Vor einigen Wochen traf ich am Eingang des Deutschen Bundestages eine Mitarbeiterin des Parlamentssekretariats. Sie begrüßte gerade eine jordanische Gruppe junger Journalistenschülerinnen und -schüler, die an diesem Tag nur ein Ziel im Parlament hatten: Sie wollten sich über die Arbeit der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" informieren.
Ich finde das großartig. Junge Leute kommen zu uns ins Parlament, weil es sich herumgesprochen hat, dass sich in Deutschland ein Gremium mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesellschaft befasst. Sie interessieren sich also nicht in erster Linie für den Deutschen Bundestag als oberstes Gesetzgebungsorgan, sondern wollen sich speziell über die Arbeitsweise und die Inhalte der Internetenquete informieren..
Dabei ist auch für den Deutschen Bundestag die Einsetzung einer solchen Enquete mit 34 Mitgliedern alles andere als ein alltäglicher Vorgang. Innerhalb einer Legislaturperiode werden nur sehr wenige Kommissionen dieser Art eingesetzt. Denn diese Gremien arbeiten ganz anders als normale parlamentarische Ausschüsse.
Als ich selbst das erste Mal den Begriff Enquete gehört habe, wusste ich auch nur sehr rudimentär etwas damit anzufangen und habe – wie wohl einige andere auch – im Internet gesucht. Gleich der erste Eintrag in der Suchmaschine hat weitergeholfen: Das Online-Lexikon Wikipedia schreibt, dass Enquête (Französisch "Untersuchung") oder – laut Duden – Enquete "im engeren Wortsinn die vorherige Prüfung aller Verhältnisse und Gegebenheiten bezeichnet, die in einem gesetzgeberischen Verfahren geordnet werden sollen". Der Begriff – so findet man auch - stammt ursprünglich aus dem Lateinischen von inquirere für "nachforschen, prüfen, suchen".
Im Mittelpunkt der Enquete-Kommission steht die Analyse einer zukünftigen Szenerie, die nicht Bestandteil der aktuellen Gesetzgebung ist. Vielmehr soll der Boden erst einmal für mögliche Gesetzgebungsaktivitäten geebnet werden.
Das Beispiel Internet und Neue Medien insgesamt macht dies sehr deutlich: Was sind eigentlich die großen Problemstellungen, die die Digitalisierung für die Gesellschaft mit sich bringen wird – und wie soll der Gesetzgeber darauf reagieren? Wie geht man mit einem sich so schnell wandelnden Medium um? Für diese langfristigen Fragestellungen sollen Lösungsvorschläge erarbeitet und konkrete Handlungsanweisungen formuliert werden.
Alle Fraktionen arbeiten gemeinsamen an diesem Ziel. Dass das nicht immer ganz einfach ist, wurde schon ganz zu Beginn klar: Der Einsetzungsauftrag, der dem Gremium einen gemeinsamen zielgerichteten Arbeitsauftrag an die Hand geben soll, in dem sich die Ideen, Wünsche, Zielvorstellungen aller Fraktionen wiederfinden, war ein großes Stück Arbeit. 34 Spiegelstriche mit ebenso vielen Einzelaufträgen sind es letztlich geworden. Ein wahrlich vielschichtiges Unterfangen.
So ist es dann letztlich eine Punktlandung geworden, den mit allen Fraktionen abgestimmten Antrag rechtzeitig zur geplanten Einsetzungsdebatte fertigzustellen. Dieser Prozess hat sehr deutlich gezeigt, welche große Bedeutung alle Fraktionen dem Thema Internet beimessen. Der Umstand, dass alle Beteiligten – Abgeordnete, Sachverständige, Mitarbeiter und Enquete-Sekretariat – ein gemeinsames Ziel verfolgen, fördert aber auch die gute kollegiale und konstruktive Zusammenarbeit in diesem Gremium.
Diese überfraktionelle Einigkeit ist natürlich schon Grund genug, den Weg von Jordanien bis nach Berlin für einen Besuch bei der Enquete auf sich zu nehmen. Aber auch jedes einzelne, in der Kommission behandelte Thema wird dafür sorgen, dass das deutsche Parlament mit der Internetenquete einen Meilenstein setzt. Hier bauen überwundene Hürden Perspektiven auf.
netEnquete: . In: Legal Tribune Online, 27.10.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1810 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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