2/2: Geldzahlung in Höhe von bis zu 15 Prozent des Umsatzes droht
Im Fall der Fälle wird der Verband gem. § 4 Abs. 1 VerbSG-E mit einer Geldzahlung sanktioniert (sog. Verbandssanktion), die auch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Höhe der Geldzahlung kann bis zu 15 Prozent des Umsatzes des Verbandes betragen (§ 4 Abs. 2 S. 1 VerbSG-E). Schon früher hatte etwa Transparency International eine umsatzorientierte Sanktionierung von Unternehmen vorgeschlagen.
In dem vorgelegten Entwurf ist die potentielle Höchstsanktion für den betroffenen Verband allerdings regelmäßig krasser als in den Fällen des § 30 OWiG. Dort ist die Höhe der Geldbuße grundsätzlich auf 10 Millionen Euro (für Vorsatz) bzw. fünf Millionen Euro (für Fahrlässigkeit) je Fall begrenzt.
Im Gesetzentwurf nicht geregelt ist das Verhältnis der Verbandssanktion (§ 4 VerbSG-E) zu der Einziehung von Taterträgen (§ 7 VerbSG-E i.V.m. §§ 73 bis 76b StGB). De lege lata können nach § 30 Abs. 5 OWiG Geldbuße und Einziehung nur eingeschränkt nebeneinander zum Einsatz kommen. Da im VerbSG-E eine entsprechende Regelung fehlt, dürften nach der Intention der Entwurfsurheber Verbandssanktion und Einziehung nebeneinander zur Anwendung kommen – eine nochmals gesteigerte Belastung für Unternehmen im Vergleich zur aktuellen Rechtslage. Das Risiko der Existenzvernichtung von Unternehmen können die Entwurfsverfasser aber eigentlich nicht gewollt haben: Ein insolventes Unternehmen zahlt gegebenenfalls nicht nur keine Sanktion, sondern nützt dem Gemeinwohl letztlich nichts.
Der "Monitor" zur Überwachung der Einhaltung von Auflagen
Interessant ist die an den US-amerikanischen Rechtsraum angelehnte Möglichkeit des Gerichts, für eine Bewährungszeit einen Monitor zu bestellen, der die Einhaltung der Auflagen überwachen soll (§ 5 Abs. 4 VerbSG-E). Dies korrespondiert mit der Bewährungshilfe für natürliche Personen (§ 56d StGB). Nach § 14 Abs. 4 S. 1, 2 VerbSG-E kann auch die Staatsanwaltschaft zur Überwachung der Erfüllung von Auflagen Monitore bestellen. Ob letzteres angesichts der Reichweite einer solchen Kontrollfunktion uneingeschränkt glücklich ist, mag bezweifelt werden. Der Druck, einen bestellten Monitor zufriedenzustellen, könnte für Verbände eine kostspielige Angelegenheit werden, die die Kosten des Monitors zu tragen haben. Der Einsatz US-amerikanischer Monitore hat deutsche Unternehmen teilweise dreistellige Millionenbeträge gekostet.
Erstmals finden sich in § 18 VerbSG-E Regelungsvorschläge für interne Untersuchungen. Dies verdient im Grundsatz große Zustimmung: Nach § 18 Abs. 1 S. 2 VerbSG-E bestehen Zeugnisverweigerungsrechte für Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte über den Ablauf und die Ergebnisse interner Untersuchungen. Damit wird einer langjährigen Forderung aus Wissenschaft und (Anwalts-)Praxis Rechnung getragen. Konsequenterweise dürfen Aufzeichnungen über interne Untersuchungen nicht beschlagnahmt (§ 18 Abs. 2 VerbSG-E) und Angaben eines Zeugen, die dieser im Rahmen der internen Durchsuchung macht, nicht in einem Strafverfahren gegen ihn verwendet werden (§ 18 Abs. 3 VerbSG-E). Das Dilemma des arbeitsrechtlich aussagepflichtigen Mitarbeiters, der sich selbst belasten müsste, wird damit zu seinen Gunsten gelöst.
Zu allgemein bleibt jedoch die Definition einer internen Untersuchung in § 18 Abs. 1 S. 1 VerbSG-E. Die Frage, ab wann eine "Maßnahme" zur Aufklärung verbandsbezogener Zuwiderhandlungen vorliegt, dürften Staatsanwaltschaft und Verteidigung naturgemäß unterschiedlich beurteilen. Dies sollte jede irgendwie geartete und vom Unternehmen veranlasste Sachverhaltsaufklärung eines Regelverstoßes sein, die von dafür spezialisierten internen Abteilungen (Interne Revision/Compliance) oder durch externe Berater (Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer) durchgeführt worden ist.
Unternehmen müssen sich nach alledem warm anziehen, denn das Unternehmensstrafrecht wird wohl mittelfristig Gesetz werden. Bis dahin gilt es, eventuell vorhandene Schwachstellen bei den "klassischen" Themen wie Korruptionsanfälligkeit, Tax Compliance und Außenwirtschaftsrecht sowie branchenspezifische Risiken zu erkennen und zu schließen.
Dr. Simone Kämpfer ist Partnerin der Düsseldorfer Kanzlei tdwe Rechtsanwälte. Vor ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin war sie Staatsanwältin. Professor Dr. Christoph Knauer ist Partner der Münchener Kanzlei Ufer Knauer und Honorarprofessor für Wirtschaftsstrafrecht und strafrechtliche Revision an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Beide vertreten und beraten Unternehmen in Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren.
Der Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26017 (abgerufen am: 07.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag