Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sollen "potenziell aggressive" Steuersparmodelle an Steuerbehörden melden, so will es die EU. Tino Duttiné zu diesem erstaunlichen Vorhaben.
Die geplanten Änderungen der Steuertransparenz-Richtlinie haben es in sich: Künftig müssen Steuerpflichtige "potenziell aggressive" Steuersparmodelle an Steuerbehörden melden. Doch die Offenlegungspflicht für derartige Steuergestaltungen soll auch sonstige Akteure betreffen, die an der Entwicklung und Verbreitung der Gestaltung beteiligt sind. Neben Banken und Finanzvermittlern können hierunter grundsätzlich auch Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer fallen.
Der Vorschlag der EU-Kommission kommt nicht überraschend. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat eine zwingende Offenlegungspflicht vorgeschlagen. Staaten wie die USA, Kanada, Großbritannien oder Australien haben bereits vergleichbare Regelungen. Diese dienten als Grundlage für die Vorschläge der OECD und der EU-Kommission.
Auch in Deutschland gab es bereits vergleichbare Vorschläge, zuletzt beispielsweise im November 2016 aus dem Finanzministerium Schleswig-Holsteins. Selbst ein ausformulierter Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) liegt vor, er stammt aus dem Jahr 2007.
Das Glück des Berufsprivilegs
Neu oder innovativ ist die Idee der Kommission also nicht. Trotzdem wird seit langem über die Zulässigkeit einer solchen Offenlegungspflicht diskutiert. Es überrascht nicht, dass berufsständische Organisationen wie der Deutsche Anwaltsverein oder der Deutsche Steuerberaterverband sich vehement gegen eine solche Verpflichtung ihrer Mitglieder aussprechen. Sie sehen das Ende der beruflichen Verschwiegenheit nahen. Das Max-Planck Institut für Steuerrecht und öffentliche Finanzen (MPI) legte im Sommer 2016 ein vom BMF beauftragtes Gutachten zur verfassungs- und europarechtlichen Zulässigkeit vor. Es kam zu einem grundsätzlich positiven Ergebnis. Es bleibt jedoch der Analyse der detaillierten Regelungen vorbehalten, ein endgültiges Ergebnis zu erzielen.
Was regelt der Vorschlag der Kommission nun? Zunächst wird die Offenlegungs- bzw. Mitteilungspflicht gegenüber den Finanzbehörden in persönlicher Hinsicht bestimmt. Primär mitteilungspflichtig sind so genannte Intermediäre. Dies sind Personen, die gegenüber dem Steuerpflichtigen für die Entwicklung, den Vertrieb oder die Implementierung der Steuermodelle verantwortlich zeichnen. Hierzu zählen auch diejenigen, die im Rahmen einer solchen Gestaltung beratend tätig sind. Beschränkt ist der Kreis nur unwesentlich durch das Erfordernis der persönlichen, steuerlichen oder beruflichen Ansässigkeit innerhalb der EU. Faktisch kann jede Person mit entsprechender Nähe zum Meldepflichtigen werden.
Eine sehr wichtige Ausnahme von der persönlichen Meldepflicht besteht für diejenigen, die aufgrund beruflicher Verschwiegenheitspflichten (legal professional privilege) nicht zur Offenlegung ihrer Mandatsinhalte verpflichtet werden dürfen. Greift diese Ausnahme, so kommt die subsidiäre Meldepflicht des Steuerpflichtigen, der die betreffende Gestaltung "nutzt", zur Anwendung. Der verschwiegene Intermediär hat den Steuerpflichtigen über seine Mitteilungspflicht zu informieren. Auch im Falle einer Eigenkreation des Steuerpflichtigen muss dieser selbst melden.
Reform der Steuertransparenzrichtlinie: . In: Legal Tribune Online, 27.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23294 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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