Nach der Erklärung des nun zurück getretenen Verteidigungsministers gibt es nicht nur politische Diskussionen. Moniert wird auch, dass seine Rede nicht live übertragen werden durfte. Dabei gibt es keinen Anspruch auf eine Live-Berichterstattung, also eine zeitgleiche Berichterstattung in Ton und Bild, meint Martin W. Huff.
Nach der Plagiatsaffäre verärgerte der Verteidigungsminister nicht nur mit dem Inhalt seiner Rücktrittserklärung die Medien noch einmal. Er hatte sich auch ausbedungen, dass sein Statement nicht live gesendet, sondern nur zeitversetzt übertragen werden durfte. Allein der Sender n-tv übertrug zu Guttenbergs Worte live – nach Angaben der Sprecherin des Senders Bettina Klauser, indem die Reporterin vor Ort ihr Handy hoch hielt und so den Ton einfing. Es wundert nicht, dass nun kritisiert wird, dass der Minister keine Live-Berichterstattung zuließ.
Unabhängig davon, ob es nach der Plagiatsaffäre klug war von zu Guttenberg und seinen Beratern, diesen Weg zu gehen, stellt sich aber die Frage, ob der Minister die Live-Berichterstattung aus rechtlicher Sicht hätte zulassen müssen. In der medienrechtlichen Literatur finden sich dazu weder Gerichtsentscheidungen noch andere Veröffentlichungen.
Ausgangspunkt ist aber folgender: Sollte der Minister die Erklärung in seiner Eigenschaft als Minister abgegeben haben, so gibt es einen Anspruch der Medienvertreter darauf, gleich behandelt zu werden. Das bedeutet, dass eine Information an alle beim Ministerium bekannten Medienvertreter gehen und ihnen auch der Zugang ermöglicht werden muss, also der Saal ausreichend groß sein sollte. Entscheidend ist dann der Grundsatz der Gleichbehandlung durch staatliche Einrichtungen.
Persönliche Erklärung oder in seiner Eigenschaft als Minister?
Wenn seine Ansprache eine persönliche Erklärung des Ministers war, gelten diese Regelungen nicht, denn er kann als "Privatperson" entscheiden, wen er zu einem Gespräch einlädt. Davon dürfte allerdings schon deshalb nicht auszugehen sein, weil zu Guttenberg seine Stellungnahme im Verteidigungsministerium abgab.
Aber auch wenn zu Guttenberg wohl in seiner Eigenschaft als Minister in dem Ministerium vor den Medienvertretern stand, heißt das noch nicht, dass die Medien einen Anspruch auf eine Live-Übertragung haben. In den Mediengesetzen finden sich dazu keine Regelungen. Und auch Art. 5 Grundgesetz, der die Freiheit der Presse normiert, gibt keinen Anspruch auf eine völlig freie Berichterstattung durch die Medien in dem Sinne, dass es irrelevant wäre, was der Erklärende möchte beziehungsweise vorgibt.
Die Persönlichkeitsrechte desjenigen, der zu dem Statement einlädt und das Recht der Medien auf Berichterstattung müssen gegeneinander abgewogen werden. Auch aus verschiedenen Ansätzen in Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus Anlass von Bildern aus dem Gerichtssaal lässt sich aber wohl kein Recht darauf herleiten, live zu berichten. Vor allem in einer so schwierigen persönlichen Situation wie der eines Rücktritts kann sich auch ein Politiker ausbedingen, dass seine Rede nicht live übertragen, sondern erst nach Abschluss seines Statements in Ton und Bild gesendet wird. Ein überragendes Interesse an einer Live-Berichterstattung in Bild und Ton gibt es nicht.
Kameras und Mikos waren da, die zeitnahe Berichterstattung gewährleistet
Zu berücksichtigen ist auch, dass Kameras und Mikrofone grundsätzlich zugelassen waren, also eine zeitnahe Berichterstattung über das Ereignis gewährleistet war. Über die Tatsache des Rücktritts konnte innerhalb weniger Sekunden berichtet werden, Bilder dazu gab es dann ca. 15 Minuten später. Immerhin hätte zu Guttenberg ja auch jedes Statement ablehnen und es bei einer schriftlichen Erklärung belassen können. Denn einen Anspruch auf Bilder bei einer solchen Erklärung kann man überhaupt nicht begründen.
Also mag man zwar im Interesse einer guten Öffentlichkeitsarbeit die Meinung vertreten, dass Livebilder dem Ereignis angemessen gewesen wären. Einen Rechtsanspruch auf die Zulassung von Livebildern und –tönen aber gibt es wohl nicht. Dem Informationsinteresse war durch die Zulassung von schreibender Presse, Bildreportern und Kameras Genüge getan.
Einmal mehr zeigt die Aufgeregtheit um Karl-Theodor zu Guttenberg auch eine verzerrte Wahrnehmung der Bedeutung eines Ministers, seiner Doktorarbeit und nun auch seines Rücktritts.
Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen sowie Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Forschungsstelle für Medienrecht der Fachhochschule Köln
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Guttenberg-Affäre: Der überforderte Nicht-Wissenschaftler ohne Vorsatz
Martin W. Huff, Nach der Plagiats-Affäre: . In: Legal Tribune Online, 01.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2659 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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