Kirchen tun sich schon schwer damit, konfessionslose Arbeitnehmer einzustellen. Bei Austritten aus der Kirche aber hört der Frieden ganz auf. Nur wenige Verfahren schaffen es allerdings wegen möglicher Diskriminierung vor die Gerichte.
Nicht nur, aber auch arbeitsrechtlich betrachtet haben es die Kirchen zunehmend schwer. Bei der Einstellung von Bewerbern dürfen sie sich nicht mehr pauschal auf ihr kirchliches Selbstbestimmungsrecht berufen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Fall Egenberger (Urt. v. 17.04.2018, Az. C-414/16). Beim Verfahren des Chefarztes in einem katholischen Krankenhaus stellte sich die Frage, ob diesem gekündigt werden darf, weil er nach einer Scheidung erneut geheiratet hatte. Auch hier entschied der EuGH, dass die Kirchen der gerichtlichen Kontrolle unterliegen und prüfen dürfen, ob die Religion im Hinblick auf die Art der betreffenden Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt (EuGH, Urt. v. 11.09.2018, Az. C-68/17).
Eine andere Frage hat es noch nicht bis zum EuGH geschafft: die der Folgen eines Kirchenaustritts auf eine mögliche Anstellung. Der Chefarzt ist weiterhin katholisch, Vera Egenberger war konfessionslos. Und das wird in Kirchen gemeinhin als nicht so schlimm angesehen, wie ein Austritt. Denn dies ist für beide Glaubensgemeinschaften eine bewusste Entscheidung gegen die Religion, eine derartig klare Abkehr gibt es nicht, wenn man in den Augen der Kirchen nur illoyal ist wie der Chefarzt oder eben nie mitgemacht hat wie Vera Egenberger.
Die evangelische Kirche ist hier – wie etwa auch in Bezug auf die Teilnahme am Abendmahl - noch etwas offener als die katholische. Und auch, wer aus der evangelischen Kirche aus- und in eine andere christliche Kirche eingetreten ist, ist grundsätzlich als Beschäftigter noch willkommen – das ist dann nur ein Übertritt, kein Austritt. Für diejenigen, die aus der katholischen Kirche ausgetreten sind egal mit welchem Ziel, gilt das nicht. Die kommen als Arbeitnehmer nicht mehr in Betracht.
"Ja" bei der Frage nach dem Kirchenaustritt
Liegt darin eine rechtswidrige Diskriminierung? Rechtsanwalt Dr. Klaus Bertelsmann, der gemeinsam mit Peter Stein auch den Egenberger-Fall vertreten hat, würde das gerne klären lassen. Seine Mandantin hatte sich auf eine Stelle beim Sekretariat des katholischen Hochschulverbandes in Pforzheim beworben. Die Einstellungsgespräche liefen gut, ihr wurde nach Angaben des Anwalts die Teilzeitstelle zugesagt.
Beim später auszufüllenden Personalfragebogen gab sie jedoch an, dass sie aus der katholischen Kirche ausgetreten sei. Daraufhin sei ihr von der zuständigen Erzdiözese Freiburg mitgeteilt worden, dass unter diesen Umständen ein Arbeitsverhältnis nicht abgeschlossen würde.
Dabei ist die Bewerberin nicht mal konfessionslos, sondern ist tatsächlich nach einem Umzug in eine rein evangelische Gemeinde dorthin übergetreten. Die Frau reichte Klage beim Arbeitsgericht Pforzheim ein mit der Begründung, sie sei bei der Einstellung wegen fehlender bzw. anderweitiger Religionszugehörigkeit diskriminiert worden.
"Die Erzdiözese sah die Nichteinstellung der Klägerin als gerechtfertigt an und verwies auf Art. 3 IV der Grundordnung der katholischen Kirche aus dem Jahr 2015", teilt Rechtsanwalt Bertelsmann mit. Die Norm untersage eine Einstellung von Bewerbern, die sich kirchenfeindlich betätigten oder die aus der katholischen Kirche ausgetreten waren. Die Rechtswidrigkeit dieser Norm wollte der Hamburger Anwalt feststellen lassen – und klagte.
Für Dr. Jörg Vogel, Partner bei Bender Harrer Krevet in Freiburg, der die Erzdiözese in dem Verfahren beraten hat, ist die Norm nicht rechtswidrig: "Durch den Austritt wird in aller Regel das Band, das ein Dienstverhältnis mit einem katholischen Arbeitgeber prägen sollte, gelöst und der Kernbereich der Loyalitätspflicht gegenüber der Identifizierung mit den Werten und Zielen der katholischen Einrichtung berührt", sagt der Arbeitsrechtler. "Das ist eine ganz bewusste Entscheidung gegen die Kirche. Ist das dann eine Diskriminierung, wenn kirchliche Einrichtungen solche Mitarbeitenden nicht beschäftigten wollen? Ich meine nicht."
Viel Einmütigkeit, kein Urteil
Nun liegt trotzdem ein Vergleich vor – zu einem Urteil ist es nicht gekommen. Sein Inhalt: "Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsfeld nicht zustande gekommen. Die Beklagte bedauert die Umstände, unter denen dies geschehen ist. Die Erzdiözese zahlt 9.000 Euro netto als Schadensersatz/Entschädigung an die Frau, das sind knapp sieben Bruttomonatsentgelte." Das ist gut für die Mandantin – und schlecht für die Rechtsfortbildung.
"Im Ergebnis ist das eigentliche Ziel des Verfahrens nicht erreicht worden, nämlich die Klärung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens, bei Einstellungen Personen abzulehnen, die aus der Kirche ausgetreten sind", erklärt Bertelsmann. Und weiter: "Für die Klägerin selbst ist das Ergebnis – rund sieben Bruttomonatsgehälter - finanziell positiv, besonders wichtig auch für künftige Fälle ist aber auch die Erfahrung, dass die katholische Kirche mit allen Mitteln versucht, eine Klärung solcher Angelegenheiten zu vermeiden."
Ein Kirchenaustritt hatte es mal bis zum Bundesarbeitsgericht geschafft – allerdings hatte in diesem Fall das Arbeitsverhältnis bereits bestanden (Urt. v. 25.04.2013, Az. 2 AZR 579/12).
Vergleich statt Urteil im kirchlichen Arbeitsrecht: . In: Legal Tribune Online, 01.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33601 (abgerufen am: 21.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag