LAG Düsseldorf zur Kündigung: Arbeit­geber durfte rote Hose vor­sch­reiben

von Tanja Podolski

21.05.2024

Weil er keine rote Hose tragen wollte: Das LAG Düsseldorf hat die Kündigung eines 43-Jährigen nach einem Streit um die Arbeitshose bestätigt. Warum der Gekündigte sich so beharrlich weigerte, blieb unklar.

"Im Kern liegt hier eine beharrliche Arbeitsverweigerung vor", der Arbeitnehmer habe die Sache "komplett in die Eskalation getrieben": Der Vorsitzende Richter Olaf Klein wurde an diesem Dienstag am Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf deutlich. Er und seine Kammer hätten die Beweggründe des Klägers gerne verstanden, doch dazu kam es nicht. Nach kaum 90 Minuten war daher der Streit um die rote Arbeitshose entschieden – zu Lasten des Klägers (Urt. v. 21.05.2024, Az.: 3 SLa 224/24). Die Revision hat die Kammer nicht zugelassen.  

Ein 43-jähriger Handwerksmeister hatte sich geweigert, eine rote Arbeitsschutzhose zu tragen – die er zuvor jahrelang bei der Arbeit durchaus getragen hatte. Doch im Oktober 2023 legte sein Arbeitgeber diese Pflicht in einer Hausordnung fest. In der Folge kam der in der Produktion arbeitende Mann mehrfach in schwarzer bzw. grauer Hose in den Industriebetrieb, es kam zu zwei Abmahnungen, nach dem dritten Mal auch zur ordentlichen Kündigung – aus sozialen Gründen, ist vom Arbeitgebervertreter zu vernehmen. Die Kündigung nämlich hätte in diesem Fall nämlich auch außerordentliche erfolgen können, sagte Richter Klein bei der Berufungsverhandlung. Seit dem Ausspruch der Kündigung war der Mann dann nach über neun Jahren Betriebszugehörigkeit freigestellt. Zu Ende Februar 2024 wurde sie wirksam, seitdem ist der Mann arbeitslos. 

Sozialsphäre betroffen, aber berechtigter Eingriff 

Er erhob, vertreten von dem Düsseldorfer Anwalt Martin Lauppe-Assmann, Kündigungsschutzklage. Mit der war der Handwerker schon vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Solingen erfolglos geblieben: Die rote Hose sei eine Arbeitsschutzkleidung, das Weisungsrecht der Arbeitgeberin habe die Anordnung daher gedeckt. Das ästhetische Empfinden des Klägers müsse bei der Interessenabwägung zurücktreten (ArbG Solingen, Urt. v. 15.03.2024, Az. 1 Ca 1749/23). 

Die Kammer am LAG bestätigte diese Argumentation im Wesentlichen. Nach der Sphärentheorie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sei hier lediglich die Sozialsphäre des Arbeitnehmers betroffen. In diese dürfe der Arbeitgeber mit seinem Weisungsrecht eingreifen, wenn er berechtigte Belange vorbringe. Das sei hier mit Verweis auf die Arbeitssicherheit geschehen: Rot sei – wie gelb – eine Signalfarbe, die in den Hallen des Arbeitgebers besser zu sehen sei als dunkle Farben. Das habe der Arbeitgeber, vertreten von Dr. Christopher Weuthen von der Arbeitsrechtsboutique Vangard, wirksam in der Hausordnung festgelegt. 

Es habe darüber hinaus "keine unerhebliche Rolle gespielt", dass der 43-Jährige die Hose jahrelang getragen habe, so das Gericht. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Mann sich zum Ende hin so beharrlich geweigert hat. 

Niederlage nach klarer Warnung 

Die Entscheidung kam mit Ansage – und offenbar hatten auch der klagende Handwerker und sein Vertreter mit keiner anderen Entscheidung in der Sache gerechnet. "Es sieht nicht gut aus für Sie", hatte Richter Klein während der Verhandlung zum Kläger gesagt. Mehrfach hatte der Richter den Mann aufgefordert, zur Sache vorzutragen, verständlich zu machen, warum er sich jetzt so energisch gegen das Tragen der roten Hose wehrte. Die Auflösung folgte in der Verhandlung nicht.  

Dass der Kläger eine Entscheidung in der Sache wollte, stand schon im erstinstanzlichen Urteil. An diesem Tag signalisierte er nach den Fragen nach möglichen Vergleichsmöglichkeiten Einigungsbereitschaft. Doch die von der Kammer in den Raum gestellten 2.000 Euro als Sozialabfindung interessierten ihn nicht ernsthaft. Zu Vergleichsverhandlungen kam es daher nicht einmal. 

Nach über neun Jahren im Job ist der Mann also nun als Handwerksmeister arbeitslos. Ob er Nichtzulassungsbeschwerde einlegt, werde man noch prüfen, sagte Anwalt Lauppe-Assmann gegenüber LTO.  

Arbeitskleidung ist häufig Streitthema 

In Arbeitsverhältnissen ist vorgeschriebene Arbeitskleidung durchaus üblich. "Kleiderordnungen haben die Rechtsprechung schon wiederholt befasst", erläutert Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott den Kontext. "Sofern die Vorgaben nicht in den Intimbereich der Beschäftigten eingreifen, billigt die Rechtsprechung diese regelmäßig". Auch er sieht im vorliegenden Fall keine in Betracht kommende Ausnahme. 

Fälle, in denen um Arbeitskleidung gestritten wird, betreffen häufig etwa den Einzelhandel, bei dem beispielsweise Vorgaben gemacht werden, um die Corporate Identity zu wahren oder um Mitarbeitende von Kunden zu unterscheiden. Nicht selten geht es vor Gericht auch um die Schutzfunktion von Arbeitskleidung.  

Immer greifen Kleidervorgaben in die Sphäre der Beschäftigten und damit in Art. 2 Grundgesetz (GG) ein. Wenn es um das Kopftuch geht, spielt auch die Religionsfreiheit nach Art. 4 GG eine Rolle. Bis zum BAG hatte es der Fall der Mütze von Piloten geschafft: Da Frauen diese Pflicht nicht gleichermaßen hatten, lag hier sogar ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.  

Dass der Handwerksmeister mit seiner roten Hose ebenso erfolgreich sein wird, ist jedoch eher nicht zu erwarten. Dazu Fuhlrott: "Mich persönlich wundert es eher, dass der Kläger diese aus meiner Sicht klare Rechtsfrage nach seinem erstinstanzlichen Unterliegen auch nochmals dem LAG vorgelegt hat." 

Zitiervorschlag

LAG Düsseldorf zur Kündigung: . In: Legal Tribune Online, 21.05.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54585 (abgerufen am: 16.11.2024 )

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