EU-Kommission zu Gewährleistungsrechten: Har­monie im Kauf­recht

von Bärbel Milsch

10.12.2015

Die EU-Kommission will die kaufrechtliche Gewährleistung weiter harmonisieren. Die Pläne für die Erstattung bei einer "Zahlung" mit Kundendaten bergen Sprengstoff, erläutert Bärbel Milsch.

Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihre Pläne zur umfassenden Harmonisierung der kaufrechtlichen Gewährleistung veröffentlicht. Dabei scheint die Verwirklichung eines europäischen Binnenmarktes vor allem im E-Commerce derzeit in weiter Ferne.

Bisher sehen sich Online-Händler – so sie denn ihre Leistungen über die eigenen Landesgrenzen hinweg anbieten möchten – einer Vielzahl verbraucherschutzrechtlicher Besonderheiten in den einzelnen Mitgliedsstaaten ausgesetzt. Diese hat der Händler nach Maßgabe der Rom-I-Verordnung selbst dann zu beachten, wenn er der Vertragsbeziehung das Recht seines Heimatstaates zugrunde legt.

Mit ihren aktuell vorgestellten Plänen tritt die Kommission nun an, einen Teil dieser Hemmnisse zu beseitigen. Für Onlinehändler wird sich die Rechtslage nach den Plänen faktisch verschlechtern, ob auch der Verbraucher tatsächlich profitiert, erscheint fraglich.

Neues Rückgaberecht für körperliche Waren

Ein wesentlicher Eckpfeiler der Kommissionspläne ist die Ausweitung der Gewährleistungsrechte für den Online-Kauf körperlicher Waren ("tangible goods", in Abgrenzung insbesondere zu den digitalen Inhalten).

Nach geltender Rechtslage stehen dem Verbraucher die gesetzlichen Gewährleistungsrechte (insbesondere Nacherfüllung, Minderung und Rücktritt) für eine Dauer von zwei Jahren ab Ablieferung der Ware zu. Dabei kommt es nach Ablauf von sechs Monaten zu einer Beweislastumkehr:  Ab diesem Zeitpunkt hat der Verbraucher zu beweisen, dass ein aufgetretener Mangel bereits zum Zeitpunkt der Ablieferung vorhanden war. Dieser Beweis ist oftmals nur schwer zu erbringen, so dass ein Verbraucher in vielen Fällen mit seinem Begehren – etwa auf Rückabwicklung des Kaufvertrages oder Nachlieferung einer mangelfreien Sache – nicht durchdringen wird.

Hier möchte die Kommission durch eine Verschiebung der Frist für die Beweislastumkehr Abhilfe schaffen. Diese soll künftig gleichlaufend mit der Gewährleistungsfrist zwei Jahre betragen, die Beweislast läge für die gesamte Dauer beim Händler. Zugunsten des Verbrauchers würde vermutet, dass ein Mangel, der sich innerhalb dieser Frist zeigt, bereits zum Zeitpunkt der Ablieferung existent war.

Reklamationen schon bei Preisfindung einzukalkulieren

Für Online-Händler bedeutet dies eine Verschlechterung im Vergleich zur gegenwärtigen Rechtslage in mehrerlei Hinsicht. So ist es für einen Händler nicht einfacher als für den Verbraucher, bis zu zwei Jahre nach der Ablieferung der Ware die Ursache eines Mangels nachzuweisen. Händler müssten daher künftig bei der Preisfindung einkalkulieren, dass verkaufte Ware noch nach Ablauf von fast zwei Jahren reklamiert und allein aus Gründen der verschlechterten Beweissituation zurückgenommen werden muss.

Zudem soll diese Neuregelung nur für den Onlinehandel, nicht jedoch für den stationären Handel gelten. Nachvollziehbare Gründe für diese Benachteiligung des Onlinehandels gegenüber dem stationären Geschäft sind hingegen nicht ersichtlich.

Ob das auch im Sinne der Verbraucher eine vernünftige Regelung ist, erscheint ebenfalls fraglich. Wie angedeutet, könnte der Online-Handel zum einen gezwungen sein, das höhere Risiko an den Endverbraucher weiterzugeben. Allgemein steigende Preise wären die Folge. Zum anderen würde sich dadurch auch der Wettbewerb im Onlinehandel verschärfen. Kleine Händler könnten in Bedrängnis geraten, die Konzentration auf die großen Player zunehmen.

Zitiervorschlag

EU-Kommission zu Gewährleistungsrechten: . In: Legal Tribune Online, 10.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17825 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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