Justizminister Heiko Maas befürchtet nicht, dass mit der geplanten Mietpreisbremse der Wohnungsbau in Deutschland zurückgehen könnte. Der Mietrechtler Dominik Schüller ist da skeptischer. Auch von den Plänen der Großen Koalition zum Bestellerprinzip im Maklerrecht und einer neuen Berechnungsmethode für den Mietspiegel hält er nicht viel.
Sowohl Union als auch SPD haben die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt für den Wahlkampf genutzt. Daher ist es nicht überraschend, dass nun auch der Koalitionsvertrag eine Vielzahl von geplanten Regelungen für die Immobilienwirtschaft enthält. Die Bundesregierung möchte damit dem stetig wachsenden Bedarf an Wohnungen in Ballungszentren, den für die Energiewende notwendigen Umbaumaßnahmen sowie den demografischen und sozialen Herausforderungen begegnen.
Einige Ziele sind grob umrissen, andere schon relativ konkret ausformuliert. Insgesamt drohen der Immobilienwirtschaft herbe Einschnitte.
Besonders konkret sind die Pläne zur Mietpreisbremse, die es noch vor der Sommerpause ins Gesetzblatt schaffen und den Bundesländern die Möglichkeit geben soll, für die Dauer von fünf Jahren in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, eine Mieterhöhung bei einer Wiedervermietung zu deckeln. Maximal 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete sollen Vermieter dort verlangen dürfen. Ausnahmen sind für Erstvermietungen in Neubauten und Anschlussvermietungen nach umfassenden Modernisierungen vorgesehen. Mindestens soll der Vermieter jedoch die bisherige Miethöhe verlangen können. Will ein Land diese Gebiete ausweiten, muss es zuvor einen Maßnahmenplan zur Behebung der Mangellage erarbeiten.
Mietpreisbremse senkt Mieten nicht zwingend
Der Deutsche Mieterbund begrüßt das Vorhaben naturgemäß, der Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen kritisiert das Vorpreschen ohne Berücksichtigung der weiteren Vorgaben des Koalitionsvertrages. Tatsächlich verwundert das schnelle Vorgehen der Bundesregierung. Flankierende Maßnahmen sind bisher nämlich nicht einmal ansatzweise auf den Weg gebracht worden. Die Auswirkungen auf die derzeit in Deutschland florierende Immobilienwirtschaft sind bislang nicht abzusehen. Es besteht die Gefahr, dass Investoren zunächst einmal abwarten werden. Die Mietpreisbremse wird am Ende also nicht zwingend zu günstigeren Mieten führen.
Zudem stellen sich auch rechtliche Probleme. Schon jetzt ist die Einordnung einer Mietwohnung in den Mietspiegel (sofern für das Gebiet ein solcher existiert) nicht unproblematisch. Die vielen Rechtsstreite vor den Amtsgerichten belegen dies. Auch bei der vorgesehenen Ausnahme für umfassende Modernisierungen sind Probleme zu erwarten. Wie wird eine solche Modernisierung definiert? Zahllose Klagen sind da vorprogrammiert.
Zudem könnte damit auch ein neuer Investitionsanreiz für eine Vollmodernisierung gesetzt werden. Gerade diese sind jedoch Kostentreiber für die Bestandsmieter. Zu guter Letzt muss eine solche Regelung auch seitens der Verwaltung überprüft werden können. Hierzu müssen sicherlich in den ausgedünnten Behörden neue personelle Kapazitäten aufgebaut werden. Zweifellos sind bezahlbare Mieten wichtig.
2/2: Mietfläche: Zahlreiche Neuvermessungen notwendig?
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Flächenabweichungen der im Mietvertrag vereinbarten Mietfläche nur dann relevant werden, wenn sie mehr als zehn Prozent betragen.
Die Bundesregierung will das ändern. Nur noch die tatsächliche Wohn- bzw. Nutzfläche soll Grundlage für Ansprüche des Vermieters sein. Kaum eine deutsche Wohnung dürfte aber absolut richtig vermessen sein. Häufig übernehmen neue Eigentümer die Angaben ihrer Vorgänger zur Wohnfläche. Selbst Quadratmeterangaben in Bauplänen sind oft nicht exakt. Zukünftig würde der Vermieter dazu gezwungen, bei einer Neuvermietung die Wohnung von einem Fachmann vermessen zu lassen. Die Kosten dafür werden am Ende die Mieter tragen.
Bei Bestandsmietverhältnissen besteht zudem die Gefahr, dass es zu tausenden von Prozessen um Minimalbeträge vor den ohnehin überlasteten Amtsgerichten kommt.
Neue Berechnungsmethode für Mietspiegel wird nicht viel helfen
In einem Satz wird im Koalitionsvertrag angekündigt, dass im Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete auf eine breitere Basis gestellt und realitätsnäher dargestellt werden soll. Vermutlich ist dies so zu verstehen, dass der Betrachtungszeitraum auf mehrere Jahre ausgeweitet werden soll, was faktisch zu einer Reduzierung der ortsüblichen Vergleichsmiete führen wird.
Es entstünde der marktwirtschaftlich ungesunde Fall, dass der Markt aufgrund des knappen Angebotes bereit ist, einen höheren Preis zu zahlen, als der Vermieter bei einer Neuvermietung verlangen darf. Abstandszahlungen und ähnliche bereits in den 90er Jahren bekannte Erscheinungen könnten hierdurch eine Renaissance erleben.
Faktisch würde dies dazu führen, dass wiederum die wirtschaftlich starken Mieter den Zuschlag zur Anmietung der begehrten Mietwohnung erhalten. Geringverdiener gehen tendenziell solange leer aus, bis das Angebot (Mietflächen) wieder steigt und dadurch die Nachfrage nachlässt. Wenn jedoch Investitionsanreize durch gesetzliche Änderungen gestrichen werden, wird der Markt wegen der Eingriffe wohl eher langsamer reagieren als gewünscht.
Bestellerprinzip im Maklerrecht
Der Koalitionsvertrag gibt zum Bestellerprinzip lediglich preis, dass der Makler von demjenigen bezahlt werden soll, der ihn auch bestellt hat. Dies ist bereits insoweit ungenau, als man einen Makler regelmäßig nicht wie eine Pizza bestellt. Vielmehr schließt dieser regelmäßig mit dem Vermieter, dem Mieter oder beiden einen Vertrag ab. In diesem Rahmen gilt wie überall in unserer Rechtsordnung grundsätzlich, dass nur innerhalb des jeweiligen Vertragsverhältnisses Zahlungen zu leisten sind.
In der Regel vereinbaren Makler und Vermieter keinen typischen Maklervertrag, da der Vermieter dem Makler keine Provision zahlen will. Der Makler erhält lediglich die Möglichkeit, die Wohnung am Markt auf sein Risiko anzubieten. Er schließt deshalb regelmäßig erst mit dem Mieter einen Maklervertrag ab und vereinbart für den Vermittlungserfolg eine Provision (die von der Makler- und Bauträgerverordnung gedeckelt wird).
Nach dem Wunsch der Bundesregierung soll nun wohl derjenige die Maklerprovision zahlen, der das erste Mal Kontakt mit dem Makler hatte – unabhängig von späteren vertraglichen Vereinbarungen. Jedem Juristen müssen sich da die Nackenhaare sträuben. Denn dies ist ein erheblicher Eingriff in die Vertragsfreiheit. Auch faktisch wird dies nichts daran ändern, dass bei knappem Immobilienangebot im Ergebnis der Mieter die Maklerprovision wird zahlen müssen.
All das sind nur Beispiele für die Immobilienpolitik der neuen Bundesregierung, die erklärtermaßen auf einen wohnungspolitischen Dreiklang setzt: Stärkung der Investitionstätigkeit, Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus mit ausgewogener mietrechtlicher und sozialpolitischer Flankierung. Das klingt gut, die Umsetzungsvorschläge klingen jedoch holprig bis riskant oder kontraproduktiv.
So wird es etwa nicht von Vorteil für den Immobilienmarkt sein, wenn einzelne Punkte wie die Mietpreisbremse sehr schnell ohne flankierende Maßnahmen umgesetzt werden. Es wäre daher gut, wenn die Bundesregierung – wie angekündigt – den Dialog mit der Immobilienwirtschaft weiter ausbauen würde.
Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht in der Immobilienrechtskanzlei SAWAL Rechtsanwälte & Notar in Berlin und twittert unter twitter.com/ra_schueller aber Themen der Immobilienwirtschaft.
Dominik Schüller, Immobilienpolitik der Großen Koalition: Investoren verängstigt . In: Legal Tribune Online, 30.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10824/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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