Polizisten sichern den Weg vom und zum Fußballspiel, manchmal müssen sie auch im Stadion einschreiten. Bezahlen muss den Einsatz derzeit letztlich der Steuerzahler. Die Vereine können meist nicht zur Kasse gebeten werden. Ob der Gesetzgeber das ändern sollte, hängt auch davon ab, ob die im Ligaverband kürzlich vereinbarten Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt werden, meint Monika Böhm.
Bundesligaspiele sind sportliche Großveranstaltungen. Nicht jeder erfreut sich aber allein am Wettkampf der Vereine. Gewalttätige Auseinandersetzungen auf Bahnhöfen und Autobahnraststätten, Ausschreitungen am Rande des und manchmal sogar auf dem Spielfeld sind keine Seltenheit. Dann ist die Polizei gefragt, die allgemeine Sicherheit zu gewährleisten.
In der Saison 2011/2012 haben nach Angaben der zentralen Informationsstelle Sporteinsätze Bundes- und Landespolizisten 1.884.525 Stunden allein damit verbracht, Fußballspiele zu sichern. Da verwundert es nicht, dass der Staat nach Wegen sucht, die Kosten dafür abzuwälzen. Als zahlungskräftige Adressaten werden neben den Vereinen auch der Deutsche Fußballbund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga ins Visier genommen. Ohne gesetzliche Grundlage müssten sich die Beteiligten allerdings vertraglich einigen.
Gesetz verpflichtet Vereine nicht zur Kostenübernahme
Nach den Polizeigesetzen der Länder kann grundsätzlich nur von den polizeirechtlich verantwortlichen Handlungs- oder Zustandsstörern verlangt werden, die Kosten für einen Polizeieinsatz zu übernehmen. Das wären die gewaltbereiten Fans oder auch am Fußball wenig bis gar nicht interessierte Gewalttäter, die die Ligaspiele nur als günstige Gelegenheit für Ausschreitungen nutzen. Um ihnen eine Rechnung zu schicken, müsste die Polizei ihrer aber erst einmal habhaft werden. Außerdem bestehen wohl berechtigte Zweifel an ihrer Solvenz.
Die Vereine, der DFB oder die Liga könnten lediglich als so genannten Zweckveranlasser in die Pflicht genommen werden, wenn sie mit der Veranstaltung des Fußballspiels für eine Situation verantwortlich sind, die typischerweise eine polizeiliche Gefahr nach sich zieht, oder sie solche Gefahren zumindest billigend in Kauf nehmen. Dafür aber wird es regelmäßig an einem ausreichenden Kausalzusammenhang fehlen. Die Ausschreitungen finden nämlich nicht durch sondern vielmehr anlässlich der Ligaspiele statt.
Eine Anspruchsgrundlage gegen Vereine, DFB und Liga können aber die Verwaltungskostengesetze der Länder hergeben, wenn dort allgemeine Regelungen enthalten sind für Großveranstaltungen aller Art, also nicht nur für Fußballspiele, sondern auch für Konzertveranstaltungen und Volksfeste. Außerdem müsste die Polizei dafür Aufgaben übernommen haben, die eigentlich den Veranstaltern obliegen: etwa die Einlasskontrolle, eine Videoüberwachung im Stadion oder eine Verstärkung der Ordnungskräfte der Veranstalter bei Risikospielen.
Sicherheitseuro bisher wenig durchdacht
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier schlug Anfang Dezember die Einführung eines so genannten Sicherheitseuro vor. Fans sollten beim Ticketkauf einen Euro mehr für die Sicherheit bezahlen. In welcher Form und auf welcher rechtlichen Grundlage, ist bislang noch unklar. Eine Ausgestaltung als Gebühr oder Sonderabgabe würde jeweils einen Zurechnungstatbestand voraussetzen. Ob tatsächlich alle Spielbesucher für die Kosten von Polizeieinsätzen herangezogen werden können, wenn sie selbst die Gefahren gar nicht verursacht, sondern vielmehr erlitten haben, bedarf jedenfalls noch einer näheren Begründung.
Das Sicherheitskonzept der Liga, das die 36 Profi-Clubs Mitte Dezember nach langen Diskussionen verabschiedeten, äußert sich zu der Verteilung der Polizeikosten nicht. Es ist vielmehr darauf ausgerichtet, polizeiliche Einsätze gar nicht erst notwendig zu machen. Die Ordnungsdienste der Vereine sollen verstärkt und besser qualifiziert werden. Heim- und Gastverein sollen sich unter Einbeziehung der Fan-Beauftragten besser austauschen. Pyrotechnik bleibt verboten. Die DFB-Richtlinien zur Verbesserung der Sicherheit bei Bundesspielen ergänzen das Konzept.
Wie es in der Praxis umgesetzt wird, sollte nun genau beobachtet und ggfs. nachjustiert werden. Wichtig bleibt ein angemessener Dialog zwischen allen Beteiligten: den Vereine, ihren Fans und den Einsatzkräften der Polizei sowie den Fußballorganisatoren und den politisch Verantwortlichen. Dabei muss es um Deeskalation gehen, Polarisierungen helfen keinem.
Die Autorin Prof. Dr. Monika Böhm ist Inhaberin des Lehrstuhls für Staats- und Verwaltungsrecht an der Philipps-Universität Marburg, Landesanwältin am Hessischen Staatsgerichtshof und veranstaltet im Wintersemester ein Seminar zu "Fußball und Recht".
Polizeikosten bei Bundesligaspielen: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7840 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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