Ein Archivlink auf die verbotene Plattform linksunten.indymedia brachte den Journalisten Fabian Kienert vor Gericht. Nun ist die Begründungsfrist für die angekündigte Revision der Staatsanwaltschaft verstrichen – und Kienert damit frei.
Im Juli 2022 hatte Fabian Kienert, Redakteuer beim Radiosender Dreyeckland aus Freiburg, auf eine Archivseite der verbotenen Plattform linksunten.indymedia verlinkt. Im Januar 2023 durchsuchten Beamte seine Wohnung, schon im April folgte die Anklage. Der Vorwurf: Durch das Setzen des Links habe Kienert die verbotene Organisation Linksunten.indymedia unterstützt und damit gegen das Vereinigungsverbot nach § 85 Abs. 2 des Strafgesetzbuches (StGB) verstoßen. LTO berichtete.
Die Plattform linksunten.indymedia war 2017 vom Bundesinnenministerium als faktischer Verein verboten worden. Der Grund: Die Webseite habe es erleichtert, dass dort strafbare Inhalte, darunter Bekennerschreiben zu linksextremistischen Anschlägen, veröffentlicht wurden.
Kienerts Verteidigung argumentierte, dass der Link auf eine Archivseite führe, die gerade nicht von der verbotenen Vereinigung selbst betrieben werde und jeder, der technisch versiert sei, die alten Inhalte sichern und veröffentlichen könne. Ein Gutachten eines Informatikers bestätigte diese Möglichkeit, was Zweifel daran aufwarf, ob durch den Link überhaupt von einer Fortführung der Organisation ausgegangen werden dürfe. LTO berichtete.
Staatsanwaltschaft begründet angekündigte Revision nicht
Zunächst wies das Landgericht Karlsruhe die Anklage ab, da es keine Hinweise auf die aktive Fortführung der Plattform sah. Doch auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft hin entschied das Oberlandesgericht Stuttgart im Juni 2023 anders: Der Link diene nicht der Information, sondern der Propaganda. Dies löste eine Debatte um die Grenzen der Pressefreiheit aus.
Im Juni 2024 sprach das Landgericht Karlsruhe Kienert frei. Es sah in der Verlinkung auf das Archiv keine strafbare Handlung. Das Urteil war bis zum Mittwoch aber noch nicht rechtskräftig. Nun ist es das aber: Die Staatsanwaltschaft hatte zwar Revision angekündigt, diese aber nicht binnen Monatsfrist begründet. Da die Begründung einen Monat nach Zustellung des schriftlichen Urteils an die Karlsruher Staatsanwaltschaft dem Landgericht nicht vorlag, ist das Urteil nun rechtskräftig.
In einem weiteren Verfahren wehrt sich Kienert gegen die Wohnungsdurchsuchung und Datenerhebung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Dort ist Verfassungsbeschwerde anhängig.
ls/LTO-Redaktion
Begründungsfrist verstrichen: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55500 (abgerufen am: 17.11.2024 )
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