2/2: Modernisierungslust soll eingedämmt werden
Die gewünschten politischen Ziele werden durch die Änderungen sicherlich in großem Umfang erreicht. Extreme Mietsteigerungen, die – mitunter auch mit dieser Zielsetzung – zur Verdrängung angestammter Mieter führen können, werden durch Kappungsgrenze und 40-Prozent-Härteregelung gerichtlich angreifbarer und damit unattraktiver. Ganz verschwinden werden sie jedoch nicht.
Die Wirtschaftlichkeitsanforderung aus Vermietersicht kann hingegen zu Unsicherheit auf beiden Seiten führen, wird in der Praxis aber eine untergeordnete Bedeutung haben. Immerhin ist damit der Vorschlag einer zwingenden Rentabilitätsberechnung vom Tisch. Als kleines Trostpflaster plant der Gesetzgeber Erleichterungen bei kleineren Modernisierungen von Privatvermietern mit einem Volumen von unter 10.000 Euro.
Insgesamt werden die Anforderungen an die rechtliche Betreuung einer Modernisierung weiter ansteigen und insbesondere für Privatvermieter eine Hürde darstellen. Die Praxis wird zeigen, ob die Änderungen sich zu einem Investitionskiller entwickeln oder ob lediglich extreme, zu Verdrängung führende Modernisierungen verhindert werden.
Unklarheiten aus der Rechtsprechung berücksichtigt
Nach neuer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sind bei Mieterhöhungen und bei der Betriebskostenumlage die tatsächliche und nicht die mietvertraglich vereinbarte Wohnfläche maßgeblich. Zuvor galt dies erst bei Abweichungen über 10 Prozent. Seitdem stellt sich die Frage, ob diese Grenze in einem Fall vor dem BGH auch für Mietminderungen aufgegeben würde. Die geplante Gesetzesänderung behält diese Grenze ausdrücklich bei. Dies ist richtig und vor allem lebensnah, da Wohnungen primär aufgrund von Zimmeranzahl und besichtigtem Zustand angemietet werden.
Mietern soll es dem Entwurf nach auch ermöglicht werden, eine ordentliche Kündigung wegen Mietrückstand nachträglich und vollständig zu heilen. Bislang ist lediglich geregelt, dass nur der vollständige Ausgleich der Mietschulden eine fristlose Kündigung rückwirkend außer Kraft setzt. Für die im Regelfall gleichzeitig erklärte ordentliche Kündigung war dies streitig. Rechtsunsicherheit bei Räumungsklagen war die Folge. Die Neuregelung vermeidet ungerecht erscheinende Ergebnisse künftig.
Erfolgversprechender als das erste Mietpaket
Anders als das erste Mietrechtsnovellierungsgesetz können die Änderungen des zweiten Entwurfs tatsächlich Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben. Ob man die Regelungen für sinnvoll hält oder nicht, bleibt eine Frage des Blickwinkels. Vermieter und deren Interessenvertretungen werden vehement gegen die vorgeschlagenen Änderungen protestieren, insbesondere gegen diejenigen bei den Mieterhöhungen.
Wichtig ist jedoch, die Vermietung von Wohnraum durch gesetzliche Änderungen nicht zu unattraktiv zu gestalten. Denn was der Mietimmobilienmarkt am wenigsten vertragen kann, ist eine weitere Verknappung des Mietangebotes durch Umwandlungen von vormals vermieteten Räumlichkeiten in Eigentumswohnungen. Erfahrungen aus europäischen Nachbarländern zeigen, dass dies dauerhaft weder zu niedrigeren Mieten noch zu einer Erhöhung des Wohnangebots führt.
Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin und twittert zu immobilienrechtlichen Fragen.
Dominik Schüller, Entwurf des zweiten Mietrechtsnovellierungsgesetzes: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19130 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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