Rechtsfolgen des bald geltenden Verbotes, Immobilien mit Bargeld zu bezahlen, verunsichern die Notare. Das öffentliche Vertrauen in das Grundbuch drohe Schaden zu nehmen. Außerdem warnen sie vor unverhältnismäßigen Kontrollpflichten.
"Strukturelle Verbesserungen" bei der Durchsetzung von Wirtschaftssanktionen und bei der Bekämpfung von Geldwäsche möchte die Ampel mit ihrem Zweiten Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (Sanktionsdurchsetzungsgesetz II) erreichen. Das Gesetz soll noch im November im Deutschen Bundestag verabschiedet werden und Anfang 2023 in Kraft treten.
Bei einem Berufsstand sorgt das Vorhaben jedoch für erhebliche Kopfschmerzen: Bei den Notarinnen und Notaren. Ihre Interessenvertreter äußerten auch auf einer am Montag im Finanzausschuss des Bundestages durchgeführten Sachverständigenanhörung massive Bedenken gegen einige Regelungen, die der Geldwäsche im Zusammenhang mit einem Immobilienerwerb entgegenwirken sollen.
Die Kritik der Notarverbände richtet sich gegen Rechtsfolgen des geplanten Verbotes, Immobilientransaktionen künftig mit Bargeld zu bezahlen. Notare sollen dieses Verbot überwachen und Verstöße melden müssen. Der Ausschuss Anwaltsnotariat im Deutschen Anwaltverein (DAV) warnt in seiner Stellungnahme zu dem Gesetz vor Konsequenzen: "Sollte der Entwurf Gesetz werden, würde dies die Beratungs- und Beurkundungspraxis in Deutschland erheblich verändern."
DAV: "Dauerhaftes Risiko der Rückabwicklung"
Der Unmut der Notare richtet sich dabei nicht gegen das Barzahlungsverbot an sich: "Den Immobilienkauf mit Bargeld zu verbieten, ist richtig", sagt Rechtsanwältin und Notarin Dörte Zimmermann, Berichterstatterin zudem Vorhaben im DAV-Ausschuss. Und auch die Bundesnotarkammer (BNotK) betont, sich schon seit langem für die Einführung eines Barzahlungsverbots bei Immobiliengeschäften ausgesprochen zu haben.
Was die Notare jedoch besorgt, ist, dass Bargeldzahlungen bei Immobilienkauf auch "auf Dauer keine Erfüllungswirkung" haben sollen. Wird im Grundbuch also eine Eigentumsübertragung dokumentiert, steht der rechtswirksame Erwerb eigentlich immer unter dem Vorbehalt, dass bei dem Geschäft auch nach der Eintragung keinerlei Bargeld zur Erfüllung des Kaufvertrages geflossen ist.
Der DAV kritisiert das: "Mit der Regel, dass Bargeldzahlungen keine Erfüllungswirkung haben, schafft der Gesetzgeber ein im Gesetz angelegtes dauerhaftes Risiko der Rückabwicklung in einem Umfang und Regelmäßigkeit, dass jeder potenzielle Erwerber von Immobilien sowie alle Gläubiger, insbesondere Banken, regelmäßig mit potenziellen Rückabwicklungen rechnen müssen. Es droht, dass ohne nähere Prüfung zur Beseitigung von etwaiger Unkenntnis sich keiner mehr auf den öffentlichen Glauben des Grundbuchs gemäß § 892 BGB in Bezug auf einen korrekten Vorerwerb verlassen kann oder wird." Der öffentliche Glaube des Grundbuches werde untergraben, wenn auf die Eintragungen darin kein Verlass mehr sein könne, warnt DAV-Anwaltsnotarin Zimmermann.
Kritik auch an Kontrollpflichten
Auf massive Vorbehalte stoßen bei den Notaren auch die im Gesetz vorgesehenen umfangreichen Prüf- und Kontrollpflichten, die der Gesetzgeber ihnen auferlegt, um das Barzahlungsverbot bei Immobiliengeschäften, geregelt im neuen § 16a Geldwäschegesetz (GwG), sicherzustellen. BNotK-Präsident Jens Bormann erläutert gegenüber LTO: "Die Vertragsparteien müssen dem Notar zukünftig nachweisen, dass sie den Kaufpreis unbar geleistet haben, etwa durch Vorlage eines Kontoauszugs. Ohne einen Nachweis darf der Notar grundsätzlich keinen Antrag auf Umschreibung des Eigentums auf den Käufer stellen."
Nun aber müssen die Notare künftig auch Kaufpreiszahlungen, die nach einer Eigentumsumschreibung erfolgen, bis zu zwei Jahre lang kontrollieren. Dies, so die BNotK, bedeute einen "erheblichen Aufwand ohne wirklichen Nutzen".
Zudem verweist die BNotK in ihrer Stellungnahme an den Finanzausschuss auf diverse praktische Probleme, die mit der Neuregelung verbunden wären: "Der Notar muss in vielen Fällen erst zwei Jahre nach dem letzten Kontakt mit Mandanten die Gegenleistung überprüfen. Dies führt zu Unverständnis bei Beteiligten." Seien Beteiligte mittlerweile verstorben oder habe der Notar sein Amt niedergelegt, führe das zu weiteren Problemen.
In der Anhörung am Montag bekräftigte Kammerpräsident Bormann, dass es für die Verpflichtung auch keinen wirklichen Bedarf mit Blick auf eine effektive Geldwäschebekämpfung gebe. Schließlich handele sich häufig um Verträge von Senioren, die ihre Eigentumswohnung gegen Zahlung einer monatlichen Leibrente verkauften.
Bundesnotarkammer und DAV für Meldepflicht
Anstatt umfangreichen Kontrollpflichten nach dem Eigentumserwerb vorzusehen, plädiert die Kammer für einen Alternativvorschlag: "Vorgesehen werden sollte eine Meldepflicht für den Fall, dass eine Kaufpreiszahlung nach Eigentumsumschreibung vereinbart wird, ohne dass es hierfür einen nachvollziehbaren Grund gibt." Eine solche Meldepflicht würde gegenüber einer nachgelagerten Überwachungspflicht deutlich weniger Bürokratie bedeuten.
Diese Auffassung teilt auch Anwaltsnotarin Zimmermann: "Der DAV bevorzugt eine rein verfahrensrechtliche Regelung durch die Begründung einer neuen Meldepflicht, um das Verbot des bargeldlosen Immobilienerwerbs durchzusetzen."
Mit dem Verbot von Bargeschäften, so Zimmermann, greife der Gesetzgeber in die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Erfüllung von Kaufverträgen ein. "Ein solcher Eingriff in das Zivilrecht führt zu einer Vielzahl von Folgefragen, die offen bleiben. Da nur eine Abwicklung über das Notaranderkonto die für den Immobilienmarkt notwendige Rechtssicherheit bei Übertragung von Grundbesitz auf Dauer gewährleisten wird, wird sich die Beratungs- und Beurkundungspraxis hierauf einstellen müssen bzw. diesen Weg über die Abwicklung von Notaranderkonten zukünftig fordern."
Bekämpfung von Geldwäsche: . In: Legal Tribune Online, 21.11.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50235 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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