Drei Lehrer aus Niedersachsen kämpften bis in die letzte Instanz für die Erstattung der Kosten für ein privates Arbeitszimmer und Büromaterialien. Keine Chance, entschied nun das BVerwG. Die Freiheit, den Unterricht an jedem beliebigen Ort vor- und nachzubereiten, begründe keinen Anspruch gegen den Dienstherrn auf Übernahme eventueller Mehrkosten. Eine unerträgliche Belastung ist das nicht, meint Michal Deja.
Lehrer haben keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für ein privates Arbeitszimmer, rote Filzstifte und Papier. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am Donnerstag (Urt. v. 24.01.2013, Az. 5 C 11.12, 12.12. und 13.12). Zwar hat der Dienstherr verbeamteter Lehrer im Rahmen seiner Fürsorgepflicht für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen und ihn bei seiner Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter zu schützen. Die Fürsorge aber nur in den Grenzen, die das Gesetz festgelegt.
Einen gesetzlichen Anspruch auf Bereitstellung eines Dienstzimmers nebst Büromaterialien gibt es nicht. Zwar können Lehrer Ansprüche gegen ihren Arbeitgeber grundsätzlich auch unmittelbar auf die Fürsorgepflicht stützen; allerdings nur dann, wenn andernfalls eine unerträgliche Belastung der amtsangemessenen Lebensführung des Beamten eintreten würde. Und die konnten die Verwaltungsrichter in dem Rechtsstreit um Arbeitszimmer und Büromaterialien nicht erkennen.
Berufsbild eines Lehrers: heute und vor 30 Jahren
Leipzig stellte zwar fest, dass die Ausstattung und Arbeitsmöglichkeiten nicht in allen Schulen optimal und deshalb verbesserungswürdig sind. Bei der Frage der Amtsangemessenheit kommt es aber nicht auf Wunschvorstellungen der Lehrer an, sondern auf die Grenzen der Fürsorgepflicht.
Bereits 1983 hat das BVerwG deshalb entschieden, dass weder der Gesetzgeber noch der Dienstherr davon ausgehen muss, dass Lehrer ein besonderes, ausschließlich ihrer dienstlichen Arbeit dienendes Zimmers samt Ausstattung benötigen, das hohe Kosten verursacht (Beschl. v. 08.09.1983, Az. 2 B 148/82). An diesem Leitbild orientiert sich nun auch das aktuelle Urteil.
Die Arbeit eines Lehrers hat sich in den vergangenen 30 Jahren aber geändert. Der Unterricht ist vermehrt von Gruppenarbeiten geprägt, wofür andere Materialien vorbereitet werden müssen. Zudem haben sich die Lehrpläne verdichtet, die Informationsflut erhöht. Lehrer müssen ständig anpassungsbereit sein, mit neuen Medien umgehen können und sich mit den Fähigkeiten und Bedürfnissen seiner Schüler auseinandersetzen.
All diese Punkte haben die Richter durchaus berücksichtigt. Sie stellten in ihrer Wertung jedoch auch darauf ab, dass sich in demselben Zeitraum allgemein die Ausstattung der häuslichen Wohnungen verändert hat. So gut wie jeder Lehrer hat zu Hause zumindest einen Arbeitsplatz mit Computer und allen erforderlichen elektronischen Kommunikationsmitteln, so dass er seine Arbeit von dort aus uneingeschränkt verrichten kann.
Keine Anwesenheitspflicht ist besondere Freiheit
Eines hat sich allerdings auch in den letzten 30 Jahren nicht verändert: Die Freiheit des Lehrers, die seinen Unterricht an jedem beliebigen Ort vor- und nachzubereiten. Er hat insoweit keine Anwesenheitspflicht.
Vor diesem Hintergrund liefert das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen in der vorinstanzlichen Entscheidung das wohl entscheidende Argument gegen die "Dienstzimmerpflicht" und letztlich für die Freiheit des Beamten. Einerseits wäre es nicht amtsangemessen, wenn der Dienstherr verpflichtet wäre, für alle Lehrer im Schulgebäude Dienstzimmer einzurichten, zu deren Nutzung diese mangels Anwesenheitspflicht nicht verpflichtet wären. Andererseits wäre es nicht mit dem Berufsbild des Lehrers vereinbar, wenn der Dienstherr ihnen Arbeitszimmer einrichten und ihnen den Ort ihrer Tätigkeiten vorschreiben würde (Urt. v. 28.02.2012, Az. 5 LC 128/10, 206/10 und 133/10).
Keiner Anwesenheitspflicht zu unterliegen, unterscheidet Lehrer von anderen Beamten. Auch von Richtern, die zwar auch in gewisser Weise unabhängig sind, was den Ort ihrer Arbeit angeht, aber doch einen Großteil ihrer Tätigkeit enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle abwickeln müssen. Deshalb ist auch der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt.
Kosten für Home-Office nicht unerträglich
Grundsätzlich kann einem Beamten nicht zugemutet werden, einen dienstlich veranlassten Mehraufwand aus seinen Bezügen zu bestreiten. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Alimentation, wonach der Dienstherr verpflichtet ist, den Beamten und seine Familie angemessene Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung zu stellen.
Wenn der Lehrer zu Hause arbeitet, dann ist das durchaus dienstlich veranlasst. Dadurch entstehen zwar Mehrkosten, die nach Ansicht des BVerwG jedoch nicht unerträglich sind. Zum einen liege die Höhe der Aufwendungen wohl nur bei etwa 80 bis 100 Euro; zum anderen könne der Arbeitsplatz auch privat genutzt werden, und zwar nicht nur von dem Beamten selbst.
Die Leipziger Richter betonen also die Freiheit des Lehrers als besonderen Wert, der ihn von anderen Beamten unterscheidet. Sie sollten das als Vorteil begreifen, auch wenn ihr Dienstherr nicht dazu verpflichtet ist, für eventuelle Mehrkosten dieser Freiheit aufzukommen.
Der Autor Dr. Michal Deja, LL.M. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Zeitschrift für Beamtenrecht.
Michal Deja, BVerwG zum Umfang der Fürsorgepflicht: . In: Legal Tribune Online, 25.01.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8039 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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