Drei senkrechte schwarze Streifen auf weißem Grund – das ist nicht unbedingt typisch Adidas, entschied das EuG. Anders sieht es bei schrägen Streifen auf Turnschuhen aus, erklärt Nikolas Gregor.
Um es gleich vorwegzunehmen: Anders als nun vielfach zu lesen ist, hat Adidas nicht (alle) seine Markenrechte an den drei Streifen verloren. In dem Rechtsstreit ging es vielmehr um eine ganz bestimmte Gestaltung der drei Streifen:
Adidas ließ diese drei Streifen im Jahr 2014 als Unionsmarke eintragen, das heißt eine Marke mit EU-weiter Geltung, die beim "Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum" (EUIPO) registriert wird.
Damit war das Unternehmen Shoe Branding Europe nicht einverstanden und stellte einen Antrag auf Löschung. Das EUIPO gab diesem Antrag im Jahr 2017 statt und löschte die Marke. Adidas zog vor das Gericht der Europäischen Union (EuG). Das hat nun entschieden, dass EUIPO die Marke zurecht gelöscht habe (Urt. v. 19.06.2019, Az.T-307/17).
Shoe Branding Europe und Adidas beharken sich schon länger
Es ist nicht die erste markenrechtliche Auseinandersetzung zwischen dem Sporthersteller aus Herzogenaurach und dem belgischen Unternehmen: Dieses hatte im Jahr 2009 diagonale Streifen, aufgebracht auf einem Sportschuh, als Marke angemeldet. Anders als bei Adidas waren es nur zwei und nicht drei Streifen. Adidas legte Widerspruch ein und hatte am Ende Erfolg: Sowohl das Gericht der Europäischen Union als auch der nächsthöhere Gerichtshof der Europäischen Union gaben Adidas Recht. Die zwei Streifen von Shoe Branding Europe seien zu ähnlich zu bestehenden Marken von Adidas, die Markenanmeldung wurde abgelehnt.
Nun ging – umgekehrt – Shoe Branding Europe gegen eine Marke von Adidas vor und setzte sich durch. Grund für die Löschung: Dem Zeichen fehle jegliche Unterscheidungskraft. So wird die Eigenschaft eines Zeichens genannt, als "Herkunftshinweis" zu funktionieren, so dass die Verkehrskreise Waren, die das Zeichen tragen, von denen anderer Unternehmen unterscheiden können. Mit anderen Worten: Ein Verbraucher muss, wenn er ein Produkt sieht, dass die Marke trägt, erkennen, dass dieses Produkt von einem ganz bestimmten Unternehmen kommt.
Nun wird man annehmen, dass die berühmten drei Streifen von Adidas genau das erfüllen. Und diese Annahme ist mit der heutigen Entscheidung auch nicht widerlegt. Bei dem Rechtsstreit ging es um eine ganz konkrete Marke, und zwar um die drei Streifen in genau der Gestaltung, Anordnung und Proportion, wie sie von Adidas angemeldet wurden. Und genau eine solche Gestaltung und Anordnung von drei Streifen – so das Markenamt und das Gericht – werde von Verbrauchern nur als dekoratives Element wahrgenommen und habe daher von Haus aus (zunächst) keine Unterscheidungskraft.
Allerdings kann eine Marke, die zunächst keine Unterscheidungskraft hat, diese nachträglich erwerben, indem sie von einem Unternehmen so lange und so intensiv benutzt wird, dass Verbraucher irgendwann erkennen, dass die Produkte mit dieser Marke nur aus einem bestimmten Unternehmen kommen können.
Will das Unternehmen das Zeichen dann als Marke anmelden, muss es nachweisen, dass das Zeichen, das ursprünglich nicht schutzfähig war, mit der Zeit Unterscheidungskraft erlangt hat – dass es, so der Fachausdruck, sich "im Verkehr durchgesetzt" hat. Dieser Nachweis ist Adidas nun nicht gelungen.
EuG: Weiße Streifen auf schwarzem Grund kommen öfter vor
Natürlich konnte Adidas eine ganze Reihe sehr beeindruckender Belege vorlegen – Verkaufszahlen, Werbekampagnen, Umfragen usw. – die zeigen, dass sich etwa der Name Adidas, das Trefoil-Logo (Dreiblatt) und auch die drei Streifen als Marken sehr bekannt sind. Das Problem aber ist: Die drei Streifen müssen genau so benutzt worden sein, wie sie in diesem konkreten Fall angemeldet wurden (schwarze Streifen auf weißem Grund in vertikaler Anordnung, in der gleichen Dicke und Proportion). Die unzähligen Belege, die Adidas vorlegen konnte, zeigten laut Markenamt und Gericht aber überwiegend Streifen in etwas anderer Gestaltung.
Zwar muss die Marke nicht in exakt derselben Gestaltung benutzt werden, wie sie auch eingetragen wurde. Die Abweichung darf aber nur gering sein. So störten sich das Markenamt und nun auch das Gericht daran, dass Adidas die Streifen in allen möglichen Variationen benutze, angeblich aber nicht ausreichend so, wie sie in dieser konkreten Markenanmeldung wiedergegen sind – vor allem häufig nicht als dunkle Streifen auf weißem Grund, sondern als weiße Streifen auf dunklem Grund.
Neben den vielen bildlichen Nachweisen und den Verkaufszahlen hatte Adidas zwar auch Umfragegutachten vorgelegt, die belegen sollten, dass Verbraucher die drei Streifen als Zeichen für Adidas wiederkennen. Diese Umfragen reichten aber ebenfalls nicht aus, da sie nicht das Gebiet der gesamten Europäischen Union abdeckten: Der Markeninhaber muss nämlich belegen, dass sich die Marke in der gesamten EU durchgesetzt hat – mit Nachweisen, die alle Mitgliedstaaten abdecken.
Für Adidas ist dieser Ausgang zwar ein herber Schlag. Denn natürlich lebt dieses Unternehmen nicht zuletzt von der Bekanntheit seiner Marken – und die drei Streifen gehören selbstverständlich dazu. Allerdings ist das Unternehmen nicht völlig schutzlos gestellt. Es kann nun noch vor eine nächsthöhere Instanz ziehen, den Europäischen Gerichtshof. Vor allem aber hat Adidas noch weitere Markeneintragungen, die die drei Streifen enthalten, insbesondere in ihrer bekannten diagonalen Anordnung auf Sportschuhen. Und genau mit diesen Marken hat sich Adidas vor einigen Jahren gegen die Zwei-Streifen-Marke von Shoe Branding Europe erfolgreich zur Wehr gesetzt.
Dr. Nikolas Gregor ist Partner im Hamburger Büro von CMS und berät im Bereich Intellectual Property unter anderem zu wettbewerbsrechtlichen und regulatorischen Fragen.
Adidas unterliegt in Markenstreit vor dem EuG: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36003 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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