Freihandelsabkommen mit Indien: Kein Ende der Ver­hand­lungen in Sicht

von Daniel H. Sharma und Benjamin Parameswaran

25.09.2015

Seit 2007 verhandeln die EU und Indien über ein Freihandelsabkommen. Manche der indischen Ängste vor einem FTA sind den europäischen vor TTIP ganz ähnlich. Und der Weg ist noch weit, meinen Daniel H. Sharma und Benjamin Parameswaran.

Die EU und Indien sind schon jetzt wichtige Handelspartner füreinander. Auch politisch setzt die EU auf Indien als stabilitätssichernde Macht in Asien.

Mit einer Wachstumsrate von 7 bis 10 Prozent pro Jahr ist die Republik eine der am schnellsten expandierenden Volkswirtschaften weltweit und überholt bei den Wachstumsraten nun sogar China. Seit 1990 hat sich das indische Pro-Kopf- Einkommen der heute ca. 1,2 Mrd. Einwohner weit mehr als verdoppelt. Auch der Handel zwischen der EU und Indien ist in den vergangenen zehn Jahren um 100 Prozent gestiegen.

Entsprechend versuchen die Verhandlungsparteien des Free Trade Agreement (FTA), den Marktzugang für Unternehmen und Personen weiter zu erleichtern. Das Abkommen soll unter anderem Kapitel über Dienstleistungen, Investitionen, das öffentliche Beschaffungswesen und geistige Eigentumsrechte enthalten.

Hohe Zölle und andere Barrieren

Tatsächlich könnte ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien bestehende Hemmnisse für den Handelsaustausch beseitigen und die bilaterale Kooperation fördern.

Solche Hemmnisse bestehen derzeit noch in vielerlei Hinsicht. Die aktuelle Entwicklung des Handels zwischen der EU und Indien bleibt weit unter ihren Möglichkeiten.

In erster Linie sind es hohe Zölle, die den Warenverkehr erschweren, komplizierte und langwierige Zollverfahren verlangsamen ihn zusätzlich.

Aber auch nichttarifäre Handelshemmnisse bremsen die Wirtschaft. Mengenmäßige Beschränkungen, Einfuhrlizenzverfahren, aufwändige Prüf- und Zertifizierungsvorschriften für Waren hemmen den Handelsaustausch.

Was Indien fürchtet

Anders als bei den multilateralen Verhandlungsrunden in der WTO, an denen Indien als überstimmbares Entwicklungsland teilnahm, agiert es im Rahmen des FTA als gleichberechtigter Verhandlungspartner.

Die indische Regierung spricht sich auch grundsätzlich für das FTA aus, denn ein Abkommen mit der EU bietet die Möglichkeit zur Erschließung neuer Märkte  und der Erweiterung der Geschäftstätigkeit indischer Unternehmen in der EU. Eine wichtige Rolle spielt für Indien dabei traditionell der Technologie- und Outsourcingbereich.

In Teilen der indischen Bevölkerung stößt das FTA allerdings auf große Ablehnung. Insbesondere die geplante Öffnung des indischen Marktes für ausländische Supermarktketten wird kritisiert. Der Einzelhandel  ist mit rund 40 Mio. Beschäftigten der zweitgrößte Wirtschaftssektor der Republik. Die Aufnahme eines liberalisierten Einzelhandels in das FTA würde europäischen Supermarktketten die Möglichkeit eröffnen, nach Indien zu expandieren. Dadurch entstünde ein Wettbewerb zwischen den Supermärkten und den heimischen Einzelhändlern, welcher sich zu deren Lasten auswirken könnte.

Auch die indische Agrarwirtschaft hat Bedenken. Das FTA könnte sich nach dortiger Einschätzung vor allem negativ auf die heimische Milch- und Geflügelwirtschaft auswirken. Schätzungen zufolge könnte die Einfuhr subventionierten Milchpulvers und von Butterfetten aus Europa rund 80 Mio. Beschäftigte im indischen Milchsektor bedrohen.

Allerdings, und das ist das Hauptargument der indischen Regierung für das Abkommen, würde eine gemeinsame Freihandelszone indischen Unternehmen bedeutende wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen. Zum Beispiel erhofft sich Indien durch das FTA einen größeren Transfer zukunftsweisender Technologien ins Land.

Zitiervorschlag

Freihandelsabkommen mit Indien: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16976 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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