Historisches Strafverfahren beginnt am Dienstag: Trump vor Gericht in New York

03.04.2023

Die Anklage gegen Donald Trump ist beispiellos - und ebenso die Bilder, die am Dienstag in New York zu erwarten sind, wenn der Ex-Präsident vor Gericht erscheinen muss. Es werden Proteste seiner Anhänger erwartet.

Nach der beispiellosen Anklage gegen Ex-US-Präsident Donald Trump wird der 76-Jährige in dieser Woche vor Gericht in New York erwartet. Die Anklageverlesung in Manhattan, zu der Trump erscheinen muss, ist für Dienstag angesetzt. Es geht in dem Fall um Schweigegeldzahlungen. New York bereitet sich auf einen großen Andrang und Demonstrationen vor. Erste Proteste sind bereits angekündigt. Trump wiederum kündigte für Dienstagabend eine Ansprache in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida an. Er nutzt die Anklage längst, um seine Anhänger:innen zu mobilisieren. "Am Dienstagmorgen werde ich, glaubt es oder nicht, ins Gerichtsgebäude gehen. Das ist nicht Amerika, wie es sein sollte!", verkündete Trump auf dem von ihm mitbegründeten Netzwerk Truth Social.

Trump muss sich als erster Ex-Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten in einem Strafverfahren verantworten. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan hatte am Donnerstagabend eine Anklage gegen den Republikaner bekanntgegeben, der sich erneut um eine Präsidentschaftskandidatur für die Wahl im November 2024 bewirbt.

Worum es geht und was am Dienstag passiert

Der Hintergrund: Die 44 Jahre alte Pornodarstellerin Stormy Daniels, die mit bürgerlichem Namen Stephanie Clifford heißt, hatte nach eigener Aussage 2006 Sex mit Trump, was dieser aber vehement bestreitet. Nach ihren Angaben lernten sich die beiden im Sommer 2006 bei einem Golfturnier-Wochenende am Lake Tahoe kennen und schliefen dort miteinander. Daniels plauderte in Interviews pikante Details der angeblichen Liaison aus und behauptet, Trump und sie hätten auch danach über Monate Kontakt gehabt. Trump weist all das als "falsche und erpresserische Anschuldigungen" zurück. Kurz vor seiner Wahl zum Präsidenten 2016 ließ Trump Schweigegeld an sie zahlen, was er nicht bestreitet. Die Zahlung könnte im Konflikt mit Regeln zur Wahlkampffinanzierung stehen.

Trumps Anwalt Joe Tacopina wies die Vorwürfe am Wochenende ebenfalls einmal mehr zurück. "Es handelte sich um eine persönliche Ausgabe, nicht um eine Wahlkampfausgabe", sagte Tacopina dem Fernsehsender CNN. Es gebe auch keinerlei Beweise über eine angebliche Fälschung von Geschäftsunterlagen. Die Anklageschrift ist bislang unter Verschluss, die genauen Anklagepunkte und Details werden erst mit der Anklageverlesung öffentlich.

Der Termin dafür ist nach Angaben mehrerer US-Medien für Dienstag um 14.15 Uhr Ortszeit (20.15 Uhr MEZ) im Gerichtsgebäude in Manhattan angesetzt. Trump wird dann kurzzeitig in Gewahrsam genommen, damit Fingerabdrücke und Polizeifotos von ihm gemacht werden können. Oft werden Angeklagten in diesen Situationen dann auch Handschellen angelegt - ob dies im Falle Trumps passiert, ist sehr fraglich. Es gilt auch als sicher, dass Trump danach wieder nach Hause zurückkehren kann.

Der wichtigste Zeuge: Trumps ehemaliger Anwalt

Entscheidend wird im Verfahren Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen sein. Mehr als ein Jahrzehnt lang arbeitete der Jurist für Trump und war eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Republikaner. Er wurde oft als Trumps "Ausputzer" beschrieben - bis es zum Bruch zwischen beiden kam. Vor Gericht und dem Kongress erhob Cohen danach schwere Vorwürfe gegen Trump. An der Glaubwürdigkeit Cohens dürfte der Fall maßgeblich hängen, weil er das direkte Bindeglied zwischen Trump und den Zahlungen ist. Er gilt als der wichtigste Zeuge.

Der heute 56-Jährige hat gestanden, 130.000 Dollar Schweigegeld an Stormy Daniels gezahlt zu haben, um zu verhindern, dass sie im Wahlkampf 2016 über die von ihr behauptete Affäre mit Trump sprach. Cohen sagt, er habe Zahlungen dieser Art an zwei Frauen vorgenommen – auf Anweisung von Trump. Im zweiten Fall geht es um Karen McDougal, ein früheres "Playboy"-Model. Sie hatte ebenfalls erklärt, eine Affäre mit Trump gehabt zu haben. Trump streitet auch das ab.

Alvin Bragg, der Ankläger

Weitere zentrale Figur in dem Prozess wird Alvin Bragg sein. Der 49-Jährige ist der erste Schwarze Chef-Ankläger Manhattans. Nun geht er auch als erster US-Staatsanwalt in die Geschichte ein, der einen Ex-Präsidenten anklagt. Bragg wird so zu einer Art Gegenspieler Trumps und damit auch zu einem Feindbild der amerikanischen Rechten.

Bragg wuchs in den 80er-Jahren im Manhattaner Viertel Harlem auf und erlebte Kriminalität am eigenen Leib. Nach seinem Start als Bezirksstaatsanwalt Anfang 2022 geriet der Familienvater zunächst intern unter Druck, weil er mehr Ressourcen auf die Verfolgung schwerer Gewaltverbrechen und weniger auf Vergehen im Zusammenhang etwa mit Drogen oder Prostitution verwenden wollte. Auch wurde er dafür kritisiert, zu zaghaft gegenüber Trump zu sein, weil er mit dem jetzigen Fall in Verbindung stehende Ermittlungen nicht zur Anklage brachte. Bragg erklärte in einem seiner wenigen TV-Interviews nur: "Ich bringe harte Fälle, wenn sie bereit sind."

Diese Hürde hat die Anklage gegen Trump nun genommen. Bragg und seine Mitarbeiter sind damit ins Visier von Drohungen und Verunglimpfungen aller Art geraten. Die Rechte zeichnet Bragg als Demokraten, der Trump für die Wahl 2024 aus dem Weg räumen will. Eine indirekte Wahlkampfunterstützung Braggs durch den bei Konservativen verhassten US-Investor George Soros gibt ihnen zusätzliche Munition.

Trump sieht sich als Opfer der Justiz und New York erhöht die Sicherheitsvorkehrungen

In den vergangenen Tagen war bereits spekuliert worden, ob Trump den nie da gewesenen Auftritt am Gericht in New York nutzen könnte, um sich selbst in Szene zu setzen und als Opfer oder Märtyrer darzustellen. Trump wertet die Anklage als "politische Verfolgung und Wahlbeeinflussung". Mit einem Auftritt in seinem eigenen Anwesen in Florida nach dem Prozedere in New York dürfte Trump versuchen, ein Zeichen der Stärke auszusenden. Sein Wahlkampfteam betonte bereits in den vergangenen Tagen, allein in den ersten 24 Stunden nach der Verkündung der Anklage seien mehr als vier Millionen Dollar an Wahlkampfspenden zusammengekommen. Auch Trumps Umfragewerte seien dadurch nur nach oben gegangen. Trump hat bereits andere Ermittlungen in der Vergangenheit dazu genutzt, um seine Anhänger:innen zu mobilisieren.

Für Dienstag hat der "New York Young Republicans Club" zu einer Demonstration in einem Park in unmittelbarer Nähe des Gerichts aufgerufen. Dort will die radikale Republikanerin Marjorie Taylor Greene auftreten. Die glühende Trump-Anhängerin schrieb auf Twitter: "Wir müssen gegen die verfassungswidrige Hexenjagd protestieren!" Sie steht in der Partei ganz rechts außen, verbreitet Verschwörungstheorien und hetzt regelmäßig gegen Minderheiten.

Auch Trump hatte seine Anhänger:innen bereits vor der Verkündung der Anklage zu Protesten aufgerufen. Sein Appell weckte düstere Erinnerungen an die Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Damals hatte Trump Anhänger:innen angestachelt, die dann gewaltsam ins Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Washington eindrangen. Es gibt nun Befürchtungen, dass die Anklage gegen Trump in New York erneut zu gewalttätigen Aufmärschen führen könnte.

In New York haben die Behörden seit Tagen die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Vor dem Gerichtsgebäude im Süden Manhattans sind Absperrungen aufgebaut. Zivilpolizist:innen in New York sind seit Tagen angehalten, ihre Dienstuniform zu tragen, um die sichtbare Polizeipräsenz zu erhöhen. Bisher kam es vor Gericht und vor Trumps Hochhaus in Manhattan, dem Trump Tower, nur zu vereinzelten Protesten.

Trotz Verurteilung könnte Trump erneut für die Präsidentschaft kandidieren

Diverse Republikaner:innen, selbst Trumps parteiinterne Konkurrent:innen, reagierten empört auf die Anklage und nannten den Schritt skandalös. Ein Parteikollege aber stellte sich offen gegen Trump: Der republikanische Ex-Gouverneur des Bundesstaates Arkansas, Asa Hutchinson, verkündete am Sonntag in einem Interview mit dem Sender ABC seine eigene Präsidentschaftsbewerbung und rief Trump zugleich auf, sich wegen der Anklage aus dem Rennen zurückzuziehen. Der Rechtsstreit lenke ab und Trump sollte sich lieber darauf konzentrieren, anstatt seine Präsidentschaftsbewerbung weiterzuverfolgen, sagte Hutchinson.

Ein Prozess und eine potenzielle Verurteilung könnten Trumps Pläne für eine erneute Präsidentschaftskandidatur allenfalls in politischer Sicht beeinträchtigen. Rein rechtlich dagegen dürfte Trump theoretisch auch als verurteilter Straftäter bei der Wahl 2024 antreten, wie Rechtsexpert:innen betonen. Das weitere juristische Prozedere könnte sich aber lange hinziehen. Vor einem Prozess gibt es zunächst eine Reihe von Anhörungen und die Möglichkeit, allerlei Anträge zu stellen. Trumps Anwält:innen dürften hier versuchen, die Vorgänge zu verzögern und einen Prozess zum Platzen zu bringen. Es laufen allerdings auch noch weitere Klagen gegen Donald Trump.

dpa/ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Historisches Strafverfahren beginnt am Dienstag: . In: Legal Tribune Online, 03.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51468 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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