Die noch junge gemeinnützige Organisation Jumen setzt auf strategische Prozessführung, um Menschenrechtsverletzungen in Deutschland gerichtlich feststellen zu lassen. In ihrem ersten Fall vor dem BVerfG kam es allerdings zu keiner Klärung.
Der Auftakt vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hätte besser laufen können. Der Berliner Verein Jumen e.V. begleitete ein Eilverfahren, das Karlsruhe in der vergangenen Woche ablehnte. Mit dem hatte eine Flüchtlingsfamilie den ausgesetzten Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen wollen. Doch es war nur der erste Fall, den Jumen bis vor das BVerfG gebracht hatte. Der Verein hat weitere in petto.
Jumen ist die jüngste der deutschen Organisationen, die sich mit Menschenrechtsverletzungen befassen. Da ist vor allem das Deutsche Institut für Menschenrechte, das vor allem finanziert vom Bundestag über Verletzungen im In- und Ausland informiert. In der Aufstellung ähnelt Jumen allerdings eher dem in Berlin ansässigen ECCHR, dem European Center for Constitutional and Human Rights. Beide sind so genannte Non-governmental organizations (NGO). Von beiden bietet auch das ECCHR strategische Prozessführung für mögliche Betroffene von Menschenrechtsverletzungen an. Doch während sich das ECCHR auf Rechtsverletzungen im Ausland konzentriert, an denen Deutsche oder deutsche Unternehmen beteiligt sein könnten, geht es für Jumen um Menschenrechtsverletzungen in Deutschland.
Zwei Themenfelder: Frauen und Flüchtlinge
"Wir beobachten, dass es auch in Deutschland Menschenrechtsverletzungen gibt", sagt Adriana Kessler, Geschäftsführerin von Jumen. "Wir unterstützen Fälle, mit denen wir die Verletzung des Rechts gerichtlich feststellen lassen können." Zwei Themenfelder habe die Ende 2016 in Berlin gegründete Organisation zunächst ausgemacht: Das eine sei Gewalt gegen Frauen, insbesondere durch Rollenstereotype in Strafprozessen, das zweite der ausgesetzte Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge.
Ihr persönlicher Werdegang schärfte ihr juristisches Auge dafür und brachte sie auf die Idee, die Organisation zu gründen. Kessler hatte bereits im Referendariat angefangen, sich auf Völkerrecht zu spezialisieren und für eine Stage bei einer Menschenrechtsanwältin in Peru gearbeitet. Nach dem zweiten Examen arbeitete sie beim Deutschen Institut für Menschenrechte, beim Deutschen Anwaltverein (DAV) zu den Themen Internationales und Menschenrechte sowie schließlich im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Doch zu den Themen Menschen- und Völkerrecht auch vor Gericht aufzutreten – dieser Wunsch hat sie während ihrer beruflichen Stationen nicht los gelassen. Über berufliche Kontakte trat sie dann immer wieder zu Menschenrechtsthemen in Deutschland beratend auf – und beobachtete dabei, dass es eine Lücke für eine NGO gibt. Diese Lücke soll nun Jumen schließen: Die NGO soll sich mit juristischem Sachverstand Rechtsverletzungen in Deutschland annehmen.
Finanzierung über Spenden und Fördermittel
Zu dem Gründungsteam gehört auch Rechtsanwältin Sigrun Krause. Sie ist Kooperationsanwältin von JUMEN, die ihren Fokus schon früh auf den Bereich des Migrations- und Asylrechts gelegt hatte. Mit dazu gehört auch die Politologin Ullika Borkamp. Sie arbeitet in einer Beratungsstelle für Geflüchtete und bringt in die Arbeit bei JUMEN ihre praktische Erfahrung in der Zusammenarbeit mit den Menschen ein, die in ihren Rechten verletzt sind.
An der Finanzierung für Jumen arbeiten die Frauen noch. "Um professionell arbeiten zu können, ist es unser Ziel, Jumen langfristig so auszustatten, dass wir auch Gehälter bezahlen können", sagt Kessler. Ein erster Anfang dafür ist gemacht. Der Verein finanziert sich über Spenden und Fördermittel. Über ein Förderprojekt und den ersten Platz in einem Wettbewerb für soziale Start-Ups ist erstmals Geld für die Arbeit der Gründerinnen da. Auch eine Spendenkampagne auf Betterplace ist gerade gestartet. Weitere fünf Aktive arbeiten ehrenamtlich.
Tanja Podolski, Jumen: NGO gegen Menschenrechtsverletzungen in Deutschland: . In: Legal Tribune Online, 17.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25057 (abgerufen am: 07.11.2024 )
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