Das Demonstrationsverbot in Dresden ist ein Einschnitt in die Meinungsfreiheit. Das sehen selbst Politiker so, die massive Vorbehalte gegen Pegida haben. Während der amtierende Justizminister ebenso wie seine Vorgängerin Freiheitsbeschränkungen wegen Terrordrohungen kritisieren, betont die umstrittene Bewegung, nicht klein beigeben zu wollen.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht eine Einschränkung des Demonstrationsrechts wegen terroristischer Bedrohungen grundsätzlich kritisch. "Terrordrohung darf niemals dazu führen, dass Meinungen unterdrückt werden - egal ob uns diese Meinungen gefallen oder nicht", sagte Maas am Montag in Berlin. "Egal was von den Positionen von Pegida zu halten ist - soweit der Protest nicht gegen unsere Gesetze verstößt, ist er durch die Meinungsfreiheit gedeckt." Die Demokratie halte auch Pegida aus.
Die große Mehrheit der Bevölkerung lehne die islamkritische Bewegung ab und sei in den vergangenen Wochen gegen Pegida auf die Straße gegangen, so Maas. "Das muss weiter möglich sein", mahnte der Minister, "auch wenn es für die Einzelfallentscheidung der Sicherheitsbehörden in Dresden sicher gute Gründe gab."
Eine Terrordrohung von Islamisten gegen die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hatte die Polizei veranlasst, alle Versammlungen unter freiem Himmel in Dresden an diesem Montag zu verbieten. Pegida wird ebenso wenig auf die Straße gehen wie die Gegner der Organisation.
Pegida will sich nicht "mundtot machen lassen"
Dass die Polizei in Dresden auch die Gegendemonstrationen verboten hat, kritisierte die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Wenn es eine so konkrete Anschlaggefahr für Pegida-Organisatoren gibt, ist das nachvollziehbar. Warum alle Kundgebungen, auch die für ein offenes und buntes Dresden abgesagt wurden, verstehe ich nicht", sagte die FDP-Politikerin dem "Donaukurier".
Die Drohung war konkret gegen den Pegida-Organisatoren Lutz Bachmann gerichtet. Das bestätigte die Mitbegründerin der islamfeindlichen Bewegung, Kathrin Oertel, am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Günther Jauch". "Es sind eigentlich alle immer gemeint. Aber es ist natürlich gegen eine Person ganz gezielt gewesen. Und das ist der Organisator Lutz Bachmann", sagte Oertel.
Am Montag erklärte sie: "Das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wollen wir uns nicht nehmen lassen". Man habe sich aus Verantwortung für die Teilnehmer zwar dazu entschlossen, die Kundgebung am Montagabend abzusagen. "Das bedeutet nicht, dass wir uns mundtot machen lassen", betonte Oertel.
Versammlungsverbot gilt zunächst nur für Montag
Die Organisatoren der selbst ernannten "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) wollen in Dresden über ihr weiteres Vorgehen beraten. Auch der Innenausschuss des sächsischen Landtages wird sich voraussichtlich in einer Sondersitzung mit der islamistischen Terrordrohung befassen.
"Das Gebot der Stunde ist Aufmerksamkeit", sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU) der "Sächsischen Zeitung" (Montagsausgabe). Das Versammlungsverbot gelte zunächst nur für Montag, betonte Ulbig.
Während in Dresden alle Demonstrationen verboten sind, wollen in vielen anderen deutschen Städten Pegida-Ableger und Pegida-Gegner wieder auf die Straße gehen. Kundgebungen sind zum Beispiel in Berlin, München, Düsseldorf, Magdeburg und Saarbrücken geplant.
Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry kritisierte: "Friedliches Demonstrieren scheint derzeit in Dresden nicht möglich zu sein". Für die Demokratie in Deutschland sei es ein trauriger Tag, "wenn das Recht der Versammlungsfreiheit durch Gewaltandrohungen gebeugt wird".
Oppermann betont notwendige Abwägung
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Thomas Oppermann, betonte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", es müssten schon sehr gewichtige Gründe vorliegen, wenn die Polizei das Risiko so hoch bewerte. Die Sicherheitsbehörden müssten in solchen Fällen immer abwägen: die Demonstrationsfreiheit auf der einen Seite und ihre Fähigkeit, die Demonstration zu schützen, auf der anderen Seite.
"Insgesamt darf die Situation nicht eskalieren. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Islamisten auf der einen Seite und die Islamhasser auf der anderen Seite die Stimmung in Deutschland hochschaukeln und Gewalt auf den Straßen entsteht", sagte Oppermann.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) wies auf den Terroranschlag in Paris hin, bei dem islamistische Attentäter 17 Menschen ermordet haben: "Wir haben es nach Paris mit einer neuen Qualität der Bedrohung zu tun", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag).
dpa/pl/LTO-Redaktion
Nach dem Versammlungsverbot wegen Terrordrohung: . In: Legal Tribune Online, 19.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14414 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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