Egal ob mit oder ohne Noppe auf dem Kopf: Die Lego-Figuren sind als 3-D-Marke geschützt. Dabei bleibt es, entschied jetzt das EuG. Warum das Urteil richtig ist, erläutert Markus Ruttig.
Das Gericht der Europäischen Union (EuG) hat zwei Klagen eines Lego-Konkurrenten abgewiesen, die darauf zielten, als dreidimensionale Gemeinschaftsmarken geschützte Legofiguren aus dem Gemeinschaftsmarkenregister löschen zu lassen (Urt. v. 16.06.2015, Az. T-395/14 und T-396/14). Das Gericht bestätigte damit eine Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (HABM), das zuvor die Nichtigkeitsanträge der britischen Firma Best Lock Europe Ltd. gegen die Lego-Marken zurückgewiesen hatte.
Die Warenformmarke oder 3-D-Marke gehört zu den neueren Markenkategorien. Sie war dem alten Warenzeichenrecht unbekannt. Die Eintragung dreidimensionaler Gestaltungen als Marken ist erst seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes (MarkenG) 1995 und der damit verbundenen Ausweitung des Markenbegriffs möglich. Der vom EuG entschiedene Fall betrifft allein die Frage der Eintragungsfähigkeit der Lego-Figuren als Warenformmarken und befasst sich nicht damit, welchen Schutz diese Markenarten im Verletzungsprozess gewähren, welche anderen Gestaltungen Lego also mit seinen Männchen verbieten lassen kann.
Kein Schutz für technische Lösungen
Nach Art. 7* Abs. 1 lit. e) der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke können Zeichen, die ausschließlich aus der Form bestehen, die durch die Ware selbst bedingt ist, oder aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden. Im Jahr 2000 ließ Lego beim HABM unter anderem für Spiele und Spielzeuge die im Artikelbild oben gezeigte dreidimensionale Gemeinschaftsmarken eintragen.
Der Konkurrent, der ähnliche Figuren verwendet, beantragte daraufhin, diese Marken für nichtig zu erklären. Zur Begründung führte er an, dass die Form der Figuren allein durch ihre Art bedingt sei, konkret nämlich durch ihre Eigenschaft, zu Spielzwecken mit anderen ineinander steckbaren Bausteinen zusammengesetzt werden zu können. Außerdem sollten die Figuren sowohl als Ganzes als auch in ihren Details technischen Lösungen in Gestalt der Verbindung mit anderen Bausteinen entsprechen.
HABM und EuG folgten dieser Argumentation nicht. Mit der Form der charakteristischen Bestandteile der Figuren wie Kopf, Körper, Arme und Beine sei keine technische Wirkung verbunden und eine solche ergebe sich auch nicht aus der Möglichkeit des Ineinandersteckens. Denn gerade diese Bestandteile ermöglichten keine Verbindung mit ineinander steckbaren Bausteinen. Allein aus der grafischen Darstellung der Vertiefungen unter den Füßen, der Hinterseite der Beine, der Hände und des Kontakts auf dem Kopf ließe sich nicht ableiten, ob diese Bestandteile eine technische Funktion haben und worin diese bestehe. Schließlich erkannte das EuG, dass die Wirkung der Figurenform vor allem darin bestehe, diesen menschliche Züge zu verleihen. Man könne daher nicht von einer technischen Wirkung sprechen, wenn die Figuren Personen darstellen und von Kindern in einem entsprechenden spielerischen Rahmen verwendet werden.
Baustein mit Noppen hat keine Markenqualität
Dem Lego-Männchen ist damit vorerst das Schicksal seines kleinen Bruders, des Lego-Steins, erspart geblieben. Jenem hatten sowohl der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 16.07.2009, Az. I ZB 55/07) als auch der Europäische Gerichtshof (EuGH Urt. v. 14.09.2010, Az. C-48/09) die Schutzfähigkeit abgesprochen. Die dreidimensionale Wiedergabe eines quaderförmigen Spielbausteins, der zwei symmetrische Reihen mit jeweils vier Noppen aufweist, besitze keine Markenfähigkeit, da sie als bevorzugte Ausführungsform im Wesentlichen technisch bedingt sei.
Der EuGH betont seitdem in ständiger Rechtsprechung, dass die verschiedenen in Art. 3 der Markenrichtlinie aufgeführten Eintragungshindernisse im Lichte des ihnen jeweils zu Grunde liegenden Allgemeininteresses auszulegen seien. Für Art. 3 Abs. 1 lit. e) besteht danach die Ratio der in dieser Bestimmung vorgesehenen Eintragungshindernisse darin, zu verhindern, dass der Schutz des Markenrechts seinem Inhaber ein Monopol für technische Lösungen einräumt, die der Benutzer auch bei den Waren der Mitbewerber suchen kann (vgl. EuGH, Urt. v. 18.09.2014, Az. C-205/13).
Schutz vor Produktnachahmungen durch 3-D-Marken
Zwar kann gegen die Entscheidung des EuG noch Rechtsmittel eingelegt werden. Doch darf sich Lego des dauerhaften Markenrechtsschutzes seiner Figuren nunmehr schon ziemlich sicher sein. Lego verfügt damit über ein weiteres juristisches Instrument, um gegen Produktnachahmungen, sogenannte look-alikes, vorzugehen.
Daneben kommen zwar noch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und gegebenenfalls das Urheber- oder das Geschmacksmusterrecht in Frage. Wie schwer die Abwehr von Nachahmungsprodukten allein mit den Mitteln des UWG sein kann, hat jedoch gerade Lego in der Vergangenheit für den Lego-Baustein schmerzhaft erfahren müssen und entsprechende Verfahren verloren (BGH, Urt. v. 02.12.2004, Az. I ZR 30/02).
Der Autor Prof. Dr. Markus Ruttig ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Partner bei CBH Rechtsanwälte und Lehrbeauftragter für Urheber- und Medienrecht an der Hochschule Fresenius in Köln.
* geändert am 26.06.2015 um 10.36 - zuvor stand hier "Art. 3".
Markus Ruttig, EuG zum Markenrecht: . In: Legal Tribune Online, 17.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15884 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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