Verschlüsselte Internetkommunikation ist aktiver Grundrechtsschutz, sagt Florian Albrecht. Staatlichen Überwachungszentren, wie sie derzeit die Regierung plant, müssten daher handlungsfähige Datenschutzbehörden zur Seite gestellt werden.
Die Bundesregierung und die Sicherheitsbehörden fürchten sich vor verschlüsselter Kommunikation, die im Internet stattfindet und zur Planung von kriminellen oder terroristischen Aktivitäten genutzt werden könnte, dem sogenannten "going dark". In der Tat liegt es nahe, dass nach einem Terroranschlag in Deutschland zunächst die Frage erhoben würde, wieso man von dessen Vorbereitung nichts gewusst hat, was letztendlich zur Verhinderung der Tat beigetragen hätte.
Abhilfe soll zukünftig die "Zentrale Stelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS)" schaffen. Diese soll nach aktuellen Berichten die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz bei der Dechiffrierung verschlüsselter Nachrichten unterstützen, die über Messengerdienste, Chats und Soziale Netzwerke versendet werden. Ähnliche Vorhaben existieren auf Landesebene. So wollen etwa Schleswig-Holstein und Sachsen gemeinsam mit weiteren Bundesländern Dienstleistungszentren für die Telekommunikationsüberwachung gründen. Auch hier steht die Entschlüsselung im Vordergrund, wie etwa die der Internettelefonie.
Grundsätzlich sollen diese zentralen Stellen beziehungsweise Dienstleistungszentren nicht mit neuen rechtlichen Befugnissen ausgestattet werden. Das bedeutet einerseits, dass Überwachungstechnologien zentral beschafft und entwickelt und an die einzelnen Sicherheitsbehörden weitergegeben werden können. Andererseits können in den Überwachungszentren aber auch Beamte der beteiligten Dienststellen tätig werden, sofern sie nach den jeweils einschlägigen gesetzlichen Grundlagen tätig werden und ihre Kompetenzen nicht überschreiten.
Verschlüsselung ist aktiver Grundrechtsschutz
Grundsätzlich ist den Polizei- und Sicherheitsbehörden natürlich eine gesetzeskonforme Überwachung der Internetkommunikation zuzugestehen. Diese wird auch durch zentrale Dienstleister stattfinden müssen, weil sich staatliche Stellen in einer Konkurrenzsituation mit den privaten IT-Unternehmen befinden. Angesichts der in Unternehmen gegebenen guten Entwicklungs- und Verdienstchancen fällt es den Behörden zunehmend schwer, geeignetes Personal zu finden. Hinzu kommt die hohe Kostenlast, die in der Anschaffung und dem Betrieb von leistungsfähigen Rechenzentren begründet ist, allerdings auch den schieren Umfang der staatlichen Überwachungstätigkeit wiederspiegelt. Ein hoher Bedarf für zentrale Dienstleister auf dem Gebiet der Telekommunikationsüberwachung besteht mithin unzweifelhaft.
In diesem Zusammenhang darf allerdings nicht ausgeblendet werden, dass die Verschlüsselung der Telekommunikation oftmals der einzige Weg für den Bürger und Unternehmen ist, sich vor einer ausufernden Überwachung durch insbesondere ausländische Nachrichtendienste sowie vor Wirtschaftsspionage zu schützen. Verschlüsselung ist mithin zuvorderst auch aktiver Grundrechtsschutz. Insoweit lässt sich mit Blick auf die sogenannte Schutzpflichtendimension der Grundrechte durchaus vertreten, dass die Bereitstellung von wirksamen Verschlüsselungsmethoden sogar eine staatliche Verpflichtung ist.
Diese Pflicht kollidiert freilich mit dem staatlichen Sicherheitsinteresse, das allerdings nicht auf einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Grundlage fußt. Ein Grundrecht auf Sicherheit gibt es entgegen den populistischen Behauptungen einiger Politiker gerade nicht.
Florian Albrecht, ZITiS: Kommunikationsüberwachung durch den Staat: . In: Legal Tribune Online, 18.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20038 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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