Die politische Diskussion ums Internet hinkte lange den Fragen hinterher, die die Netzgemeinde noch länger umtreibt. Für viele Parlamantarier war etwa Web 2.0 ein Buch mit sieben Siegeln. Durch die Enquete-Kommission ist endlich Bewegung in die Sache gekommen – mit einem Dialog, der beide Seiten fordert.
"Im Namen des Internets" – lautete die Überschrift auf Spiegel Online zur Einsetzung der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Deutschen Bundestages. Der Artikel stellte die 17 Mitglieder der Kommission vor. Es dauerte nicht lange und schon bemerkte der erste Leser in einem Kommentar: "Es sollen Abgeordnete das Internet erkunden? Wer das erst jetzt tut, der kommt um Jahre zu spät. Das sollte schon lange in Fleisch und Blut übergegangen sein."
Mit diesem Kommentar sprach der Verfasser genau das an, was zu diesem Zeitpunkt bereits von vielen gedacht wurde: Es klafft eine nicht unerhebliche Lücke zwischen Parlament und Netzrealität. Die Art und Weise, wie netzpolitische Themen im Parlament bisher angegangen und behandelt wurden, hat wenig mit dem zu tun, was in der Netzgemeinde seit Jahren diskutiert wird. Nur langsam öffnen sich Parlament und Abgeordnete den neuen Kommunikationskanälen. Vor allem aber stand der Vorwurf im Raum, Politik und Netzgemeinde würden nicht miteinander, sondern nur übereinander reden. Höchste Zeit also, dass sich Netzgemeinde und Politik an einen Tisch setzen.
Wenn es das besondere Format der Enquete-Kommission noch nicht gegeben hätte, so hätte man es wohl für den Bereich "Internet" entwickeln müssen. 17 Abgeordnete stehen der gleichen Anzahl an Sachverständigen gegenüber. Sie stammen aus der Netzgemeinde oder beschäftigen sich beruflich intensiv mit dem Bereich Internet und Neue Medien. Von den Fraktionen wurden sie als unabhängige Berater des Gremiums benannt, sie sollen für den unabhängigen Blick von außen sorgen, Anregungen einbringen und Zukunftsperspektiven aufzeigen. Die benannten Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und den Bereichen Kultur und Medien können darüber hinaus auch oft auf ganz andere Wissenskanäle und Informationen zurückgreifen.
Von Anfang an wurde kritisch verfolgt, wer sich aus der Community in der Enquete wiederfindet. Wer darf stellvertretend für die Netzgemeinde sprechen? Viele Personen wären dafür in Frage gekommen und wurden in Foren gehandelt. Letztlich wurden von den Fraktionen Nicole Simon, Constanze Kurz, padeluun, Alvar Freude und Markus Beckedahl benannt. Alle fünf haben sich in den vergangenen Jahren intensiv mit den Entwicklungen des Internets beschäftigt, sich aktiv für ihre Sache eingesetzt, Foren und Podien organisiert, in Blogs ihre Meinungen geäußert und sich in der Community einen Namen gemacht. Sie sind es auch, die nicht nur ihren Sachverstand in die Kommission einbringen, sondern auch sehr direkt und aktuell über die Enquete in ihren Blogs, Facebook- und Twitterkanälen berichten. Damit wird die interessierte Öffentlichkeit sehr transparent in die Arbeit des Gremiums einbezogen.
Davon lernen auch Abgeordnete und Fraktionen, sich durch diese Kommunikationsformen noch weiter für den Dialog zu öffnen. Was aber besonders interessant ist: Beide Seiten lernen voneinander – die einen, wie Politik funktioniert und die anderen, wie neue Medien auch neues Denken befördern können. In jedem Fall bringen die externen Sachverständigen frischen Wind ins Parlament.
netEnquete: . In: Legal Tribune Online, 04.11.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1853 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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