Aussehen und Einrichtung der offiziellen Apple-Stores sind markant. Aber genießen sie deshalb auch markenrechtlichen Schutz? Und wie soll dieser überhaupt aussehen? Mit diesen Fragen hatte der EuGH sich am Donnerstag in einem Vorabentscheidungsersuchen des Bundespatentgerichts zu befassen. Das durchaus komplizierte Verfahren erläutert Markus Ruttig.
Ausgangspunkt des Verfahrens ist eine dreidimensionale Marke von Apple, die aus der Darstellung ihrer als "Flagship Stores" bezeichneten Ladengeschäfte in der Form einer mehrfarbigen Zeichnung besteht. Diese Marke wurde im Jahr 2010 vom United States Patent and Trademark Office für "Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Computer, Computer-Software, Computer-Peripheriegeräte, Mobiltelefone, Unterhaltungselektronik und Zubehör und darauf bezogene Produktdemonstrationen" eingetragen.
Dass das spezielle Design der Apple-Stores Erfolg hat, beweisen die Zahlen: In den USA macht kein Unternehmen mehr Umsatz pro Quadratmeter Ladenfläche als Apple, Juweliere inklusive. Vor Nachahmern will der Konzern aus Cupertino sich durch die Eintragung der besagten Marke schützen. Doch damit stieß er in Deutschland zunächst auf Widerstand.
Nachdem Apple die internationale Registrierung der Marke beantragt hatte, lehnte das Deutsche Patent- und Markenamt im Jahr 2013 mit der Begründung ab, dass die Abbildung der Verkaufsstätten der Waren eines Unternehmens nichts anderes sei als die Darstellung eines wesentlichen Aspekts der Handelsdienstleistungen dieses Unternehmens, und dass der Verbraucher eine solche Ausstattung nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren verstehen könne. Mit anderen Worten: Ein Einkauferlebnis ist im Wesentlichen eine Dienstleistung – und nichts, was sich mit dem Markenrecht schützen ließe.
Die Verkörperung der Dienstleistung
Gegen diese Entscheidung legte Apple Beschwerde beim Bundespatentgericht (BPatG) ein, das vom EuGH wissen wollte, ob die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte allein in der Form einer Zeichnung ohne Größen- oder Proportionsangaben als Marke für Dienstleistungen eingetragen werden kann. Falls ja, sollte weiter geklärt werden, ob eine solche "Aufmachung, in der sich eine Dienstleistung verkörpert" mit einer "Aufmachung einer Ware" gleichgesetzt werden kann (Urt. v. 10.07.2014, Az. 29 W (pat) 518/13).
Das Gesetz schweigt hierzu, wenn es in Art. 2 der Markenrichtlinie 2008/95 EG lediglich heißt, dass Marken alle Zeichen sein können, die sich grafisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Abbildungen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Das Markenrecht spricht zwar von der "Aufmachung" einer Ware. Aber eben nicht von der Aufmachung einer Dienstleistung. Gerichtlich ist hierzu in der gesamten EU noch nicht entschieden worden.
Bis zum Donnerstag. Der EuGH versteht das Schweigen des Gesetzes nicht so, dass der Aufmachung einer Dienstleistung der Schutz des Markenrechts grundsätzlich entzogen wäre. Im Gegenteil: Die Darstellung der Ausstattung einer Verkaufsstätte, wie beispielsweise eines "Apple"-Flagship Stores, kann unter bestimmten Voraussetzungen als Marke eingetragen werden, heißt es aus Luxemburg. Der Weg zu einer "dreidimensionalen Dienstleistungsmarke" ist damit frei! (Urt. v. 11.07.2014, Az. C-421/13)
Noch kein endgültiger Sieg für Apple
Wie in einem Vorlageverfahren an den EuGH üblich, muss über die Frage, die den Streit ausgelöst hat, noch vom nationalen Gericht entschieden werden. Das BPatG wird dabei insbesondere zu prüfen haben, ob die "bestimmten Voraussetzungen" vorliegen, unter denen eine dreidimensionale Dienstleistungsmarke eintragungsfähig ist.
Dabei soll es nach Vorgabe es EuGH auf die Unterscheidungskraft gegenüber den Angeboten anderer Unternehmen ankommen. Dass diese im Falle der Apple-Stores bestehen könnte, hat das Gericht in Luxemburg bereits angedeutet. Das DPMA hatte hier zuvor Zweifel angemeldet; nach seiner Ansicht unterscheidet sich die in der Apple-Marke abgebildete Verkaufsstätte nicht wesentlich von den Läden anderer Anbieter der Elektronikbranche. Das BPatG hatte sich dieser Auffassung aber bereits in seinem Vorlagebeschluss nicht angeschlossen. Es erkannte deutliche Unterschiede, weil Apple auf wesentliche Elemente des typischen Einzelhandels, wie etwa Lagerflächen oder einen Kassenbereich, verzichte.
Eintragung könnte für Apple im Ergebnis nutzlos sein
Man kann also davon ausgehen, dass das BPatG die Eintragung der Apple-Marke bewilligen wird. Damit ist allerdings noch nicht gesagt, welcher Schutzumfang dieser neuen Form einer "dreidimensionalen Einzelhandelsdienstleistungsmarke" zukommen wird. Eine diesbezügliche Frage des BPatG blieb vom EuGH unbeantwortet. Der EuGH deutet allerdings an, dass die Ausstattung von Flagship-Stores eines Herstellers von Waren nur für solche Leistungen als "Dienstleistungen" im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2008/95 eingetragen werden kann, die nicht ein integraler Bestandteil des Verkaufs dieser Waren sind. Daraus lässt sich schließen, dass sich im Ergebnis auch der Markenschutz nicht auf den Verkauf eigener Waren erstrecken kann, weil hierin keine "Dienstleistungen" im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2008/95 zu sehen sind.
Damit steht der Auffassung des BPatG nichts entgegen, wie bei der Einzelhandelsmarke, nur den Einzelhandel mit fremden Waren als markenfähig anzusehen, weil eine Handelstätigkeit die Warenbeschaffung von Dritten voraussetze. Der Markenschutz liefe dann weitgehend leer. Denn der Markenschutz würde sich gerade nicht auf den Einzelhandel mit eigenen Produkten in den Flagship-Stores erstrecken. Die Marke könnte dann nach Ablauf der Benutzungsschonfrist mangels rechtserhaltender Benutzung löschungsreif werden. Für das innenarchitektonische Design der Stores an sich bliebe Apple dann immerhin noch der Schutz des Urheberrechts. Vorausgesetzt, Apple verfügt über die entsprechenden Nutzungsrechte.
Der Autor Prof. Dr. Markus Ruttig ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Partner bei CBH Rechtsanwälte und Lehrbeauftragter für Medienrecht an der Hochschule Fresenius in Köln.
Markus Ruttig, EuGH entscheidet über Schutz von Apple Stores: . In: Legal Tribune Online, 11.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12535 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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