2/2: Regeln für Social Media ebenso notwendig wie für den Umgang mit Medien
Bisher erscheint die Öffentlichkeitsarbeit der Polizei im Internet eher chaotisch. Manche Dienststellen nutzen Facebook und Twitter, andere aktualisieren nicht einmal ihre Internetauftritte. Die Proteste in Hamburg sollten nun Anlass genug sein, über eine Regelung der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei nachzudenken, so wie dies 1993 die Innenminister und Vertreter von Journalisten, Verlagen sowie Sendern für das Verhältnis von Polizei und Medien taten.
Vorausgegangen war damals das völlig außer Kontrolle geratene Geiseldrama nach einem Überfall auf eine Filiale der Deutschen Bank in Gladbeck. Die Polizei bekam die Situation nicht in den Griff, die Medien führten Live-Interviews mit einem der Täter, traten in Verhandlungen mit den Geiselnehmern und stiegen schließlich ins Fluchtauto ein, um den Entführern den Weg zur Autobahn zu zeigen. Am Ende waren zwei Menschen gestorben und sowohl die Polizei als auch die Medien hatten die Erkenntnis gewonnen, dass sie ihr Miteinander besser regeln sollten.
Zu einer vergleichbaren Katastrophe hat schlechte Öffentlichkeitsarbeit der Polizei noch nicht geführt. Die Situation um die Hamburger Gefahrengebiete war sicherlich keine Sternstunde, aber unkontrollierte Reaktionen wie der Lynchaufruf im Mordfall Lena sind eher ein Beispiel für missglückte Pressearbeit der Ermittlungsbehörden.
Dennoch sollte die Gefahr nicht unterschätzt werden: Hinter der Öffentlichkeitsarbeit der Polizei stecken nämlich keine Social-Media-Manager oder PR-Berater. "95 Prozent der Leute, die da schreiben und twittern, sind ganz normale Polizeibeamte", erklärt Wolfgang Schulte. Der Sozialwissenschaftler hält es deshalb für eine ideale Lösung, zweigleisig zu fahren und ein Team von Polizeibeamten und Profis einzusetzen. Der Vorgänger der Polizeipressesprecherin in Hannover Petra Holzhausen war Reporter bei einer großen hannoverschen Zeitung.
Eigene Interessen dürfen nicht im Vordergrund stehen
In Niedersachsen gibt es bereits einen Runderlass zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei. Anders als in der gleichnamigen Richtlinie aus Nordrhein-Westfalen geht es darin tatsächlich auch um die Kommunikation mit der Bevölkerung und nicht nur um die Zusammenarbeit mit den Medien. "Offensiv, initiativ, zielgruppenorientiert und konzeptionell" soll die Öffentlichkeitsarbeit gestaltet werden und sich "moderner Methoden und Kommunikationstechniken" bedienen, heißt es. Besonders modern klingt es allerdings nicht, wenn es weiter um die Gestaltung von "elektronischen Medien (z.B. Internet)" geht. Newsletter, Broschüren und Plakate sind dann die offensivsten Methoden, die den Verfassern des Runderlasses einfallen.
Als Verhaltensregeln für die Öffentlichkeitsarbeit würde Heckmann vor allem festlegen, dass die Polizei nicht nur über einen Kanal berichten darf. "Exklusiv auf Facebook zu informieren, würde zu einem Anmeldezwang führen. Es muss deshalb immer eine frei zugängliche Alternative geben, etwa die Internetseite der Polizei." Außerdem müssten die Behörden beim Umgang mit personenbezogenen Daten vorsichtig sein. "Gerade Facebook ist ja datenschutzrechtlich durchaus problematisch."
Anders als ein privates Unternehmen dürfe die Polizei auch nicht ihre eigenen Interessen ins Zentrum ihrer Öffentlichkeitsarbeit rücken. "Die Erledigung konkreter Aufgaben muss immer im Vordergrund stehen. Die Polizei muss objektiv und sachlich informieren", so Heckmann. Eine gewisse PR für sich und ihre Arbeit sei dabei aber nicht ganz verboten. Nur reißerisch und manipulativ dürfe die Darstellung nicht werden.
Markus Sehl und Claudia Kornmeier, Gefahrenabwehr durch Öffentlichkeitsarbeit: . In: Legal Tribune Online, 10.02.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10942 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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