der Seite beschäftigten Arbeitnehmer einzustellen, eine technische Einrichtung darstellt, die zur Überwachung der Arbeitnehmer im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bestimmt ist. Die Bereitstellung der Funktion "Besucher-Beiträge" auf der Facebook Seite des Arbeitgebers unterliegt daher der Mitbestimmung des Betriebsrats.

Wie steht es nun um die Mitbestimmung des Betriebsrates, wenn der Arbeitgeber ein Twitter-Account unterhält, welches die nicht zu deaktivierenden Funktion "Antwort" enthält? Im Unterschied zu einem Facebook Account werden die Antworten der Nutzer zwar nicht auf der Twitter-Seite des Unternehmens abgegeben, sondern bei dem einzelnen Nutzer. Dementsprechend entfällt die Möglichkeit einer unmittelbaren automatisierten Auswertung der Tweets über die Twitter-Unternehmensplattform. 

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg bejahte dennoch die Mitbestimmungspflichtigkeit nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, da über die Funktion "Antworten" Twitter-Nutzern die Möglichkeit eröffnet werde, auf die Tweets des Arbeitgebers Antworten zum Verhalten und der Leistung der Arbeitnehmer bei Twitter einzustellen. Mit Spannung wird nunmehr der Ausgang des beim BAG anhängigen Rechtsbeschwerdeverfahrens in dieser Sache erwartet, über die der 1. Senat am 25. Februar2020 verhandeln wird (Az. 1 ABR 40/18). Vieles spricht aber dafür, dass sich das BAG der Auffassung des Landesarbeitsgerichts Hamburg anschließen wird.

Öffentlichkeitarbeit mit Postings, Likes und Retweets 

Nutzt andersherum der Betriebsrat einen eigenen Twitter-Account dazu, um sich sowohl intern gegenüber der Belegschaft als auch extern gegenüber Dritten über betriebliche Angelegenheiten zu äußern, so stellt sich die Frage, ob ihm dies gestattet ist oder ob darin ein Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit liegt. Schließlich ist die Öffentlichkeitsarbeit nach dem BetrVG keine gesetzliche Aufgabe des Betriebsrats. Dementsprechend haben verschiedene Gerichte in der Vergangenheit regelmäßig darauf hingewiesen, dass das Internet dem Gremium vorrangig als Informationsquelle und nicht zur Veröffentlichung von Betriebs(rats)interna dienen soll. 

Nach Auffassung des LAG Niedersachsen könne sich der Betriebsrat aber in Ausnahmefällen über das Medium Twitter an die Öffentlichkeit wenden, da auch das Betriebsratsgremium im Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG grundrechtsfähig sei (Beschl. v. 6.12.2018, Az. 5 TaBV 107/17). Dies ist z.B. denkbar, wenn sich der Arbeitgeber selbst im Rahmen einer geplanten Umstrukturierung in derselben Weise an die Öffentlichkeit wendet. Grundsätzlich dürfte aber ein Twitter-Account kein für den Betriebsrat "erforderliches" Kommunikationsmittel darstellen. Sollte eine Nutzung ausnahmsweise zulässig sein, hat der Betriebsrat in jedem Fall aber Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geheim zu halten und sich politisch neutral zu verhalten.

Auch Arbeitnehmer dürfen über die Arbeit twittern

Auch im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer führt die Nutzung von Twitter und anderen Social Media-Plattformen regelmäßig zu arbeitsrechtlichen Konflikten, z.B. im Zusammenhang mit Arbeitnehmeräußerungen über Tweets. Die Arbeitnehmer unterliegen im Rahmen der Social Media-Nutzung Loyalitäts-, Rücksichtnahme- und Geheimhaltungspflichten gegenüber ihrem Arbeitgeber und haben wettbewerbsschädliche Handlungen oder Äußerungen zu unterlassen.

Diesen Pflichten unterlagen Arbeitnehmer zwar auch schon vor dem Zeitalter von Social Media. Während allerdings früher etwaige Kritik regelmäßig im Familien- und Freundeskreis blieb, verbreiten sich heute Meinungsäußerungen von Arbeitnehmern schnell und unbeherrschbar im Netz und erzeugen so eine medienwirksame Diskussion. Gleich bleibt jedoch deren arbeitsrechtliche Bewertung: Da das Grundrecht der Meinungsfreiheit die i.d.R. außerdienstlich getätigten Äußerungen des Arbeitnehmers über Twitter umfassend schützt, kann ein außerdienstliches Verhalten die berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer nur beeinträchtigen, wenn die Äußerung einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit aufweist. 

Wem gehören die Follower?

Scheidet ein Arbeitsnehmer aus dem Arbeitsverhältnis aus, stellt sich in der Praxis auch häufig die Frage, wem die Daten in den Social Media-Accounts gehören. Haben Arbeitnehmer im Rahmen ihrer dienstlich geschuldeten Tätigkeit z.B. über Twitter geschäftliche Kontakte bzw. Geschäftsfollower gewonnen, so stellt sich als erstes die Frage, ob diese Kontakte bzw. Follower über ein dienstliches oder privates Account des Arbeitnehmers generiert wurden. 

Bei privater Account-Nutzung kennt der Arbeitgeber womöglich die Zugangsdaten nicht einmal und es stellen sich auch datenschutzrechtliche Probleme hinsichtlich der Weitergabe der Follower, da diese bewusst der Privatperson und nicht dem Unternehmen "folgen" wollten. Bei Nutzung eines dienstlichen Accounts stehen dem Arbeitgeber i.d.R. die Nutzungsrechte zu, so dass dieser die Herausgabe der Daten und Passwörter verlangen kann. 

Doch in der Praxis ist die Abgrenzung nicht immer so eindeutig, so dass auch hier klare und transparente Regelungen vereinbart werden sollten. Und zwar entweder bereits im Rahmen des Arbeitsvertrages mit dem speziell zum Umgang mit Social Media einzustellenden Personal oder im Rahmen spezieller IT-Policies/-Betriebsvereinbarungen oder sog. Social-Media-Guidelines. Auch insoweit gilt: Vorsicht ist regelmäßig besser als Nachsicht.

Die Autorin ist Partnerin bei Oppenhoff & Partner, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht und Co-Autorin des Handbuches Thüsing/Wurth, "Social Media im Betrieb" welches demnächst in der 2. Auflage erscheint.

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