2/2: EuGH muss über ähnliche Frage zu Legal Highs entscheiden
Auf der Tagesordnung stand am Dienstag in Münster schließlich noch ein drittes Verfahren. Zwei Unternehmen, die nikotinhaltige Liquids und E-Zigaretten herstellen sowie vertreiben wollten gegenüber dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gerichtlich feststellen lassen, dass die Liquids keine Arzneimittel und die E-Zigaretten keine Medizinprodukte sind.
Das VG Köln hatte der Klage stattgegeben (Urt. v. 02.04.2012, Az. 7 K 3169/11), worauf die Behörde Berufung eingelegt hatte. Im Gegensatz zu den Gerichten ist das BfArM der Ansicht, dass die Liquids keine Genussmittel sind, sondern wegen der pharmakologischen Wirkung des Nikotins zulassungspflichtige Arzneimittel.
Voit, der für ein Unternehmen zur arzneimittelrechtlichen Einordnung der E-Zigarette ein Gutachten verfasst hat, ist mit dem Urteil des OVG Münster zufrieden. Zwar ergebe sich die "therapeutische Wirkung" nicht direkt aus dem Wortlaut des Arzneimittelgesetzes. Diese enge Auslegung sei aber erforderlich, um einen zu weiten Anwendungsbereich auszuschließen. "Sonst müssten die Uhu-Werke und Tankstellen schließen, weil das Schnüffeln von Kleber oder das Trinken von Benzin auch Körperfunktionen beeinflussen."
Voit weist aber darauf hin, dass der Bundesgerichtshof dem Europäischen Gerichtshof vor kurzem ein Verfahren vorgelegt hat, in dem es um eine sehr ähnliche Frage geht: Fallen Legal Highs unter den Arzneimittelbegriff (Beschl. v. 28.05.2013, Az. 3 StR 437/12)?
Gesundheitsministerium NRW warnt weiter vor E-Zigaretten
Ein Ende hat der Streit um die elektronischen Glimmstengel mit dem Urteil aus Münster wohl noch nicht gefunden. Das OVG ließ in allen drei Verfahren die Revision zu. Gesundheitsministerin Steffens kündigte bereits an, nach Prüfung der Urteilsgründe die möglichen Rechtsmittel einlegen zu wollen. Das BfArM will die Urteilsgründe abwarten, bevor es über eine Revision entscheidet.
Eine Warnung spricht das Ministerium in Düsseldorf auch aktuell aus. Angesichts noch ungeklärter gesundheitlicher Risiken warnt es vor den möglichen gesundheitlichen Folgen durch den Konsum von E-Zigaretten: "Nikotin ist eine pharmakologisch wirksame Substanz. Beim Inhalieren von Nikotin – unabhängig, ob Rauch oder Dampf inhaliert wird – nimmt der Körper erhebliche Nikotinmengen auf."
E-Zigaretten gibt es mit und ohne Nikotin. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) enthalten sie unter anderem eine atemwegsreizende Substanz und zum Teil krebserzeugende Stoffe - wenn auch weniger als herkömmliche Zigaretten. "Nach der aktuellen Datenlage können elektrische Zigaretten zwar Entzugssymptome lindern, ob sie aber zu einem dauerhaften Rauchstopp verhelfen, ist derzeit noch nicht erwiesen", schreibt das DKFZ.
Die E-Zigaretten enthalten einen Akku, einen Verdampfer, eine Heizspirale und eine Flüssigkeit. Letztere werde bei 65 bis 120 Grad Celsius verdampft, erläutert das Fraunhofer-Institut für Holzforschung, das eine Studie zu E-Zigaretten gemacht hat. Man könne davon ausgehen, dass andere Menschen dem Dampf ausgesetzt seien und somit "Passivdampfen" möglich sei.
Handel mit E-Zigaretten und Rauchverbot in Gaststätten
Das Urteil hat eine weitere Folge. Der Handel mit den Flüssigkeiten ist jedenfalls nach dem Arzneimittegesetz nicht strafbar. Das Landgericht Frankfurt hatte allerdings im Juni entschieden, dass das Tabakgesetz den Vertrieb von E-Zigaretten verbietet.
Die Strafrichter waren der Ansicht, dass die Liquids Tabakerzeugnisse sind und unzulässige Zusatzstoffe enthielten (Urt. v. 24.06.2013, Az. 526 KLs 3/13). Das Gericht verurteilte damit einen Geschäftsmann zu einer Geldstrafe, der mittlerweile Revision gegen die Entscheidung eingelegt hat.
Ein weiterer Aspekt kam am Dienstag in Münster nicht zur Sprache: Das Rauchverbot in Kneipen und auf Schulhöfen. In NRW gilt das Rauchverbot in Gaststätten auch für E-Zigaretten. Ein Kölner Gastwirt klagte dagegen vor dem Verwaltungsgericht Köln. Vor Ende des Jahres wird das Gericht allerdings nicht über die Sache verhandeln.
In Gießen verlor kürzlich ein Lehrer einen Rechtsstreit, der auf dem Schulhof seine E-Zigarette rauchen wollte, was ihm der Schulleiter unter Verweis auf das hessische Schulgesetz untersagt hatte. Das VG gab dem Schulleiter Recht, berief sich dabei jedoch nicht auf den Nichtraucherschutz, sondern auf die Vorbildfunktion des Lehrers (Urt. v. 20.02.2013, Az. 5 K 455/12.GI).
dpa/cko/LTO-Redaktion
OVG Münster zu E-Zigaretten: . In: Legal Tribune Online, 17.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9573 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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