Das knallte: DAV-Präsident Schellenberg und der AfD-Abgeordnete Brandner sind auf einer Veranstaltung in Berlin heftig aneinandergeraten. Schellenberg warf Brandner vor, seine Fraktion verwende in ihren Gesetzentwürfen Nazi-Vokabular.
Normalerweise ist der Neujahrsempfang des Deutschen Anwaltvereins (DAV) eine eher beschauliche Angelegenheit. Vertreter der Anwaltschaft äußern ihre rechtspolitischen Wünsche gegenüber den anwesenden Vertretern aus der Politik. Die äußern ihre Wertschätzung gegenüber der Anwaltschaft. Und nach den Redebeiträgen plaudert man noch ein bisschen bei Häppchen und Sekt.
Anders war es dieses Jahr. Mehr als 200 Gäste – darunter auch die Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz, Katarina Barley - staunten nicht schlecht, als schon nach wenigen Minuten seiner Auftaktrede DAV-Präsident Ulrich Schellenberg ein verbales Feuerwerk in Richtung des wenige Meter vor ihm stehenden Vorsitzenden des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag, Stephan Brandner MdB, abfeuerte.
Schellenberg kam auf AfD-Gesetzentwürfe zu sprechen, bei denen er regelmäßig eine "unfreiwillige Zeitreise in die Vergangenheit" unternehme. Konkret geißelte der DAV-Präsident das Vokabular, das die AfD- in ihrem "Gesetzentwurf zur Strafverschärfung bei Rückfall" verwende. Mit Begriffen wie "Gewohnheitsverbrecher" verwende die AfD das Vokabular der Nationalsozialisten. Es komme dabei ein Menschenbild zum Ausdruck, "das wir alle in der Bundesrepublik längst überwunden haben", kritisierte Schellenberg. Die Anwaltschaft würde derartige "Entgleisungen" nicht zulassen. Und nach dieser Passage wandte sich Schellenberg dann an den AfD-Abgeordneten Brandner direkt: Von dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag erwarteten er und die deutsche Anwaltschaft, dass er sich "klar und eindeutig positioniert, wonach das Verbot der Todesstrafe in Deutschland unantastbar ist".
Brandner: "Wiedereinführung der Todesstrafe geht gar nicht"
Schellenberg bezog sich dabei auf Äußerungen des AfD-Abgeordneten Thomas Seitz. Dieser hatte kürzlich mit einem Tweet für Empörung gesorgt. Anlass war dabei der Umstand, dass ein bereits abgeschobener Afrikaner sich weiter in Deutschland aufhält. Seitz schrieb auf Twitter: "Für solche Fälle braucht es einer wirksamen Abschreckung. Dafür darf eine Änderung von Art.102 GG kein Tabu sein."
Noch auf der DAV-Veranstaltung wollte AfD-Mann Brandner die Kritik Schellenbergs allerdings nicht auf sich sitzen lassen; vor allen Gästen forderte er Schellenberg daher auf, ihm die Möglichkeit zur Gegenrede zu geben. Der DAV-Präsident jedoch wies dieses Verlangen durch das Mikrofon brüsk zurück und warf Brandner vor, ihn zu stören: "Ich lade Sie ein (…) und Sie unterbrechen mich bereits zum dritten Mal, das halte ich für unhöflich."
Nach dem offiziellen Programm begab sich Schellenberg sodann schnurstracks an den Stehtisch Brandners und stellte ihn zur Rede: Welchen Vorwurf er ihm nun mache? Brandner bestätigte gegenüber LTO, dass er gegenüber dem DAV-Präsidenten noch einmal zum Ausdruck gebracht habe, dass man vor hunderten Gästen nicht auf einer Person "fünf Minuten herumpicken" dürfe, ohne die Möglichkeit zur Gegenrede zu geben. Brandner wortwörtlich zu Schellenberg": "Es gab schon mal jemanden in Berlin, der Rede und Gegenrede verboten hat". Auf die Frage von Schellenberg, wen Brandner damit meine, sagte der AfD-Mann: Da müsse man doch nur in die Geschichtsbücher schauen.
In einem Telefonat mit LTO teilte Brandner später mit, er hätte – wäre ihm die Möglichkeit zur Gegenrede gegeben worden – sich von den Äußerungen seines Kollegen Seitz distanziert: Die Wiedereinführung der Todesstrafe zu fordern, "das geht gar nicht". Allerdings, so Brandner, kommentiere er auch als Vorsitzender des Rechtsauschusses nicht jeden von hunderten Tweets.
DAV-Präsident Schellenberg stellte unterdessen gegenüber LTO klar, dass Brandner selbstverständlich auch die Möglichkeit gegeben werde, auf einer DAV-Veranstaltung zu sprechen. Das passende Format hierfür sei der nächste parlamentarische Abend des DAV im September. Und da könnte es dann wieder "knallen": Auf dem letzten parlamentarischen Abend des DAV waren Brandner und Schellenberg schon einmal aneinandergeraten.
Eklat auf Jahresempfang des Anwaltvereins: . In: Legal Tribune Online, 15.01.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33235 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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