2/2: Ribérys Rücktritt als ungeschriebene Ausnahme
Doch selbst wenn man von einer wirksamen Vereinbarung im Arbeitsvertrag ausgeht, wäre es im Falle einer Verweisung fraglich, ob die streitige FIFA-Norm tatsächlich geschaffen worden ist, um einen Fall wie den des Franzosen zu regeln. Immerhin ist die "Causa Ribéry" ein Novum. Bislang waren lediglich Fälle relevant, in denen die Clubs ihre Spieler nicht abstellen wollten und damit in Konflikt zu den entsprechenden Landesverbänden gerieten. Und genau auf diese Situationen zielen die FIFA-Normen originär ab.
Insofern erscheint es konsequent, dass die FIFA Art. 3, der die Verpflichtung der Spieler regelt, so ausgestaltet hat, dass er seinem Wortlaut nach Ausnahmen zulässt. Normtechnisch ist das durch das Einfügen des Wortes "grundsätzlich" geschehen. Zwar hat die FIFA es versäumt, konkrete Ausnahmen zu benennen. Insbesondere sucht man vergeblich nach einer Regelung, die etwa einen vom Spieler veranlassten Rückzug aus persönlichen, gesundheitlichen oder sonstigen Gründen erfasst.
Dennoch hat Ribéry keine schlechten Argumente, wenn er sagt, dass er sich künftig mehr seiner Familie widmen, sich auf seine Aufgaben beim FC Bayern konzentrieren und den vielen jungen Spielern in der Nationalmannschaft den Platz überlassen will. Diese Motive könnten durchaus als ungeschriebene Ausnahmen unter Art. 3 subsumiert werden.
Platinis Bärendienst
Offen bleibt die Intension Platinis, der sich mit seiner Androhung rechtlicher Konsequenzen weit aus dem Fenster gelehnt hat. Denn selbst wenn Ribéry tatsächlich verpflichtet sein sollte, für die Équipe Tricolore zu spielen, wäre es doch weder Platinis Aufgabe noch die der der UEFA, eine Sanktion gegenüber dem FC Bayern München zu vollstrecken. Dies bleibt ausschließlich Angelegenheit der FIFA auf Ersuchen der FFF. Und die von Platini erwähnte Sperre für eine bestimmte Anzahl von Spielen ist als Sanktion in den Statuten ohnehin nicht vorgesehen. Art. 5 des Anhangs regelt vielmehr, dass lediglich ein Spielverbot des Nominierten während des Abstellungszeitraums für den Verein verhängt werden kann.
Platini hat der Grande Nation also einen Bärendienst erwiesen. Denn nach seiner öffentlichen Attacke gegen Ribéry wird dieser wohl kaum aus freien Stücken zur Nationalmannschaft zurückkehren. Die internationale Karriere des kleinen Franzosen ist damit aber noch längst nicht vorbei. Ribéry strebt unter anderem das Champions-League-Finale 2015 in Berlin an. Das hat er übrigens auch mit Phillip Lahm gemeinsam.
Der Autor Johannes Arnhold ist Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Sportrecht und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtswissenschaft an der Technischen Universität Ilmenau sowie Lehrbeauftragter für Sportrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist Mitautor eines Lehrbuchs zum Sportrecht.
Johannes Arnhold, Ribérys Rücktritt aus der französischen Nationalelf: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13143 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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