Rauchverzicht per AGB? : Rauchen gefährdet Ihren Mietvertrag

von Patricia Stelzer

26.08.2014

Raucher haben dieser Tage kein leichtes Leben. In Lokalen dürfen sie ihrem Laster kaum noch frönen, nun rückt man ihnen auch in den eigenen vier Wänden zu Leibe. Die Kündigung des dauerqualmenden Mieters Friedhelm Adolfs sorgte landesweit für Schlagzeilen. Um solchen Streitigkeiten vorzubeugen, will eine Wohnungsgenossenschaft ihre Mieter nun gleich per Vertrag zum Rauchverzicht verpflichten.

Die deutsche Wohnlandschaft könnte bald in Raucher- und Nichtraucherbezirke zerfallen. Denn um Rechtsstreitigkeiten wie den jüngsten Raucherfall am Landgericht (LG) Düsseldorf zu vermeiden, suchen Vermieter verstärkt nach Möglichkeiten, sich eine rechtliche Handhabe gegen qualmende Mieter zu sichern.

In Halle an der Saale beispielsweise schließen sich Neumieter zu einer Art freiwilliger Nichtraucher-Kommune zusammen. So beschreibt jedenfalls Susanne Rackwitz, Rechtsexpertin der Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd e.G., den Ansatz des von ihr betreuten Wohnprojekts "Schwalbenberg".

Raucher will man dort nicht haben, die Wohnungen gehen nur an solche Mieter, die neben dem eigentlichen Mietvertrag eine separate "Nichtrauchervereinbarung" unterzeichnen. Danach dürfen sie weder in der Wohnung noch auf dem Balkon, der Terrasse oder dem sonstigen Freigelände rauchen. Für Besuch oder rauchende Partner steht eine "Raucherecke" zur Verfügung. Von der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Verpflichtungserklärung ist Rackwitz überzeugt, zumal die künftigen Mieter ja wüssten, worauf sie sich einließen.

BGH: Rauchverzicht nur als Individualvereinbarung

So selbstverständlich ist das allerdings nicht. Zwar gab der Bundesgerichtshof (BGH) bereits mit einem Urteil aus dem Jahr 2008  grundsätzlich grünes Licht für ein Rauchverbot für Mieter (Urt. v. 05.03.2008, Az. VIII ZR 37/07). In einem obiter dictum erklärte das Gericht damals, ein solches Verbot könne durch eine individuelle Vereinbarung entstehen. Die Richter stellten aber gleichermaßen klar, dass eine entsprechende Vereinbarung durch einen Vorbehalt Raum für Ausnahmen gewähren müsse und Besucher nicht binden dürfe. Es ist also schon fraglich, ob die in Aussicht gestellte "Raucherecke" als ausreichendes Qualm-Refugium qualifiziert werden kann, und zwar nicht nur für Besucher, sondern auch für rauchende Lebens- oder Ehepartner.

Des Weiteren sprach der BGH von einer individuellen Vereinbarung, und gerade nicht von einem Rauchverzicht per AGB. Ob die in Halle avisierte Regelung bloß deshalb als Individualvereinbarung vor Gericht bestand hätte, weil sie in einem separaten Dokument enthalten ist, scheint fraglich. Schließlich wird sie gleichwohl sämtlichen Mietern vorgelegt und ist nicht verhandelbar.

Als AGB hingegen stünde es eher schlecht um die Überlebenschancen der Klausel: Die gemieteten vier Wände gehören zum unanstastbaren Freiraum der privaten Lebensgestaltung, ein Rauchverbot könnte demnach eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellen. Dies umso mehr, als das Rauchen außerhalb der eigenen Wohnung, abgesehen vom öffentlichen Straßenraum, inzwischen fast überall verboten ist.

Rechtsprechung bisher wenig raucherfreundlich

Andererseits hat sich die Rechtsprechung in der Vergangenheit oftmals wenig raucherfreundlich gezeigt: Das Rauchen eines Mieters etwa berechtigt den Nachbarmieter zur Minderung seines Mietzinses, immerhin um bis zu 10 Prozent, wenn der Rauch in die Wohnung zieht (LG Berlin, Urt. v. 30.04.2013, Az. 67 S 307/12). Und die Kündigung des eingangs erwähnten Dauerrauchers Friedhelm Adolfs hat das LG Düsseldorf in zweiter Instanz für wirksam erklärt. Dieser hatte bekanntlich derart exzessiv geraucht, und dabei nie gelüftet, so dass der Qualm ins Treppenhaus zog und die übrigen Mieter störte (Urt. v. 26.06.2014, Az. 21 S 240/13).

Sie sind offenbar nicht die einzigen, die unter rauchenden Nachbarn leiden. "Die begeisterten Reaktionen aus der ganzen Republik zeigen uns, dass die Zielgruppe 'Nichtraucher' sich am deutschen Wohnungsmarkt deutlich unterrepräsentiert fühlt", betont Susanne Rackwitz. Für die gerade einmal 33 Wohnungen der "Nichtraucherwohnanlage" hätten sich 163 Interessierte gemeldet. Der Bedarf scheint also da zu sein, neue Wohnprojekte könnten dem Beispiel Halle folgen.

Solange die Wohnungen von überzeugten Nichtrauchern bevölkert werden, spielt die Frage nach der rechtlichen Wirksamkeit des Rauchverbots allenfalls eine theoretische Rolle. Problematisch könnte es allerdings werden, wenn ein ursprünglicher Tabak-Abstinenzler plötzlich seine Liebe zum Nikotin entdeckt, einen neuen, rauchenden Partner kennenlernt, mit plötzlich qualmenden Kindern zu tun hat oder Besuch bekommt, der sich nicht nur in der Raucherecke aufhalten mag.

Susanne Rackwitz will solche Fälle durch Gespräche lösen – fruchteten diese nicht, könne es aber auch zu Abmahnungen oder Kündigungen kommen. Letztlich haben dann wieder die Gerichte das letzte Wort. Maßgeblich dürfte dann auch sein, wie es um die Akzeptanz des Rauchens in der Gesellschaft bestellt ist.

Die Autorin Patricia Stelzer ist als Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Mietrecht in Düsseldorf tätig.

Zitiervorschlag

Rauchverzicht per AGB? : . In: Legal Tribune Online, 26.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12993 (abgerufen am: 01.11.2024 )

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