2/2: Wer wen aus welchem Stadion ausschließen darf
Gleiches gilt für die örtlichen Stadionverbote. Gemäß § 4 Abs. 2 der Stadionverbotsrichtlinie des DFB steht es dem Hausrechtsinhaber zu, ein solches zu verhängen, sofern ein Verstoß gegen die Stadionordnung vorgelegen hat.
Das Problem dabei ist, dass der Hausrechtsinhaber bei dem Platzsturm beim Auswärtsspiel die Borussia Mönchengladbach. Und ein überörtliches Stadionverbot soll nach § 4 Abs. 3 insbesondere dann verhängt werden, wenn anlässlich einer Fußballveranstaltung ein Ermittlungs- oder sonstiges Verfahren nach staatlichem Strafrecht gegen eine Person eingeleitet worden ist.
Es dürfte aber schwierig werden, den Teil der weißgekleideten Anhängerschaft zu sanktionieren, dem weder ein Verstoß gegen die Stadionordnung noch ein strafrechtliches Vergehen nachzuweisen ist. Das gilt erst recht für Sympathisanten der Ultra-Gruppierung, die möglicherweise noch nicht mal im Stadion waren.
Bilder vom Platzsturm auf der Webseite: kann man das rechtfertigen?
Bleibt die Frage, ob die Veröffentlichung der Fotos auf der Vereinsseite des FC rechtlich zulässig ist. Der Club begründet seine Maßnahme mit dem Hinweis, dadurch zum einen die Täter ermitteln und - und das war besonders herausgestellt - auch bewusst dokumentieren zu wollen.
Die Allgemeinen Ticket-Geschäftsbedingungen von Borussia Mönchengladbach bzw. dem 1. FC Köln, welche - abhängig davon, ob es sich um eine Tages- oder eine Auswärtsdauerkarte handelt - regelmäßig eine Einwilligung in die unentgeltliche Verwendung von Bild—und Tonaufnahmen für eine Vielzahl von Medien beinhalten, helfen dabei nicht. Diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind immer an einen bestimmten Verwendungszweck gebunden. Eine öffentliche Anprangerung des Fan-Verhaltens durch die Veröffentlichung der Bilder im Zusammenhang mit dem Platzsturm dürfte dieser kaum umfassen.
Eine Rechtfertigung bietet wohl aber das Kunsturhebergesetz (KUG). Zwar dürfen Bildnisse gemäß § 22 Abs. 1 nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG normiert als mögliche Ausnahme aber Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte. Bereits das Reichsgericht definierte, dass zur Zeitgeschichte alle Erscheinungen im Leben der Gegenwart gehören, die von der Öffentlichkeit "beachtet werden, bei (ihr) Aufmerksamkeit finden und Gegenstand der Teilnahme oder Wissbegier weiter Kreise sind".
Dies dürfte mit Blick auf die mediale Tragweite der Ereignisse des letzten Wochenendes zu bejahen sein. Allerdings sind unter Geltung des abgestuften Schutzkonzepts des BGH zeitgeschichtliche Ereignisse, welche die Abbildung der an ihnen Beteiligten rechtfertigen, vom Informationswert der Berichterstattung her zu ermitteln. Schließlich müssen die betroffenen Rechtspositionen gegeneinander abgewogen werden.
Manchmal ist Recht nicht alles
Das macht eine Differenzierung nötig: Dient die Veröffentlichung lediglich der Identifizierung der abgebildeten Personen oder kommt ihr auch ein bestimmter Informationswert zu? Im ersten Fall sind die Hürden vergleichsweise hoch. Das zeigt sich bereits an § 131 Abs. 3 StPO, der selbst für eine Öffentlichkeitsfahndung durch staatliche Ermittlungsbehörden erhebliche Anforderungen stellt. Immerhin muss hierbei auch die strafrechtliche Unschuldsvermutung berücksichtigt werden.
Soll mit der Veröffentlichung jedoch auch ein Informationswert für die Allgemeinheit erzielt werden, kann man zumindest auf der Grundlage der Medienfreiheit argumentierten, deren Schutz sich wohl auch der 1. FC Köln durch das Betreiben verschiedener medialer Inhalte sicher sein kann.
Aber eine juristische Unsicherheit bleibt. Beim FC nimmt man diese wohl bewusst in Kauf. Und dieser Weg ist richtig. Immerhin setzt man so ein deutliches Zeichen gegen die unliebsamen Fans. Das ist umso sinnvoller, als deren Verhalten den Club auch wegen der noch immer unglücklichen und rechtlich zweifelhaften verschuldensunabhängigen Haftung der Vereine für das Verhalten ihrer Anhänger teuer zu stehen kommen wird.
Da Regressmöglichkeiten gegenüber den überführten Fans ebenfalls umstritten sind, dürfte das auch den Druck auf DFB und DFL erhöhen, diesen vermeintlichen Teufelskreis durch eine Regeländerung zu durchbrechen. Zumindest darf und sollte darüber diskutiert werden.
Der Autor Johannes Arnhold ist Rechtsanwalt mit dem Schwerpunkt Sportrecht und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Rechtswissenschaft an der Technischen Universität Ilmenau sowie Lehrbeauftragter für Sportrecht an der Hochschule Fresenius in Hamburg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist Mitautor eines Lehrbuchs zum Sportrecht.
Johannes Arnhold, Der FC Köln nach dem Platzsturm: . In: Legal Tribune Online, 20.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14761 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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