RB Leipzig steht kurz vor dem Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga. Doch um die Zweitliga-Lizenz von der DFL zu erhalten, muss der Verein nicht nur die Mitgliedsbeiträge senken, sondern auch die Zahl der Red-Bull-Mitarbeiter in den Führungsgremien reduzieren. Johannes Arnhold hält diese Forderungen für rechtlich unzulässig und stört sich am Engagement von Red Bull auch gar nicht.
Für die einen ist es ein Marketing-Projekt des Red-Bull-Konzerns, das die Grundwerte des deutschen Fußballs angreift. So war etwa in der Titelstory des Fußball-Magazins 11 Freunde im Frühjahr dieses Jahres von einer "schallenden Ohrfeige für die Fußballkultur" zu lesen. Für die anderen ist es ein gut strukturiertes und konkurrenzfähiges Unterfangen im modernen Fußballbusiness und damit vor allem ein Hoffnungsschimmer im tristen Grau des Fußball-Ostens.
Fakt ist: RB Leipzig steht kurz vor dem Aufstieg in die Zweite Fußball-Bundesliga und wird damit voraussichtlich innerhalb von fünf Jahren nach Gründung den Sprung von der Oberliga in die zweithöchste deutsche Spielklasse vollzogen haben.
Zeitgleich zum sportlichen Erfolg erhitzt nun die Debatte um die Zweitliga-Lizenz die Gemüter. Der Grund: Die für die Lizenzierung der ersten und zweiten Spielklasse zuständige Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat den Messestädtern zwar eine Lizenz für die Zweite Liga erteilt – allerdings unter Auflagen, wie kicker berichtet. Drei Bedingungen muss der Club erfüllen: sein Logo ändern, den Mitgliedsbeitrag senken und die Besetzung der Führungsgremien ändern.
Logo: zwei rote Bullen – unzulässige Werbung für Red Bull?
Schon die Forderung nach einer Änderung des Logos ist problematisch. Der DFL fehlt es schlichtweg an der Kompetenz hierzu. Zwar ist die Lizenz nichts anderes als die höchstpersönliche Berechtigung des Lizenznehmers zur Nutzung der Vereinseinrichtungen der 1. oder 2. Bundesliga auf vertraglicher Grundlage. Allerdings hat sich die DFL mit der Lizenzordnung (LO) für die 1. und 2. Bundesliga ein eigenes Regelwerk gegeben, an das sie gebunden ist.
In der LO sucht man nun aber vergebens nach eine Regelung, die es verbietet, in ein Clubemblem Werbung einzubauen. Zwar trifft § 9 des Anhangs IV zur Lizenzordnung der DFL (Richtlinien für die Spielkleidung und die Ausrüstung) Regelungen zum Clubemblem. Diese betreffen jedoch vor allem Vorgaben dazu, wie Logos auf dem Trikot anzubringen sind. Daneben gibt es in § 9 Abs. 5 eine Anzeigepflicht für Änderungen des Clubemblems gegenüber der DFL. RB möchte sein bestehendes Logo aber weiter führen und nicht etwa ein neues verändertes Logo mit in die Zweite Liga nehmen.
Die beiden Bullen auf dem Logo von RB Leipzig könnte allerdings dem Markenemblem von Red Bull zu nahe kommen und damit verbotene Werbung sein. Nach § 4 Nr. 3 LO muss sich der Lizenznehmer den Regelwerken des Deutschen Fußball-Bunds (DFB) unterwerfen. Dazu zählen auch allgemeinverbindliche Vorschriften über die Beschaffenheit und Ausgestaltung der Spielkleidung, wonach das Vereinsemblem keine Werbung enthalten darf.
Der DFB, der die Lizenzen für die 3. Liga erteilt, hatte allerdings keine Bedenken, dass das Bullen-Logo von RB Leipzig gegen die Regelung verstößt. Der Sächsische Fußallverband (SFV) hat zwar zunächst Zweifel an der Zulässigkeit des Bullen-Logos. Nach Aussage des SFV-Präsidents Klaus Reichenbach wurden diese jedoch in Abstimmung mit der Rechtsabteilung des DFB beseitigt, mit dem Ergebnis, dass die nun aktuelle Logo-Version als eine von drei Varianten für das Logo für zulässig erachtet worden ist. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die DFL nun auf der Grundlage derselben Vorschrift zu einer anderen Bewertung kommen kann als der DFB.
Mitgliedsbeitrag: autonome Entscheidung der Vereine
Nach Auffassung der Frankfurter Liga-Vertreter stellt der Verein zudem zu hohe Hürden für potentielle Mitglieder auf. Der Jahresbeitrag beträgt 800 Euro plus eine Aufnahmegebühr von 100 Euro.
Allerdings liegt es im Ermessen des Vereins, wen er als Mitglied aufnehmen will und was das kosten soll. Das ist Ausfluss der Vereinsautonomie, die in Art. 9 Abs. 1 des Grundgesetzes verfassungsrechtlich verankert ist. Danach können die Vereine ihre Angelegenheiten selber durch die Satzung regeln, sofern der Gesetzgeber dies nicht bereits im Vereinsrecht, §§ 21 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), getan hat. Zu der Höhe von Mitgliederbeiträgen enthält das BGB aber keine Regelung.
Selbstverständlich dürfen Vereine aber keine sittenwidrigen Regelungen in ihre Satzungen aufnehmen. Zwar mag ein jährlicher Mitgliedsbeitrag in Höhe von 800 Euro im Vergleich zu anderen Bundesligavereinen hoch erscheinen, sittenwidrig ist er aber deshalb noch nicht.
Ein Verein und ausgegliederte Kapitalgesellschaft kann man nicht gleichsetzen
Da überzeugt die Kritik der DFL an der Besetzung der Führungsgremien noch eher. Der Lizenzierungsausschuss bemängelte, dass die Führungsgremien des Vereins mehrheitlich mit Mitarbeitern oder Beauftragten von Red Bull besetzt sind. Dies widerspreche dem zentralen Grundgedanken der "50+1"-Regelung, berichtet kicker.
Aber allein das nachvollziehbare Ansinnen der Liga, gleiche Verhältnisse herzustellen, kann nicht über eine fehlende Rechtsgrundlage hinwegtäuschen. Denn die 50+1 Regel, welche eine bestimmende Einflussnahme Dritter (z.B. von Investoren) auf sportliche Entscheidungen eines Clubs beschränken will und in § 16c der DFB-Satzung verankert ist, bezieht sich ihrem Wortlaut nach eindeutig nur auf Kapitalgesellschaften, die aus Vereinen ausgegliedert worden sind. Auf den RB Leipzig trifft das jedoch nicht zu. Schließlich ist man noch in der Urform des Sportclubs, nämlich dem eingetragenen Verein organisiert.
Auch eine Übertragung des Grundgedankens im Wege der Analogie auf eingetragene Vereine ist nicht möglich. Wegen der nachträglich in die Satzung des DFB aufgenommen Vorschrift zur 50+1-Regel, ist von einer bewussten Regelungslücke auszugehen.
Rechtlich nicht zu beanstanden – und moralisch?
Die DFL hat sich mit der bedingten Lizenz auf rechtlich dünnes Eis begeben. Ob der Verein aber tatsächlich dagegen vorgeht, steht auf einem anderen Blatt. Die bisherige Kommunikationspolitik spricht eher dagegen; zu professionell und fokussiert auf die sportlichen Ziele stellt sich der Club in der Öffentlichkeit dar. Anfeindungen aus anderen Vereins- und Fanlagern sorgen sowieso schon für genügend negative Schlagzeilen.
Wenn man es nicht so gut meint mit den Leipzigern, wird man sagen müssen, dass sich ein Brause-Ableger hier die Lücken des deutschen Vereins- und Verbandsrechts zu Eigen gemacht hat, um sein Marketingprojekt voranzubringen.
Man kann aber auch sagen: Mit juristischem Geschick und großer Kompetenz arbeitet man zurzeit in Leipzig an der Wiederbelebung ostdeutscher Sportfaszination. Zugegebenermaßen nicht ganz uneigennützig. Aber stört das wirklich?
Der Autor Johannes Arnhold ist Rechtsanwalt und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtswissenschaft an der Technischen Universität Ilmenau sowie Lehrbeauftragter für Sportrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist Mitherausgeber der Vorschriftensammlung zum Sportrecht und des im Januar bei UTB erschienen Lehrbuchs Sportrecht.
Johannes Arnhold, Zweitliga-Lizenz für RB Leipzig: . In: Legal Tribune Online, 29.04.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11824 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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