Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse: "Kommt einem Berufsverbot für Makler gleich"

Interview von Anne-Christine Herr

20.10.2014

2/2: "Faktisches Vertragsverbot"

LTO: Sie haben ein Gutachten für den Immobilienverband Deutschland (IVD) verfasst. Zu welchem Ergebnis kommen sie darin?

Hufen: Die Regelung, die dem Vermittler eine Provisionszahlung durch den Mieter faktisch unmöglich macht, stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar. Es handelt es sich eigentlich um ein Vertragsverbot, welches die Tätigkeit als Makler wirtschaftlich unmöglich macht- und das kommt für viele Makler einem Berufsverbot gleich. Zur Erreichung des Ziels, sozial schwache Mieter in Ballungsräumen vor der Abwälzung der Provision zu schützen, ist sie überhaupt nicht erforderlich. Das normale Bestellerprinzip hätte völlig ausgereicht.

Außerdem stellt der Wohnungsbestand den eigentlichen wirtschaftlichen Vermögenswert des Maklers dar – er gehört zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der von der Eigentumsgarantie umfasst wird.

Auch Wohnungssuchende werden in ihrer Vertragsfreiheit eingeschränkt, denn sie können keinen Makler mehr beauftragen, ihnen mehrere Bestandswohnungen zu zeigen.

Schließlich wird hier ein ungleicher Sachverhalt ohne Rechtfertigung gleich behandelt, was einen Eingriff in Art. 3 Grundgesetz darstellt: Das Gesetz geht darüber hinweg, dass es nicht nur arme und bedürftige, sondern auch durchaus solvente Mieter gibt. Gebiete, in denen keine Wohnungsnot herrscht, werden genauso behandelt wie Ballungszentren und Studentenstädte.

"Schuld ist der Markt - nicht die Makler"

LTO: Wenn in Zukunft niemand mehr bereit ist, den Makler zu bezahlen, ist das dann nicht eher ein Problem mangelnder Nachfrage durch die Vermieter als ein Problem der Verfassungskonformität des Gesetzes? Denn der Makler könnte zumindest theoretisch die Provision für eine vermittelte Bestandwohnung auch vom Vermieter verlangen.

Hufen: Das ist sicherlich richtig. Die Konsequenz der Neuregelung, dass der Makler vom Vermieter keine Aufträge mehr erhält, ist sicherlich eine rein wirtschaftliche. Den Eingriff in die Berufsfreiheit sehe ich aber eben darin, dass dem Makler faktisch die Möglichkeit genommen wird, mit dem Wohnungssuchenden einen Vertrag zu schließen.

LTO: Ist die Vertragsfreiheit der Mieter in der derzeitigen Lage nicht auch tangiert? Oftmals bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als – zähneknirschend – die Maklerkosten zu übernehmen.

Hufen: Es gibt natürlich viele Märkte, auf denen ein faktisches Monopol besteht. Das ist eine Frage des knappen Angebots und der starken Nachfrage. Vertragsfreiheit besteht grundsätzlich auch in diesen Märkten. Wenn das Angebot aber faktisch so knapp ist, dass es nur noch Wohnungen gibt, die vom Makler angeboten werden, dann besteht die Vertragsfreiheit nur noch durch die Vermittlungstätigkeit des Maklers. Diese Zwangslage liegt aber gerade nicht an den Maklern, sondern am Wohnungsmarkt. Wichtiger wäre es, wesentlich mehr Wohnungen, insbesondere in den Ballungszentren, bereitzustellen.

"Natürlich lieben die Makler auch das Bestellerprinzip nicht"

LTO: Wie müsste der Vorschlag geändert werden, damit er Ihrer Ansicht nach verfassungskonform wird?

Hufen: Das Bestellerprinzip allein wäre ein ausreichendes Mittel, um die Ungerechtigkeit zu beheben, dass immer der Schwächste der Dumme ist. Dieses Prinzip ist bei den Maklern zwar auch nicht gerade beliebt, aber es ist weniger drastisch als die Einschränkungen bei der Beauftragung durch den Wohnungssuchenden.

Diese Einschränkungen sollte man im Übrigen schlicht streichen. Wohnungssuchende sollten die Möglichkeit haben, einen Makler zu beauftragen, wenn sie dies für richtig halten. Es ist doch gerade für nicht ortskundige Suchende, die wenig Zeit haben, eine große Hilfe, dass die Makler den Markt überblicken und ihnen geeignete Objekte anbieten können.

LTO: Wie sehen Sie die Chancen, dass Ihre Vorschläge bereits jetzt zu einer Nachbesserung des Gesetzes führen?

Hufen: In der Öffentlichkeit wurde es leider so dargestellt, als hätte ich das Bestellerprinzip an sich als verfassungswidrig deklariert. Daraufhin entschied Justizminister Maas: "das stehen wir durch!". Jetzt ist der Entwurf schon von der Bundesregierung beschlossen. Die Hoffnung ist, dass der Rechtsausschuss und die Mitglieder des Bundestages nun wach werden und sehen, dass etwas völlig anderes beschlossen wurde als das, was im Koalitionsvertrag steht. Das müssen die Verbände, insbesondere auch der IVD, in letzter Sekunde ganz deutlich machen.

LTO: Was empfehlen Sie dem IVD, falls dies nicht geschieht?

Hufen: Der IVD hat angekündigt, dass die Makler Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben wird. Dies können sie auch, ohne vorher alle Instanzen durchlaufen zu müssen, denn das Gesetz wirkt unmittelbar, ohne weiteren Vollzugsakt. Für die Erhebung der Klage ist ab Inkrafttreten des Gesetzes ein Jahr Zeit. Dann wird man sehen, was passiert – Entscheidungen des BVerfG sind natürlich nicht prognostizierbar. Aber die Verfassungswidrigkeit istmeiner Meinung  ziemlich deutlich.

LTO: Herr Professor Hufen, vielen Dank für das Interview.

Professor Dr. Friedhelm Hufen ist Inhaber einer Professur für Staats – und Verwaltungsrecht an der Universität Mainz und Mitglied des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz.

Das Interview führte Anne-Christine Herr.

Zitiervorschlag

Anne-Christine Herr, Gesetzentwurf zur Mietpreisbremse: . In: Legal Tribune Online, 20.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13536 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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