Weil nicht genug Wohnraum für die Einwohner vorhanden sei, hat der Berliner Senat die Vermietung von Wohnungen an Touristen verboten. Zu Recht, befand das VG am Mittwoch. Von Dominik Schüller.
Der Berliner Immobilienmarkt ist derzeit – wie auch in anderen Großstädten – ein heißes Pflaster. Zur Bekämpfung der Wohnraumknappheit hat das Land Berlin bereits 2013 das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz (ZwVbG) erlassen. Mit diesem sollte die Nutzung von Wohnungen zu anderen als Wohnzwecken – insbesondere die Vermietung an Touristen – eingedämmt werden. Ein gewerblicher Vermieter von Ferienwohnungen hatte vor dem Verwaltungsgericht (VG) gegen das Gesetz und die damit verbundene Verordnung geklagt. Das heutige Urteil (Az.: VG 6 K 103.16) gibt dem Berliner Senat Recht – eine Verlängerung in der Berufung ist jedoch wahrscheinlich.
Das ZwVbG hat in § 1 Abs. 2 dem Berliner Senat die Entscheidung darüber überlassen, ob und in welchen Stadtgebieten die Voraussetzungen für das Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum gegeben sind. Hiervon hat dieser umfassend Gebrauch gemacht und bereits 2014 in der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung (ZwVbVO) beschlossen, dass die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen in ganz Berlin besonders gefährdet ist. Aufgrund der 2-jährigen Übergangsfrist für bereits bestehende Ferienwohnungen, ist für die meisten Anbieter das Verbot erst seit dem 1. Mai 2016 Realität geworden. Seither ist es in Berlin kaum möglich, Wohnungen an Feriengäste z.B. über Portale wie Airbnb oder wimdu auf dem Markt anzubieten.
Kläger vermietet gewerblich Ferienwohnungen
Ein gewerblicher Anbieter von Ferienwohnungen hatte vom zuständigen Bezirksamt ein Genehmigung darüber verlangt, dass er eine Zweckentfremdungsgenehmigung nicht benötige. Dieses sogenannte "Negativattest" wurde ihm dort jedoch verweigert. Hiergegen erhob der Mann erfolglos Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin.
Der Kläger, der auch Eigentümer der Wohnungen ist, argumentierte im Wesentlichen damit, dass der Senat mit der ZwVbVO den gesetzlich gesteckten Rahmen überschritten habe und das ZwVbG einen ungerechtfertigten Eingriff in seine Berufs- und Eigentumsfreiheit (Art. 12 und 14 Grundgesetz) darstelle. Zudem sei die Ungleichbehandlung von Ferienwohnungsanbietern und anderen Vermietern nicht gerechtfertigt.
VG: Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt
Dem wiederspricht das Verwaltungsgericht auf ganzer Linie. Auch die Wohnungen des Klägers seien vom Zweckentfremdungsverbot erfasst. Denn der Berliner Senat habe wirksam eine Mangellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt festgestellt. Die vom Kläger begehrte Vermietung von Wohnraum an Touristen stelle eine gesetzlich verbotene Zweckentfremdung dar. Einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der gewerblichen Ferienwohnungsvermieter erkennt das Gericht nicht. Die Vermietung an Feriengäste sei in Berlin grundsätzlich weiterhin möglich – lediglich nicht mehr in Wohnungen. Dies sei erforderlich, um die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum sicherzustellen.
Auch einen rechtswidrigen Eingriff in die Eigentumsfreiheit haben die Verwaltungsrichter nicht erkennen können. Aus diesem Grundrecht folge nämlich nicht, dass Wohnraum grenzenlos gewinnmaximierend genutzt werden dürfe. Das Eigentum werde nicht in Frage gestellt, sondern lediglich die Art seiner Verwendung begrenzt. Durch die 2-jährige Übergangsfrist sei zudem eine ausreichende Vorbereitungszeit auf die neue Gesetzeslage gewährleistet gewesen. Zudem könne in Ausnahmefällen sogar eine Genehmigung erteilt werden. Die Ungleichbehandlung der Vermietung von Wohnraum an Touristen gegenüber der Vermietung an Gewerbemieter sei gerechtfertigt. Denn die Vermietung an Feriengäste erfolge regelmäßig kurzfristig, wohingegen Gewerbemietverhältnisse auf Dauer angelegt seien. Daher sei eine andere Bewertung von bestehenden Mietverhältnissen gerechtfertigt.
Wohnraumknappheit wird nicht geprüft
Das Verwaltungsgericht geht in seiner Entscheidung auf alle wesentlichen Argumente der Gegner der Zweckentfremdung ein. Grundrechtsverstöße verneint es dabei durchweg. Anders als das Oberverwaltungsgericht Berlin (Urt. v. 13.06.2002, Az.: 5 B 22.01) hat das Gericht allerdings nicht geprüft, ob eine Wohnraumknappheit auch tatsächlich besteht. Die OVG-Richter waren seinerzeit zu dem Ergebnis gekommen, dass dies seit September 2000 nicht (mehr) der Fall sei.
Es ist damit zu rechnen, dass der Prozess auch die nächste Instanz beschäftigen wird. Bis dahin gilt das ZwVbG im gesamten Berliner Stadtgebiet. Inzwischen sollen auch die Bezirksämter personell aufgestockt haben und gegen Gesetzesverstöße in diesem Bereich konsequenter vorgehen. Zudem ist es inzwischen sogar möglich, diese online ohne viel Aufwand der zuständigen Behörde zu melden. In das politische Umfeld vor der in diesem Jahr anstehenden Wahl passt die Entscheidung in jedem Fall. Vermieter von Ferienwohnungen haben es in Berlin weiter schwer.
Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin und twittert zu immobilienrechtlichen Fragen unter https://twitter.com/ra_schueller.
Dominik Schüller, VG bestätigt Zweckentfremdungsverbot: . In: Legal Tribune Online, 08.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19601 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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