Die Idee vom parteiübergreifenden und multilokalen Forum Recht ist in der Politik angekommen. Anders geht es nicht, das Parlament soll das Projekt mittragen, der Bund es bezahlen. Es ist nun genehmigt, aber nicht ohne ersten Ärger.
Ohne politisches Geplänkel geht es auch bei den Plänen für das Forum Recht nicht. Dabei sind die Absichten für diesen Erlebnispark des Rechts so unpolitisch, wie sie nur sein können: Es soll ein Projekt entstehen, in dem das Recht und der Rechtsstaat erlebbar werden. Auf moderne Art, seriös, es soll informieren, sensibilisieren, zu Diskussionen einladen; das alles bürgernah, ohne Hemmschwellen, sich darauf einzulassen. Ein Forum für alle also - unabhängig von Parteipolitik. Auf lokaler Ebene ging das lange gut.
Am Donnerstag nun war offiziell Schluss damit. Das Forum hat es auf die Tagesordnung im Plenum geschafft. Das ist ein großer Erfolg für ein Projekt, das in der kleinen Stadt Karlsruhe mit einer ebenso kleinen Gruppe Ehrenamtlicher seine Anfänge nahm. Doch es fand Unterstützer beim Bundesgerichtshof (BGH), dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG), der Generalbundesanwaltschaft, der Anwaltschaft, der Justizpressekonferenz, der Stadt selbst, Kulturschaffenden wie das Badische Staatstheater und das Zentrum für Kultur und Medien (ZKM) - und auch im Bundestag. Inzwischen ist es in denKoalitionsvertrag aufgenommen. Berlin allerdings ist nicht so klein wie die Hauptstadt der Justiz – und nicht ganz so harmonisch.
Sichtbar wurde das in der Debatte am Donnerstagabend im Bundestag. Mit der AfD will sowieso niemand zusammenarbeiten, die will aber auch das Forum Recht nicht haben. Die CDU-Fraktion arbeitet inhaltlich zudem nicht mit der Linksfraktion zusammen. Also mussten zwei Anträge her – identische, wohlgemerkt. Nun standen also ein Antrag der Linken und einer von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Debatte. Nach den Wüschen aller Fraktionen sollte der Bundestag am Donnerstag beschließen, dass das Forum Recht gegründet wird. Und so ist es geschehen. Nur die AfD stimmte gegen den Antrag der Fraktionen, bei dem die Linke nicht mitmachen durfte. Bei deren identischem Antrag stand daher die CDU in ihrer Ablehnung dieses Antrags neben der AfD, die SPD enthielt sich. Zwei inhaltsgleiche Anträge, zwei Ergebnisse – willkommen im Deutschen Bundestag.
Wie viele Debatten verträgt das Forum?
Der hat mit diesem Antrag die Initiative Forum Recht auf eine größere politische Bühne gehoben. Denn jetzt ist plötzlich die Frage, ob es bei dieser noch überschaubaren Debatte bleibt oder ob die Initiative zwischen der Parteipolitik zerrieben wird. Denn nun soll neben dem Hauptsitz Karlsruhe ein zweiter Standort in Ostdeutschland entstehen. Diese Idee war im Vorfeld längst einmal diskutiert und verworfen worden – insbesondere um nicht den Eindruck zu erwecken, der Westen müsse mit einer Idee aus Karlsruhe dem Osten erklären, wie der Rechtsstaat funktioniert.
Obwohl es nun den gemeinsamen Antrag der Fraktionen inklusive Prüfauftrag für einen zweiten Standort gibt, zeigte sich in der Debatte, dass die Idee von einem zweiten Standort weiterhin Gegner hat. Natürlich ist der Karlsruher Bundestagsabgeordnete Ingo Wellenreuther (CDU) dagegen, genau wie der parlamentarische Geschäftsführer der FDP Stefan Ruppert oder Carsten Körber (CDU), Mitglied im Haushaltsausschuss.
Das ist keine Überraschung. Sie waren in die früheren Diskussionen um den Standort des Forum Recht eingebunden. Die fanden allerdings in Karlsruhe und im Haushaltsausschuss statt – nicht im Parlament und nicht im eigentlich zuständigen Rechtsausschuss. Für Katja Keul, rechtspolitische Sprecherin Bündnis90/Grüne, sind "die vorliegenden Konzepte nur eine Diskussionsgrundlage". Sie will das gesamte Konzept nun "offen und transparent" im Bundestag und vor allem im Rechtsausschuss diskutiert wissen.
Daher ist es nach dem Beschluss von Donnerstagabend nun am Bundestag, ein Realisierungskonzept vorzulegen, das im Parlament in einer öffentlichen Anhörung diskutiert werden soll. Dass der Beschluss für das Forum Recht kein isoliertes Partei- oder Regierungsvorhaben ist, ist durchaus im Interesse der Initiatoren. Auch eine breit geführte Debatte mit dem Effekt, dass das Projekt vom gesamten Parlament getragen wird, ist gewollt.
Gesetzentwurf gibt es schon
Jetzt besteht nur die Befürchtung, dass die Diskussion das Projekt bremsen könnte. Potenzial dazu hat auch das Realisierungskonzept, das die Regierung nun auf Basis der existierenden Machbarkeitsstudie vorlegen muss. Für dessen Vorlage gibt es keine Frist. Die Machbarkeitsstudie hatte der Bund bereits mit 200.000 Euro gefördert. Für die Konzeptvertiefung dieser Studie flossen weitere 150.000 Euro aus dem Haushalt 2018. Die Machbarkeitsstudie kommt – ebenso wie ein Gutachten aus dem Bundesjustizministerium (BMJV) - zu dem Ergebnis, dass für dieses Projekt eine Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet werden müsse. Dafür braucht es ein dazugehöriges Gesetz.
Einen entsprechenden Entwurf gibt es schon – den hat in einer ersten Fassung Bettina Limperg, Präsidentin des Bundesgerichtshofs, ausgearbeitet, inzwischen gibt es bereits eine Überarbeitung. Von einem Standort in Ostdeutschland ist darin allerdings nicht die Rede. Dafür aber von den Organen der Stiftung mit Kuratorium, wissenschaftlichem Beirat, Geschäftsführung. Der Bundestagspräsident etwa soll qua Amt im Kuratorium einen Sitz haben. Der CDU-Abgeordnete Carsten Körber äußerte in seiner Rede im Bundestag die Hoffnung, die Stiftung könnte bereits Anfang 2019 gegründet werden.
Möglich wäre das, immerhin hat der Bundestag der Gründung jetzt zugestimmt. Es könnte also schnell gehen – wenn die Politik sich nicht mit sich selbstaufhält. Am 8. November findet die Bereinigungssitzung für den Bundeshaushalt statt. In dieser Sitzung, so hoffen einige, sollen bereits die Barmittel für 2019 und Verpflichtungsermächtigungen für die Folgejahre beschlossen werden, um die Finanzierung des Forums Recht zu sichern.
Von insgesamt 83 Millionen Euro Kosten geht die Machbarkeitsstudie aus – wohlgemerkt bei einem Standort. Für den kleinen Haushalt des BMJV ist das viel Geld – vor allem deshalb hatte sich das Ministerium zunächst geziert, das Projekt im eigenen Haus aufzuhängen. Doch die Überlegungen, das Forum Recht beim Bundesinnenministerium (BMI) aufzuhängen, sind vom Tisch. Die größte Aufgabe ist der Bau des geplanten Gebäudes in Karlsruhe – der kann über eine Ressortvereinbarung mit dem BMI oder direkt über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gestemmt werden.
Das alles muss kein Problem werden. Die Gefahr liegt eher in politischen Querelen. Gegen die Politik muss sich eine Initiative für den Rechtsstaat erst mal behaupten. Doch das Forum will Partizipation, und das wollen auch die demokratischen Politiker. Es dürfte also zur Realisierung des Forums Recht kommen. Die Frage ist seit gestern nicht nur, wo. Sondern auch, wann.
Abstimmung über Forum Recht im Bundestag: . In: Legal Tribune Online, 19.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31609 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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