Ein neuer Rundfunkstaatsvertrag – darüber diskutierten Juristen, die sich auf der diesjährigen Kölner Spielemesse trafen. Ausgelöst hatte die Debatte der Fall eines Livestreamers und Gamers, der den Gesetzgeber nicht gut aussehen lässt.
Schon die Eröffnung durch die Kanzlerin zeigt: Auf der diesjährigen Gamescom geht es nicht nur ums Spielen, sondern auch um Politik und damit um Recht. Im Rahmen einer an die Spielemesse angekoppelten Veranstaltung, dem "Gamescom Congress", traf sich die Fachwelt, um unter anderem juristische Themen zu diskutieren, die die Spielebranche betreffen. Die wichtigste Frage: Wie kann eine zeitgemäße Novelle des Rundfunkstaatsvertrages aussehen?
Denn "darüber, dass etwas passieren muss, besteht Konsens", stellte Prof. Dr. Rolf Schwartmann von der TH Köln schon früh zu Beginn der zahlreichen Vorträge und Podiumsdiskussionen klar. Die Debatte um den 20. Rundfunkstaatsvertrag losgetreten hatte der Fall des Livestreamers "PietSmiet" im März dieses Jahres. Der Let's-Player, der mit bürgerlichem Namen Peter Georg Smits heißt, begann 2007 damit, auf Youtube kommentierte Beiträge von sich beim Videospielen hochzuladen. Der Kanal etablierte sich über Jahre fest in der Branche, mittlerweile sorgen vier weitere Spieler zusammen mit Smits für Inhalte, die sich über zwei Millionen Abonnenten ansehen.
Mit wachsendem Erfolg übertrug das Kollektiv seine Arbeit auch auf die Streaming-Plattform Twitch, auf der die Fans den fünf Jungs live beim Spielen und Kommentieren zusehen konnten. Wie auf Youtube ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten - was letztlich die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) auf den Plan rief. Sie war der Auffassung, dass PietSmiet eine Rundfunklizenz für ihren Twitch-Auftritt brauchten, und gab den Spielern bis Ende April 2017 Zeit, zu reagieren. Sollten sie den Stream ohne Lizenz fortsetzen, drohte ein Bußgeld.
Welche Probleme der Rundfunkstaatsvertrag verursacht
Die Unterhalter stellten den 24/7-Stream daraufhin ab Mai bis auf Weiteres ein. "Lediglich nach Absprache mit der Landesmedienanstalt senden wir noch auf einem Nebenkanal ab und zu live", so Smits im Gespräch mit LTO auf dem Gamescom Congress. Der Kanalgründer saß auch im Publikum, als LfM-Direktor Dr. Tobias Schmid klarstellte, dass sich am grundsätzlichen Konzept in absehbarer Zeit nichts ändern werde: "Medien haben eine Wirkmacht inne, die auf der einen Seite viel Freiheit braucht. Auf der anderen muss der Staat allerdings sicherstellen, dass sich die Akteure an die Mindeststandards halten, wie etwa den Schutz der Menschenwürde und der Jugend."
Schmid ließ erkennen, dass auch er die Probleme sieht, die die aktuelle Rechtslage in der Praxis hervorruft. Er betonte aber: "Eine Medienaufsichtsbehörde ist dafür da, geltendes Recht nicht zu bewerten, sondern anzuwenden." Und danach sind beziehungsweise waren PietSmiets Kanäle auf Twitch ein lizenzpflichtiges Rundfunkangebot, weil sie live, regelmäßig sowie wiederholt sendeten, dabei von mehr als 500 Zuschauern gleichzeitig gesehen werden konnten und ihre Inhalte mehr oder weniger redaktionell gestalteten.
Dabei zeigt Smits' Fall die Unsicherheiten auf, die für eine ungeahnt große Zahl von Kanälen zum Verhängnis werden können: Um auf einer Streaming-Plattform zu senden, braucht es im Prinzip nur die technischen Mittel und eine ausreichende Internetverbindung. 500 Zuschauer sind für Online-Verhältnisse eine vergleichsweise kleine Größenordnung und wer so viele Fans an sich bindet, schafft das in der Regel nur, indem er regelmäßig sendet und seine Inhalte dabei interessant und damit zumindest teilweise redaktionell gestaltet. Eine Rundfunklizenz aber kostet, was sich viele Streamer erst einmal nicht leisten können, obwohl sie ihren Kanal gern zu einem wirtschaftlichen Standbein auszubauen würden.
Marcel Schneider, Der Fall "PietSmiet" auf dem Gamescom Congress: . In: Legal Tribune Online, 24.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24125 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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