Insolvenzbedingt unterbrochene Unterlassungsklagen: Gläubiger kann den Rechtsstreit aufnehmen

von Michael Kuleisa

07.06.2010

Gute Nachrichten für Gläubiger von Unterlassungsansprüchen gewerblicher Schutzrechte: Auch bei einer Insolvenz des Schuldners hat der Gläubiger nach einem aktuellen Urteil des BGH das Recht zur Aufnahme des Rechtsstreits. Diese ist aber nur in bestimmten Fällen sinnvoll. Michael Kuleisa über eine insolvenzrechtlich wie auch für den Gewerblichen Rechtsschutz wichtige Entscheidung.

Problematisch war, ob ein Rechtsstreit über einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes oder eines Wettbewerbsverstoßes als Aktiv- oder Passivprozess einzuordnen ist. Das RG und später der Bundesgerichtshof ( BGH) qualifizierten Unterlassungsansprüche als Aktivprozess. Das Recht zur Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreites würde sich dann nach § 85 InsO richten, so dass nur der Insolvenzverwalter, nicht aber der klagende Gläubiger berechtigt wäre, den Prozess aufzunehmen. Das Schrifttum stand demgegenüber nahezu einhellig auf dem Standpunkt, dass es sich bei einem auf einen Unterlassungsanspruch gerichteten Rechtsstreit gegen den Insolvenzschuldner um einen Passivprozess handelt.

Der BGH hat sich nunmehr mit Urteil vom 18.03.2010 (Az. I ZR 158/07 – Modulgerüst II) dieser Auffassung für den Fall angeschlossen, dass Klaggegenstand ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes oder eines Wettbewerbsverstoßes ist. Ein auf Unterlassung gerichteter Rechtsstreit betrifft regelmäßig keine Leistung, die noch erst in die Masse gelangen soll, wie dies für einen Aktivprozess typisch ist.

Aufnahmebefugnis nach § 86 InsO

Die Aufnahmebefugnis für den gestörten Gläubiger in einem nach § 240 ZPO insolvenzbedingt unterbrochenen Rechtsstreit richtet sich nach § 86 InsO, wobei nicht einheitlich beantwortet wird, ob diese aus § 86 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 3 InsO oder sogar analog § 86 Abs. 1 InsO folgt.

Der BGH hat sich für eine analoge Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 InsO entschieden, wenn Streitgegenstand ein Unterlassungsanspruch wegen Verletzung eines gewerblichen Schutzrechtes oder einer unerlaubten geschäftlichen Handlung ist.

Zwar betrifft dieser keine Masseverbindlichkeit, es entstünde dann aber eine Regelungslücke,, die durch entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 Nr. 3 zu schließen sei. Zum Zwecke eines effektiven Rechtsschutzes habe der gestörte Gläubiger ein schützenswertes Interesse daran, den Rechtsstreit unabhängig von der Entscheidung des Insolvenzverwalters aufnehmen zu können.

Feststellungsklage wegen Schadenersatzes dem Grunde nach

Praxisrelevant ist zudem der Hinweis des BGH, dass bei Schwierigkeiten der Bezifferung von Forderungsanmeldungen ein Auskunftsanspruch gegen den Insolvenzverwalter besteht.

In dem Rechtsstreit wurde weitergehend geltend gemacht, den zur Insolvenztabelle angemeldeten Schadenersatzanspruch dem Grunde nach festzustellen. Den zunächst gegen den Schuldner geführten Rechtsstreit konnte der Gläubiger nach Bestreiten der angemeldeten Forderung durch den Insolvenzverwalter gemäß § 180 Abs. 2 InsO aufnehmen.

Ein solcher Feststellungsantrag ist aber unzulässig, weil Ansprüche, die Schadenersatzpflichten nur dem Grunde nach zum Gegenstand haben, als solche nicht in die Insolvenztabelle eingetragen werden können. Sie müssen vielmehr mit einem bezifferten Geldbetrag geltend gemacht werden, welcher gegebenenfalls zu schätzen ist. Hat der Gläubiger Schwierigkeiten bei der Bezifferung, besteht die Möglichkeit, zunächst Klage auf Auskunftserteilung / Rechnungslegung zu erheben oder in einem insolvenzbedingt unterbrochenen Rechtsstreit den Klageantrag mit der Aufnahme entsprechend umzustellen.

Ein solcher Hilfsanspruch nach § 242 BGB dient der Durchsetzung der zu beziffernden Schadenersatzansprüche. Die Aufnahmebefugnis für den Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung / Rechnungslegung folgt aus der analogen Anwendung des § 180 Abs. 2 InsO.

Aber Achtung: Das Recht zur Aufnahme ist nur die halbe Miete

Diese Entscheidung des BGH, dem Gläubiger die Möglichkeit zu eröffnen, seinen Unterlassungsanspruch auch nach Insolvenzeröffnung gegen den Insolvenzverwalter weiter zu verfolgen, ist zu begrüßen.

Eine in der Person des Schuldners entstandene Wiederholungsgefahr ist dem Insolvenzverwalter aber nicht zuzurechnen. Eine Aufnahme sollte deshalb nur erfolgen, wenn eine Rechtsverletzung durch den Insolvenzverwalter, beispielsweise im Rahmen der Betriebsfortführung, beweisbar ist.

Anderenfalls mag sich der Unterlassungskläger zwar über sein Recht zur Aufnahme freuen, trägt dann aber die Kosten des – dennoch - verlorenen Rechtsstreites. So geschehen übrigens auch im Streitfall des BGH.

Der Autor Michael Kuleisa ist Partner einer Sozietät für Insolvenz- und Zwangsverwaltung in Hamburg und Verfasser zahlreicher Publikationen zu insolvenz- und gesellschaftsrechtlichen Themen.

Zitiervorschlag

Insolvenzbedingt unterbrochene Unterlassungsklagen: . In: Legal Tribune Online, 07.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/557 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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