An diesem Wochenende beginnt die neue Bundesligasaison. Wer glaubt, dabei ginge es nur um Fußball, der irrt: Stadionbesuche führen zu den unterschiedlichsten Rechtsstreitigkeiten. Im schlimmsten Fall kann das Betrachten des Spiels sogar den Job kosten.
Der Vater eines jugendlichen Fußballspielers aus Niedersachsen ging zu jedem Match seines Filius. Mit stolz geschwellter Brust verfolgte Papa die Flanken, Dribblings und Torschüsse seines Sohnemanns.
Bei einem Spiel im Jahr 2009 ging es besonders heiß her: Nach mehreren unsportlichen Aktionen war die Stimmung unter den Kickern sowie beim Publikum auf dem Siedepunkt.
Als der Vater glaubte, bei einem der Gegenspieler eine erneute Unsportlichkeit entdeckt zu haben, platzte ihm der Kragen. "Fick Deinen Esel", schleuderte der Niedersachse dem vermeintlichen Missetäter entgegen. Die Verbalinjurie hatte Folgen: Das Verbandssportgericht verurteilte den das Match austragenden Verein zu einer Geldstrafe von 400 Euro.
Choleriker, bitte zur Kasse
Das Geld wollte der Club von dem vulgären Schreihals wieder haben. Vor Gericht – diesmal dem Amtsgericht – gelang dies auch. Die Gewährung des kostenlosen Zutritts zum Platz wertete der Richter als "Gefälligkeitsverhältnis eigener Art". Aus diesem Verhältnis erwachse für den Zuschauer die Pflicht, die "allgemeinen, gesellschaftlichen Umgangsformen zu beachten". Dies hatte der Spielervater nach Ansicht des Gerichts eindeutig versäumt.
Dass die Stimmung bereits vor seinem Ausbruch aggressiv aufgeheizt war, half dem Schandmaul auch nicht weiter. Als Spielervater, so das Gericht, habe der Beklagte eine Vorbildfunktion gehabt. Statt die Stimmung weiter hochzuschaukeln, habe der Niedersachse "deeskalierend" einwirken sollen (Amtsgericht Lingen, Az. 4 C 1222/09).
Fehlpässe, die ins Auge gehen
Pralle Flanken und druckvolle Pässe können nicht nur für die Player auf dem Feld gefährlich werden. Mitunter verirrt sich ein mit Schmackes gespielter Ball auch in den Zuschauerraum. Geht ein solcher Schuss im wahrsten Sinne des Wortes "ins Auge", haben die Getroffenen juristisch schlechte Aussichten. Die Gerichte verlangen von Fußballfans viel: Zuschauer, so die herrschende Meinung, müssten mit "abirrenden" Bällen rechnen und sich durch Anlegen einer "gewissen Sorgfalt" selber schützen (Oberlandesgericht Hamm, Az. 11 U 64/93).
Mehr Glück haben Unbeteiligte nur, wenn der Fehlpass weit außerhalb des Spielfeldes, etwa bei Geschicklichkeitstraining vor dem Vereinsheim, geschossen wird. In dieser "unverdächtigen Atmosphäre" muss ein weiblicher Fußball-Fan nicht damit rechnen, durch einen Querschläger massiv am Kinn und am Gaumen verletzt zu werden. Der Unglücks-Schütze muss in diesem Fall Schadensersatz sowie Schmerzensgeld zahlen (Landgericht Trier, Az. 5 O 44/94).
VIP-Tribüne als Sprungbrett in die Arbeitslosigkeit
Der Personalleiter eines Unternehmens aus Rheinland-Pfalz freute sich wie ein Schneekönig: Die Chefs einer anderen Firma schenkten dem Fußballnarr eine Karte für die VIP-Loge bei einem Bundesligaspiel – Bewirtung eingeschlossen.
Der Haken an der Sache: Die großzügigen Schenker waren Inhaber eines Personalvermittlungsunternehmens, das in der Vergangenheit bereits mehrfach dem Personalleiter gegen Bezahlung Leiharbeiter vermittelt hatte.
Als der Arbeitgeber des beschenkten Personalers Wind von der "milden Gabe" bekamen, warfen sie den Fußball-Freak kurzerhand raus.
Die Kündigung hielt auch vor Gericht. Es sei "gerichtsbekannt", so die Robenträger am zuständigen Landesarbeitsgericht (LAG), dass derartige Eintrittskarten einen "nicht unerheblichen Wert" – jedenfalls über 100 Euro – hätten. Dies reiche aus, um anzunehmen, dass sich der Beschenkte nicht mehr ausschließlich an den Interessen seines Brötchengebers orientiere. Dieser Eindruck der "Käuflichkeit" reiche für eine Kündigung aus (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 9 Sa 572/08).
Der Verfasser Dr. Uwe Wolf ist Jurist und freier Autor in Düsseldorf.
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Uwe Wolf, Start der Bundesliga : . In: Legal Tribune Online, 20.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1254 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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