Der EuGH hat die Rechte von Lebenspartnern gestärkt. Sind ihre Zusatzversorgungsbezüge niedriger, als sie es in einer Ehe wären, kann dies eine Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung darstellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Lebenspartnerschaft Personen gleichen Geschlechts vorbehalten ist, die sich in einer mit der Ehe rechtlich und tatsächlich vergleichbaren Situation befinden.
Geklagt hatte ein pensionierter Verwaltungsangestellter der Stadt Hamburg. Seit 1969 lebt er mit seinem Partner zusammen, am 15.10.2001 begründeten beide eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz.
Bei der Stadt Hamburg beantragte er daraufhin eine um monatlich 590 Euro höhere Zusatzversorgung unter Berücksichtigung der günstigeren Steuerklasse III. Die Stadt lehnte dies jedoch mit dem Hinweis ab, diese Steuerklasse sei Ehepartnern vorbehalten.
Nach Ansicht des Klägers ergibt sich für ihn allerdings aus der Richtlinie 2000/78/EG Anspruch darauf, bei der Berechnung seiner Versorgungsbezüge wie ein verheirateter, nicht dauernd getrennt lebender Versorgungsempfänger behandelt zu werden. Er klagte deshalb vor dem Arbeitsgericht Hamburg, welches den Fall dem EuGH vorlegte.
Ehe und Lebenspartnerschaft: "Kein wesentlicher Unterschied mehr"
Der EuGH bejaht in seinem Urteil zunächst den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78 für Zusatzversorgungsbezüge. Sodann stellt er klar, dass die Feststellung einer Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung voraussetze, dass die fraglichen Situationen spezifisch und konkret auf die betreffende Leistung vergleichbar seien (C-147/08).
Nach Ansicht des EuGH besteht infolge der schrittweisen Annäherung der für die Lebenspartnerschaft geschaffenen Regelungen an die für die Ehe geltenden kein wesentlicher Unterschied mehr zwischen diesen beiden Personenständen. Vielmehr liege der verbleibende Unterschied nur noch darin, dass die Ehe die Verschiedengeschlechtlichkeit und die Lebenspartnerschaft die Gleichgeschlechtlichkeit voraussetze.
Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass auch Lebenpartner zu gegenseitigem Unterhalt verpflichtet seien. Das Gericht betonte außerdem, dass die Bezüge des Klägers erhöht worden wären, wenn er im Oktober 2001 geheiratet hätte.
Anspruch auf Neuberechnung ab 2003
Die obersten EU-Richter haben mit diesem Grundsatzurteil weiter die Rechte gleichgeschlechtlicher Lebenspartner gestärkt. Danach haben homosexuelle Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, einen Anspruch auf Zusatzversorgung wie Mann und Frau in einer Ehe. Lebenspartner können insofern ab Ablauf der Umsetzungsfrist für die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie, also ab dem 03.12.2003, eine entsprechende Berechnung verlangen. Öffentliche Arbeitgeber sind an das Luxemburger Urteil unmittelbar gebunden.
Die Entscheidung ist aber auch auf die betriebliche Alterversorgung übertragbar. Insofern können Lebenspartner gegen den Bund einen Schadensersatzanspruch haben, sofern ihre Arbeitgeber unter Hinweis auf deutsche Gesetze eine Gleichbehandlung mit verheirateten Paaren verweigern.
Michael Bisle arbeitet als Fachanwalt für Steuerrecht in Augsburg.
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Michael Bisle, EuGH zur Zusatzversorgung: . In: Legal Tribune Online, 10.05.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3237 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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