Der Rubik's Cube ist ein weltweit bekanntes Spielzeug. Der EuGH muss bald beurteilen, ob dessen Eintragung als Unionsmarke überhaupt rechtens war. Die zum "Nein" tendierenden Schlussanträge des Generalanwalts ordnet Nadja Siebertz ein.
Heute kennt ihn jedes Kind: den "Zauberwürfel" beziehungsweise "Rubik's Cube", ein berühmter dreidimensionaler Würfel, dessen Elemente sich in Reihen zu einer Würfelform nach Farbe sortiert anordnen lassen. Erfunden wurde dieser von dem ungarischen Ingenieur Ernő Rubik in den siebziger Jahren, der mit diesem Geduldspiel seinen Studenten das räumliche Denken erleichtern wollte. Der Würfel, patentrechtlich seit 1976 in Ungarn geschützt, hielt insbesondere in den achtziger Jahren einen Siegeszug durch die Zimmer aller großen und kleinen Tüftler.
Im Jahr 1996 meldete dann die Firma Seven Towns, die die Rechte des geistigen Eigentums am "Rubik's Cube" verwaltet, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Form des Zauberwürfels als dreidimensionale Gemeinschaftsmarke für die Waren der Klasse 28 "Dreidimensionale Geduldsspiele" an. Die inzwischen von der Rubik's Brand Ltd. gehaltene Unionsmarke wurde schließlich unter dem 06.04.1999 mit der Registernummer 000162784 eingetragen.
Grundlage der Eintragung war Art. 4 Unionsmarkenverordnung (UMV, vormals Gemeinschaft markenverordnung), der grundsätzlich allen grafisch darstellbaren Zeichen, einschließlich der Form oder Aufmachung einer Ware, einen Zugang zum markenrechtlichen Schutz ermöglicht.
Keine Begrenzung der Schutzdauer der Marke
Die Eintragung einer dreidimensionalen Marke hat für dessen Inhaber enorme Vorteile. Die Marke ist nämlich, anders als das Patent, keiner zeitlichen Begrenzung unterworfen und kann – solange eine rechtserhaltende Nutzung erfolgt und dem Zeichen grundsätzlich keine Schutzausschließungsgründe entgegenstehen – bei regelmäßiger Zahlung der entsprechenden Verlängerungsgebühren im 10-Jahres-Rhythmus unendlich lange aufrechterhalten werden.
Die gesetzgeberische Intention hierfür ist klar: Ästhetische Schöpfungen, die dem Designschutz zugänglich sind, und technische Erfindungen, die dem patentrechtlichen Schutz (in Deutschland zusätzlich auch dem gebrauchsmusterrechtlichen Schutz) zugänglich sind, sollen nach einem gewissen Zeitraum dem allgemeinen Formenschatz beziehungsweise Stand der Technik zufallen, der dann ja wieder Grundlage für Weiterentwicklungen sein können muss. Ansonsten würde bei einer immerwährenden Monopolisierung bestimmter Formen oder technischer Erfindungen ein Entwicklungsstillstand drohen.
Dies ist im Falle des Markenschutzes nicht der Fall. Ein Kennzeichenrecht, das seiner Natur nach im Wesentlichen eine Herkunftsfunktion erfüllen soll, also die Waren und Dienstleistungen eines Herstellers von denen eines anderen Herstellers unterscheiden soll, ist stets nur auf dessen Inhaber und Verwender bezogen. Dessen Bemühungen um die Nutzung der Marke, deren Etablierung und Verteidigung im Verkehr sollen auch nur dem Hersteller und Verwender zugute kommen. Ein etwaiges berechtigtes allgemeines Interesse an einer Freigabe dieser individualisierenden Kennzeichenrechte besteht nicht.
2/2: Eintragungshindernisse als Grenze der Monopolisierung
Gerade vor diesem Hintergrund statuiert das Markenrecht diverse absolute Eintragungshindernisse, die einer Monopolisierung des Kennzeichenrechts durch einen Einzelnen entgegenstehen. Hierzu gehört auch Art. 7 Abs. 1 Buchstabe e, Ziffer ii UMV, demzufolge solche Zeichen von der Eintragung als Unionsmarke ausgeschlossen sind, die ausschließlich aus der Form oder einem anderen charakteristischen Merkmal der Ware bestehen, die oder das zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist.
Hierauf basierend beantragte der deutsche Spielzeughersteller Simba Toys GmbH & Co. KG im Jahr 2006 beim EUIPO die Nichtigerklärung der dreidimensionalen Marke unter anderem mit der Begründung, dass diese eine in der Drehbarkeit bestehende technische Lösung enthalte und eine solche Lösung nur durch ein Patent, nicht aber durch eine Marke geschützt werden könne.
Die mit der Angelegenheit befasste Löschungsabteilung wies den Antrag der Simba Toys GmbH & Co. KG jedoch am 14.10.2008 zurück (Az. C-0001957). Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg. Auch die Beschwerdekammer des EUIPO war der Auffassung, dass kein absolutes Schutzhindernis vorliege (Az. R 1546/2008-2).
Die Simba Toys GmbH & Co. KG erhob daraufhin Klage zum Gericht der Europäischen Union erster Instanz (EuG) und beantragte die Aufhebung dieser Entscheidung des EUIPO. Mit Urteil vom 25.11.2014 (Az.T-450/09) wies das Gericht die Klage jedoch ab und stellte fest, dass die grafische Darstellung der Form des Zauberwürfels keine technische Lösung zeige, die dem Schutz als Marke entgegenstehe.
EuG hat die technischen Funktionen der Merkmale der Marke nicht hinreichend gewürdigt
Gegen dieses Urteil hat die Simba Toys GmbH & Co. KG beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nunmehr Rechtsmittel eingelegt.
In seinen heutigen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt (GA) Maciej Szpunar dem Gerichtshof vor, das Urteil des EuG und die Entscheidung des EUIPO aufzuheben. Er weist insofern darauf hin, dass ein Zeichen, das aus der Form einer Ware besteht, die ohne Hinzuführung signifikanter, nicht funktionaler Elemente nur eine technische Funktion zum Ausdruck bringt, deswegen nicht als Marke eintragungsfähig sein kann, da durch eine solche Eintragung die Möglichkeiten für die Wettbewerber, Warenformen in den Verkehr zu bringen, in denen dieselbe technische Lösung verkörpert ist, über Gebühr beschränkt würde.
Nach Ansicht des GA hat das EuG diese Würdigung der für die jeweilige Ware spezifischen, technischen Funktionen jedoch nicht vorgenommen. Zwar habe das Gericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass zu prüfen sei, ob diese Merkmale "eine technische Funktion der betreffenden Ware erfüllen", im Ergebnis aber an keiner Stelle in der Urteilsbegründung bestimmt, welche technische Funktion die betreffende Ware denn erfüllt oder das Verhältnis zwischen dieser Funktion und den Merkmalen der dargestellten Form geprüft.
Fortbestand der Marke ist nicht mit dem Allgemeininteresse vereinbar
Szpunar steht auf dem Standpunkt, dass das EuG bei korrekter Prüfung der funktionellen Eigenschaften in erster Linie die Funktion der konkreten Ware hätte berücksichtigen müssen, also ein dreidimensionales Puzzle, bei dem im Raum bewegte Elemente logisch zusammengesetzt werden müssen. Dies sei unter anderem deswegen nicht geschehen, da das Gericht fälschlich davon ausgegangen sei, dass die Analyse der betreffenden Form unter dem Gesichtspunkt ihrer funktionellen Eigenschaften ausschließlich anhand der angemeldeten grafischen Darstellung erfolgen müsse.
Im vorliegenden Fall ist der Generalanwalt der Auffassung, dass eine solche Sichtweise dazu führt, dass potenziell ein jedes dreidimensionales Puzzle, dessen Elemente sich in einer Würfelform von 3 x 3 x 3 Einheiten zusammenbauen lassen, vom Inhaber der Marke monopolisiert werden könnte. Dies ist nach Ansicht des Generalanwalts jedoch nicht mit dem Allgemeininteresse vereinbar.
Die Schlussanträge des Generalanwalts in dieser Angelegenheit sind sicherlich als sehr positives Zeichen für die Simba Toys GmbH & Co. KG zu werten, da die EuGH-Richter zumeist dessen Einschätzung folgen. Das Urteil des EuGH wird in der zweiten Jahreshälfte erwartet. Dann entscheidet sich, ob der Würfel seinen (markenrechtlichen) Zauber behält.
Die Autorin Nadja Siebertz ist Partnerin der Kanzlei CBH Rechtsanwälte und hat sich auf den Bereich Gewerblicher Rechtsschutz/Intellectual Property spezialisiert. Sie ist Fachanwältin für den Gewerblichen Rechtsschutz und Lehrbeauftragte an der Forschungsstelle für Medi-enrecht der Technischen Hochschule Köln sowie Dozentin an der Fernuniversität in Hagen.
Nadja Siebertz, EuGH zu Rubik's-Cube-Marke: Hat der Würfel seinen Zauber verloren? . In: Legal Tribune Online, 25.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19481/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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